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62 Monate

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Mein lieber Freund, letzten Monat war der erste Monat ohne Brief. Ich habe dran gedacht an dem Tag und auch immer wieder vorgehabt, zumindest ein paar Zeilen zu schreiben, aber es ging dann doch nicht wenige Tage vor der wichtigsten Prüfung seit sechs Jahren. Und irgendwann habe ich mir gedacht, ich höre auf mich zu stressen und vertraue darauf, dass es für Dich okay gewesen wäre.   Und jetzt ist Deine „Lieblingsärztin“ von damals Fachärztin.   Wahrscheinlich macht nichts so brutal klar wie diese Meilensteine, wie viel Zeit vergangen ist, seitdem Du nicht mehr da bist. Als Du gestorben bist, war „Facharzt“ gefühlt ein Begriff aus dem Universum. Und falls Du fragst: Nein, man fühlt sich nicht plötzlich wie das „Brain“. Schließlich wirst Du nicht plötzlich schlauer über Nacht. Und wenn die Oberärzte das nicht korrigieren, unterschreibe ich die Briefe ehrlich gesagt immer noch als „Assistenzärztin“. Ich muss mich erst gewöhnen an diese neuen Umstände, was glaube ich streckenweise...

Gedanken vom Morgen nach einem Dienst

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Reset.  Ein bisschen fühlt es sich so an.  Diese Sonntagmorgen, an denen es einfach mal Zeit gibt.  Ich glaube ich habe so ziemlich das erste Mal in diesem Jahr keinen Wecker gestellt, nachdem ich erst irgendwann in den frühen Morgenstunden eingeschlafen bin.  Und jetzt sitze ich mit meinem Kaffee im Bett, habe das Fenster geöffnet und lasse die Sonne herein. Eigentlich war der Plan heute ins bergige Umland zu fahren – ich möchte doch eigentlich unbedingt auf den Lieblingsberg wandern, aber nachdem der Kardiochirurg und ich sich wieder tagelang gestritten haben, sind die Batterien so leer, dass an Wandern nicht zu denken ist.  Ich erinnere mich, das waren diese Morgen im Dazwischen. Nachdem der Freund tot war und es noch niemanden Neuen in meinem Leben gab und das, was sich da so gemütlich anhört, ist gar nicht so entspannend. Weil man eigentlich gern etwas anderes machen würde, das Wetter nutzen zum Beispiel, aber der Körper streikt und schon durch die Wohnung ...

Von ein bisschen Brainstorming

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 Manchmal nimmt das Leben doch sehr interessante Wendungen. Die man vielleicht auch erst so richtig mitbekommt, wenn man wieder offener sein kann für das, was so passiert um einen herum.    Am Sonntag habe ich einen meiner ehemaligen Oberärzte aus der Psychosomatik in der Notaufnahme aufgegabelt. Es hatte sich dann herausgestellt, dass er sogar ein paar Tage im Krankenhaus bleiben muss. Wir wollten eigentlich nochmal sprechen, wenn er mit der Behandlung fertig ist, aber dazu kam es dann nicht mehr und ich hatte mich auch entschieden, ihn erstmal ein bisschen in Ruhe zu lassen. Immerhin soll man sich im Krankenhaus doch ausruhen.  Gestern habe ich ihn aber gefragt, ob ich ihn vielleicht mal nach der Arbeit kurz besuchen soll, woraufhin er meinte, dass ein Besuch „sehr angebracht“ wäre. Nach dann…   Also bin ich nach der Arbeit ein Mal quer durchs Haus auf die andere Abteilung gelaufen und habe ihn dort in seinem Zimmer am Tisch sitzend vorgefunden. Er wollte von ...

Begegnungen aus einem Sonntagsdienst

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Sonntag. Dienst.  Ich fege gerade über die Notaufnahme und werfe – wie so oft – einen Blick ins Wartezimmer, wenn ich daran vorbei laufe, als mir ein sehr bekanntes Gesicht ins Auge springt.  Einer meiner früheren Oberärzte aus der Psychosomatik, der dann die Klinik gewechselt hat, sitzt dort. Der Clou an der ganzen Geschichte ist, dass ich mir schon quasi seit der Facharztprüfung überlegt habe, ob ich ihm mal schreiben soll. Vielleicht könnte er mir einen Rat geben, wie ich jetzt weiter machen kann – immerhin gibt es mehr Möglichkeiten, als einen zweiten Facharzt. Ich könnte zum Beispiel auch eine Zusatzbezeichnung machen. Nur weiß ich nicht, ob so etwas dann ausreichen würde, oder nicht. Und wenn ich die Klinik wechseln würde, ist ja immer noch die Frage, wohin. Gehe ich hier an den Standort, oder probiere ich mal eine andere Klinik aus? All das sind Fragen die mich umtreiben, aber irgendwie dachte ich mir auch, ich soll an Oberärzte nicht mit einem ganzen Bündel von Fragen ...

Von einem halben Wochenende nach der Prüfung

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 Es ist nicht das erste Mal, dass Phasen nach Prüfungen bei Weitem nicht so entspannt sind, wie man sich das vorgestellt hatte. Die Wohnung aufzuräumen bedeutet eben nicht den üblichen Wohnungsputz nachzuholen, der halt ein Mal ausgefallen ist, sondern eher von Grund auf zumindest ein bisschen Ordnung ins Chaos zu bringen. Daneben geht der Vollzeit – Job auch weiter, als Fachärztin wird man schneller mit Konsilen zugeschmissen, als man „Huch“ sagen kann, die Beziehung bahnt sich weiter ihren Weg durch das Chaos – mit zur Ruhe kommen ist nicht viel. Es sei denn, man schafft sich selbst aktive Pausenzeiten, aber darin war ich noch nie gut.  Freitag.  Der Tag hat mich ziemlich erledigt. Ich bin einfach unendlich müde und habe fast durchgehend Kopfschmerzen. Laut sagen kann ich das nirgendwo, weil alle meinen ich müsste nach der Prüfung das blühende Leben sein.  Auf der Station habe ich einen Patienten, der mit einem Wurzelsyndrom aufgenommen wurde – mittlerweile ist sei...

Reisetagebuch #2 Alte Heimat

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Sonntagmorgen. Ich habe im Hotel gefrühstückt, meine Sachen wieder zusammen gepackt und bin nun auf dem Weg zu meiner Mum. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wann ich sie zuletzt gesehen habe. War ich überhaupt mit dem Möhrchen schon mal da? Ich bin die Verbindung vom Flughafen in der Studienstadt zu unserem Dorf gefahren, die wir nur sehr selten gefahren sind. Zuletzt biege ich dann aber auf die „Kurvenstraße“ ab. Keine Ahnung, wie diese Straße in Wirklichkeit heißt – es ist jedenfalls das letzte Stück kurvenreiche Landstraße vor unserem Dorf und deshalb hieß die bei uns immer „Kurvenstraße“. Ich muss daran denken, dass allein Mum zwei Autos auf dieser Straße zu Schrott gefahren hat und trete ein wenig auf die Bremse.  Links von mir sehe ich die Wiese mit den Eseln, rechts den Wald. Und dann, ganz plötzlich spüre ich ein Gefühl von tiefer Beklemmung. Ich atme tief ein, aber das führt nur dazu, dass mir plötzlich die Tränen in die Augen schießen.  Im Radio schmettert Ed She...

Reisetagebuch #1 Freundin treffen und Therapiegespräch

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Der Wecker klingelt noch vor fünf Uhr.  Gar nicht mal so gut, wenn man gestern Nacht nicht vor ein Uhr geschlafen hat. Nach dem zweiten Klingeln stehe ich endlich auf, hüpfe unter die Dusche, schmeiße die restlichen Sachen in den Koffer, kontrolliere die Wohnung noch einmal und ziehe dann die Tür eine viertel Stunde zu spät hinter mir zu. Auf geht es in die Studienstadt.  Irgendwie hatte ich doch gehofft, dass die LKWs am Feiertag vielleicht nicht unbedingt morgens um kurz nach 6 Uhr mit 70 km/h über die Landstraße düsen, aber da hatte ich die Rechnung wohl ohne eben diese LKWs gemacht. Die Fahrt über das Land zur Autobahn dauert mehr als eine Stunde und als ich dann endlich fahren kann, muss ich das Möhrchen ein bisschen über die Straßen treiben. (Wobei Möhrchens natürliche Grenze bei 130 km/h liegt…) Im Auto ist es noch angenehm frisch an diesem Morgen. Wärmer wird es erst, als sich die Autobahn merklich verbreitert, die Verkehrsdichte zunimmt und sich unschwer erkennen läss...

Pendeln

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Ich hasse die Verabschiedungen im Auto. Die halben Umarmungen über der Mittelkonsole, die keine Umarmungen sind, weil jeder auf seinem Sitz sitzt und eben das Auto an sich im Weg ist.  Insbesondere, wenn es nicht klar ist, wann wir uns wieder sehen.  Pendelbewegungen.  Eben noch war es okay. Wir hatten es dann doch mal an den See geschafft. Waren eine Runde schwimmen. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber ich glaube, es war mein erstes Mal im See schwimmen überhaupt. Danach lagen wir nebeneinander auf der Wiese; er am Handy, ich habe endlich mal meinen Roman weiter gelesen. Und danach waren wir noch etwas essen, haben zugeschaut, wie sich die Abendsonne auf dem Wasser gespiegelt hat.  Im Prinzip waren es nur ein paar Stunden, die sich endlos hätten ausdehnen können. Falls jemand fragt – ich glaube, dieser Abend wird im Jahresrückblick erwähnt und hätte nie enden müssen.  Aber jetzt sitzen wir im Auto. Ich muss noch einiges für den Dienst am nä...

Von Prüfungstagen und einem Samstagsspaziergang

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Die letzten Tage und Wochen waren wild und irgendwie weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll.  Deshalb vielleicht einfach ein kleines, nüchternes Update.  Am Ende hat irgendwie wenig geklappt von dem, was geplant war.  Den Prüfungstermin habe ich im Endeffekt 13 Tage vor der Prüfung bekommen. Deshalb haben die von der Landesärztekammer auch gleich eine Ladeverzichtserklärung mitgeschickt, mit der ich den Termin hätte absagen und verschieben können. Die Frist ist nämlich 14 Tage vorher. Also bin ich dann postwendend zu meinem Oberarzt gestiefelt und habe gefragt, ob ich ab jetzt zu Hause bleiben darf. Aber leider hat er mir an diesem Mittwochmittag erklärt, dass wir unterbesetzt sind und ich erst ab nächster Woche zu Hause bleiben kann. Meinen Dienst am Wochenende sollte ich noch machen und am Wochenende darauf hätte ich noch die Sonntagnacht gehabt. Darum, die zu verschieben, sollte ich mich selbst kümmern, genauso wie darum, dass jemand meinen Spätdienst am Montag und D...

Fachärztin

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Die wichtigste Info erstmal vorab.  Ich habe es geschafft. Ich bin Fachärztin. Danke an dieser Stelle nochmal für die lieben Wünsche unter dem letzten Blogpost. Schön war die Prüfung nicht – irgendwie hoffe ich ja doch immer, dass irgendwann mal der Moment kommt, in dem ich mein ganzes Wissen doch an den Mann bringen kann – aber es gab am Ende die ersehnte Urkunde.  Ich werde vielleicht noch ausführlicher darüber berichten – weniger über den Inhalt – sondern mehr über meine Gedanken in diesen Tagen. Knapp war es am Ende schon - den Prüfungstermin habe ich erst 12 Tage vorher bekommen, dann konnte ich nicht sofort zu Hause bleiben wegen Personalmangel und am Ende blieben sechs Tage zum Lernen übrig. Irgendwie weniger als die geplanten zwei bis drei Wochen, die es werden sollten. Allerdings ist natürlich die Vorstellung, dass nach der Prüfung alles schnell zurück in gewohnte Bahnen kommt, auch etwas illusorisch. Die Prüfung war am 5. August gegen Mittag und danach war ich so pla...

Ein paar Worte aus dem Off

Die Dinge warten eben nicht.  Darauf, dass sie gerade passen.  Dass Ruhe im Leben einkehrt.  In ein paar Tagen ist Facharztprüfung. Der Termin kam jetzt doch sehr kurzfristig. So kurzfristig, dass ich ihn auch hätte absagen dürfen – was man sonst ja nicht so einfach darf.  Aber ich wollte es jetzt durchziehen. Damit das alles ein wie auch immer geartetes Ende hat.  Montag war ich noch bei meiner Psychosomatik – Oberärztin; hauptsächlich um meine Möglichkeiten nach dem Facharzt auszuloten.  Dienstag hat es dann zwischen dem Kardiochirurgen und mir so geknallt, dass es nur noch die Möglichkeit gibt, sich erstmal nicht mehr zu sehen und zu hören bis mindestens nach der Prüfung. Das hat mir schon mindestens einen Lerntag genommen in den letzten 10 Tagen vor der Prüfung. Es ist nicht mehr machbar.  So halb getrennt weniger als eine Woche vor der Prüfung.  Hätte jetzt nicht sein müssen.  Ist aber so.  Ich versuche mich zu fokussieren und all d...