Trennung?

Wir komm'n uns immer näher, immer näher, immer näher
Und jetzt aufzuhör'n wär zu schwer, viel zu schwer
Ich will nicht, dass du bleibst, doch es killt mich, wenn du gehst
Weil wir uns einfach anzieh'n, bis sich keiner mehr bewegt
So wie ein Magnet

(Gestört aber geil und Florian Künstler)

Auf dem Konzert das erste Mal gehört und für richtig gut befunden. Manchmal gibt es Songs, die entwickeln sich nach Live – Versionen zu neuen Lieblingsliedern. Der gehört dazu. Und könnte aktuell nicht besser zur Beziehungssituation passen.

Die Szene hat es schon gefühlte tausend Mal gegeben.
Am Abend davor habe ich mich ein bisschen aufgeregt und festgestellt, dass das so mit uns beiden nicht mehr weiter geht.
Am Tag danach komme ich abends zu ihm. Und komischerweise, immer an diesen Tagen, schafft er es wie von Zauberhand zu kochen. Nicht nur, um den Magen zu beruhigen, sondern auch, um die erhitzten Gemüter etwas zu besänftigen.
Danach sitzen wir auf dem Sofa. Und ich halte meinen altbekannten Monolog. Berichte, dass es so nicht geht. Dass er endlich mal von seinem Ego – Trip herunter kommen muss, dass er aufhören muss, jede Woche drei Mal auf meiner Seele herum zu trampeln und wir uns ernsthaft Gedanken machen müssen, wie wir einen Alltag etablieren können. Denn während er vor Wochen mal meinte, dass wir doch einen funktionierenden Alltag haben, muss ich gestehen, dass ich keinen Plan habe, von welchem Alltag er eigentlich spricht. Die halbstündigen Besuche werden doch wohl hoffentlich keinen Alltag darstellen sollen? Ich referiere, dass er sich halt mal Gedanken machen muss und wenn er sagt, dass er sich nicht besser strukturieren kann, dass er nicht auf Fallschirmspringen, Paragliden, Fitnessstudio und all das mal ein bisschen zu Gunsten der Beziehung verzichten kann – dann haben wir offensichtlich unterschiedliche Bedürfnisse und vielleicht sollen wir dann getrennte Wege gehen.

Die Steilvorlage seiner Fehlplanung zeigt sich dann übrigens auch mal wieder an diesem Abend. Bis er sich ein paar Stunden vorher gemeldet hatte, war ich eigentlich der Meinung, dass diese eine der zwei Nächte ist, die wir miteinander verbringen können. Er meinte sogar letztens noch, dass er extra seinen Rufdienst auf den Donnerstag gelegt hat, damit das geht. Ich fand die Idee, den von Mittwoch auf den Donnerstag zu schieben – der ja immerhin frei ist – jetzt nicht so genial. Ich hätte auch bei ihm gepennt, wenn die Gefahr bestanden hätte, dass er aufstehen muss. Jedenfalls – es kam natürlich, wie es kommen musste – die haben morgen schon ganz früh eine Notfall – OP, die sie heute nicht mehr machen konnten, da sie wahrscheinlich noch bis tief in die Nacht mit einem anderen Notfall im OP stehen und demzufolge möchte er nicht, dass ich über Nacht bleibe und morgen sehen wir uns dann sicher auch nicht. Was meinen Geburtstag anbelangt – das wäre die zweite Nacht gewesen – aber vom 10. Auf den 11. Mai hat er auch einen Rufdienst, der irgendwo aus dem Nirwana kam jetzt, also geht es auch nicht. Und am 12. Mai hat er ja auch Dienst. Also hat er es gerade so geschafft, den Minimalanforderungen gerecht zu werden. Vielleicht sehen wir uns dann ab Mittag, wenn die Nacht ruhig wird. Aber den Plan mit gemeinsamen Aufstehen und in Ruhe frühstücken, kann man schon mal vergessen.  Vielleicht schaffen wir es, Kaffee trinken zu gehen. Aber auch nur vielleicht.
Und das was da passiert, ist ja ziemlich stellvertretend für die ganze Beziehung. Da werden Dienste einfach in gemeinsame freie Tage rein getauscht, einen Geburtstag, der am Wochenende ist mal frei zu bekommen, ist demonstrativ ein riesiges Problem… - es ist einfach nicht möglich, auf die Art eine Beziehung zu führen.

Natürlich hat er wieder nicht viel dazu zu sagen. Er habe viele Gedanken, aber keine Ideen, was er besser machen könnte. Soll ich das jetzt ernsthaft glauben? Das wäre schon traurig.
Ich referiere nochmal, dass ich ja schon tausend Mal gesagt habe, dass wir ja auch unter der Woche mal beim anderen übernachten können und dass ich mir auch schon gut überlegt habe, wie wir das organisieren. Er sagt, dass er dazu ja schließlich auch nie nein gesagt habe. Ich sage dazu, dass er – seitdem ich mit dem Vorschlag kürzlich nochmal forciert um die Ecke kam – immer unbedingt zu mir wollte – mutmaßlich, damit ich nicht zu Ideen komme – und frage, ob ich jetzt jedes Schweigen als ein Ja interpretieren soll. Für mich ist es eher ein nein.

Ich mache ihm auch klar, dass es das letzte Mal ist, dass ich Monologe auf dem Sofa halte, nach denen nichts passiert – oder nur für maximal drei Tage. Ich kann mir vier schlaflose Nächte alle zwei Wochen allein wegen ihm (ich habe es nicht gezählt, aber statistisch müsste es ungefähr hinkommen) nicht mehr leisten und ich sehe auch keinen Sinn darin, eine Beziehung zu führen, in der es keine positiven Gefühle mehr gibt. Eine Beziehung soll bereichernd sein und das ist seit Monaten absolut nicht der Fall.

Ob er das jetzt verstanden hat, weiß ich nicht.
Ob ich am Ende den Mut habe das durchzuziehen, auch nicht. Denn es wird weh tun. Da ist noch eine Menge Anziehung. Aber eben keine Liebe mehr.

Und natürlich hatte ich trotzdem einen Schlafanzug und eine Zahnbürste im Auto liegen.
Für den Fall der Fälle.
Falls er dachte ich sei ohne gekommen, kennt er mich doch schlecht.
Aber ich schlafe heute bei mir.
Und wir zählen wieder die Tage, bis es vielleicht mal eine gemeinsame Nacht gibt. Aber leider ohne den guten Moment dazwischen, auf den ich heute den ganzen Tag auf der Arbeit schon hingefiebert habe. Oder, es werden die letzten Tage vor der Trennung.

Mondkind