Aktuelle Facharztentwicklungen und Konzertgedanken

 Der ein oder andere mag sich fragen, was mit dem Blog passiert ist. 
Ich nehme mir ungefähr täglich vor, ein Update zu Schreiben, komme aber nicht dazu. 
Ich weiß nicht, wo dieser Sommer enden wird. Wir hatten 30 Grad und Sonne an diesem Wochenende und ich habe nicht ein Füßchen vor die Tür setzen können. Es ist eine merkwürdige Zeit, in der der eine Winter wahrscheinlich direkt dem nächsten Platz machen wird – zumindest vom Gefühl her – und was das mit meiner Stimmung machen wird; darüber möchte ich gar nicht nachdenken. 

Kurzfassung ist Folgende: Ich habe mittlerweile die Prüfungszulassung von der Ärztekammer und ein Telefonat mit denen hat erbracht, dass sie mich tatsächlich schon für Anfang August eingeplant haben. Tatsächlich hatte ich jetzt wirklich eher mit Ende September / Oktober gerechnet. Das kam jetzt für mich und auch für meinen dienstplanverantwortlichen Oberarzt jetzt etwas überraschend. Er hatte mir ja etwas von 50 % Teilzeit für drei Monate im Vorheinein gesagt – turns out: Das ist nicht mehr realisierbar. Ein bisschen darf ich meine Arbeitszeit verkürzen, aber nicht mehr als 2 Wochen fehlen im Juli und joa… - dann ist Anfang August. 
Ich habe keine Ahnung, wie ich das schaffen soll. Das ist wie Examensvorbereitung – nur nebenbei. Und demtentsprechend sind die Nächte gerade nicht länger als vier Stunden, ich verbringe jede freie Minute am Schreibtisch und hier wird es wohl bis nach der Prüfung sehr ruhig bleiben. 

Insgesamt weiß davon kaum jemand – nur die Menschen auf der Arbeit mit denen ich darüber sprechen musste. Ich sehe mich das Ding nämlich aktuell nicht bestehen und dann muss ich hinterher nicht ganz so viel erklären. Obwohl das wohl doch eher ein Märchen ist, dass das niemand mitbekommen wird. 

Letztes Wochenende war ich noch auf dem Florian Künstler – Konzert. 
Das wird dann wohl das letzte Event vor der Prüfung und damit so ziemlich für den Sommer gewesen sein. Danach neigen sich die Sommer open – airs dem Ende und da ich jetzt aktuell wenigstens eher wenige Dienste mache, werde ich wohl im Anschluss auch noch ein bisschen was nachholen müssen. 
Ich würde sagen, die ganze Nummer mit der Facharztplanung ist komplett schief gegangen. Ich habe mir so gewünscht mal einen guten Sommer zu haben - aber ja, so ist es eben. Kein Sommer für Mondkind.

Was ich Euch noch dalasse, sind ein paar Gedanken zum Konzert. Hat auch ne Weile gedauert, bis ich die dann endlich mal runter geschrieben hatte. Und ehrlich gesagt, die treffen es auch nicht ganz, aber zumindest zum Teil. Und interessanterweise weiß man nie, was bei Konzerten raus kommt. Immer etwas Tiefes, immer etwas, wofür ich dankbar bin und oft ein neues Lieblingslied… 





***

Es war ganz okay, das Konzert. 
Sicher ist das alles nach dem Facharzt allein deswegen um Längen besser, weil ich nicht mehr so unter Strom stehe. Das war schon alles arg auf Kante genäht; dieser Zeitplan. Wäre man eher gekommen, hätte man etwas besser gestanden und vielleicht auch die Gesangseinlage von Florian Künstler vor der Halle mitbekommen, aber im Gesamten kann ich echt zufrieden sein. Dass der Vibe im Moment nicht so da ist, ist eben einfach so. Aber ich habe extra darauf geachtet, dass die Location nicht so groß ist und man eben auch später kommen kann und nach dem Konzert, habe ich ganz fix die Schlange für die Autogramme und den kleinen persönlichen Talk mit Florian Künstler ausfindig gemacht und dann hat mich das nur ne halbe Stunde gekostet. 

Es war mir irgendwie ziemlich wichtig, mit ihm kurz über dieses Interview bei „Unter uns gesagt“ zu sprechen. Auch, weil er selbst auf dem Konzert angesprochen hatte, dass er sich nicht sicher war, ob es eine gute Idee ist so viel von sich und seiner Vergangenheit zu zeigen. 
Und das hat mich krass bewegt, dieses Interview. Ich musste es mehrfach pausieren, viel nachdenken darüber. Und manchmal würde ich so gern die Mondkind von vor 10 Jahren in den Arm nehmen. Und ihr sagen: Jede verdammte Gefühlnuance damals war okay. Du hast damals gedacht, Du bist alleine damit und niemand erlebt so etwas, aber Menschen erleben so etwas. Es war scheiße und unfair, manche Jahre war der konstanteste Wohnort den ich hatte, mein Zimmer in der Psychiatrie, mit der Familie ging nichts mehr, ob das Studium unter den Umständen noch möglich war, war auch immer wieder die Frage und da kam es immer ganz schnell zu existentiellen Ängsten. Wie sollte es weiter gehen, wenn ich nicht mal irgendetwas Abgeschlossenes habe? Und die Menschen um mich herum waren so unglaublich invalidierend bis zum Fachpersonal selbst und diese endlose Argumentationsschleife aus „Du studierst ja Medizin, da kann es doch alles gar nicht so schwierig sein und schau wie privilegiert du bist“, konnte ich irgendwann nicht mehr hören. Irgendwann habe ich selbst gedacht, ich jammere vielleicht zu viel, ich bin vielleicht zu weich, vielleicht bin ich nicht leidensfähig genug, vielleicht sollte ich nicht so fühlen, vielleicht sollte mir das Leben nicht so schwer fallen. Aber wie kann irgendetwas gut sein, wenn man nicht mal ein sicheres Dach über dem Kopf hatte? 
An irgendeiner Stelle in diesem Interview hat die Interviewpartnerin Florian Künstler gefragt, ob er wirklich gar nicht nach Hause zurück gekonnt hätte. Klar, er wurde da raus geschmissen, aber er war immer noch deren Kind. Und dann meinte er: „Naja, hätte ich vor der Tür gestanden und meine Not geäußert, vielleicht hätten Sie mich rein gelassen. Aber ich war wütend und habe geglaubt, sie haben mir bewusst verschwiegen, wo ich her komme.“ Das hat mich so arg an die Geschichte mit unseren Geschwistern erinnert. Von allen Seiten kam dann: „Naja, freut Euch doch, Ihr habt Geschwister, von denen ihr gar nichts wusstet.“ Ja, richtig. Aber darum geht es nicht. Es ist grundlegender Vertrauensbuch 20 Jahre nicht zu wissen, dass man Geschwister hat und wer weiß, was da noch alles ist. „Was ist, wenn die uns als nächstes sagen, dass sie gar nicht unsere Eltern sind?“, habe ich damals meine Schwester gefragt. Irgendwie hatte ich beim Hören dieses Interviews zum ersten Mal das Gefühl, in meinen eigenen Gefühlen verstanden zu werden. Da war viel Wut, viel Unsicherheit, viel die Frage: Was ist da noch? Und das wurde einfach unter den Tisch gekehrt.
Und das Ding ist: Die Zeiten sind jetzt vorbei. Aber es ist okay, davon immer noch zu heilen, noch nicht ganz damit durch zu sein, vielleicht auch nochmal hinschauen zu müssen. Und dennoch ist es eben auch so, wie Florian Künstler gesagt hat: Wir wollen das nicht hören in den Momenten, in denen alles schwer ist, aber wir wachsen daran und wir kommen gestärkt raus. Und wenn daraus dann auch eine Dankbarkeit für die kleinen Dinge entsteht, für das Dach über dem Kopf, für das Essen im Kühlschrank, für die Freiheit, auf Konzerte gehen zu können, es sich leisten zu können, mobil zu sein, dankbar für einen Job zu sein, der einem die finanziellen Sorgen abnimmt, dann ist viel gewonnen. 
Und das wollte ich unbedingt kurz ansprechen. Natürlich nicht in aller Ausführlichkeit in drei Minuten, aber ich wollte ihm verständlich machen, dass es so wertvoll ist, wenn jemand seine Erfahrungen teilt und ich sehr dankbar dafür bin.

Und gleichzeitig habe ich mir auf dem Rückweg ein paar Fragen gestellt.
Ich denke so gern, ich bin „fertig“, kann mich endlich mal entspannen, zurück lehnen, ankommen. Und klar, das würde ich auch gern – niemand bleibt gern in eher schwierigen Umständen. 
Und dann denke ich an diese Beziehung mit dem Kardiochirurgen und frage mich, ob mein Ich von vor fünf Jahren so etwas verdient hat. Es war ja klar was passiert, wenn die Facharztlernerei los geht. Deshalb habe ich so viele Monate daran gearbeitet, dass wir ein paar Basics zwischen uns bis dahin haben, aber leider hat das nicht geklappt. 
Der Kardiochirurg und ich sehen uns nach wie vor kaum, ich bin keine Priorität in seinem Leben. Wir kommen abends nicht gemeinsam nach Hause und wenn ich mich nicht bemühe mich in seine Zeitlücken zu stopfen, dann findet er auch keine. Dass wir uns kaum noch hören und sehen, noch weniger wissen, was beim anderen so los ist, dass eigentlich der Kontakt, der der nächste sein sollte zum Distanziertesten wird, das war klar. 
Es ist schwer, das auszuhalten. Natürlich konnten wieder alle Dienste fürs Fliegen getauscht werden, aber für gemeinsames Erleben eben nicht. Natürlich gibt es von seiner Seite aus keine Ideen, kein Akzeptieren, uns wenigstens abends zu sehen und das als verlässliche Landmarke zu haben.

Ändern werde ich es nicht können. 
Nur manchmal frage ich mich: Wenn ich wirklich glücklich werden möchte und nicht nur so auf halben Weg stehen möchte – geht das dann? Hätte ich meinem Ich von vor fünf Jahren so eine Beziehung gewünscht, in der man quasi immer alleine ist? Es macht keinen gravierenden Unterschied, ob ich nun einen Partner habe, oder nicht. 
Und manchmal schwant mir, dass dieser Song „Vergiss die guten Tage nicht“ noch sehr viel Bedeutung haben wird. Dinge umschmeißen ist nie einfach und schon mal gar nicht, wenn es privat und beruflich gleichzeitig sein muss. Bis zum Facharzt herrscht hier erstmal Stillstand, was mich mittlerweile fast am Meisten nervt, weil ich mich so quäle mit allem. Aber Umbruchsphasen sind nie einfach und das werden die Monate danach sicher auch nicht. 
Und doch glaube ich, ich brauche einen Mann an meiner Seite, der auch mal da ist. Der uns als Paar Priorität einräumen kann. Dem ich nicht permanent hinterher laufen muss. Mit dem es am Abend ein gemeinsames nach Hause kommen und ein gemeinsames Einschlafen gibt. Für den Beziehung keine Option ist, sondern zentrale Bestandteil im Leben, der als Erstes und vor allem anderen geschützt wird. Mit dem es gemeinsame Erlebnisse gibt. Und der immer der Erste ist, der von allem erfährt. 

Und manchmal denke ich mir, so wie Florian Künstler möchte ich auch mal sein, am Ende. 
Am Ende doch noch zu einem guten Leben kommen. Mit einem Job, der mir Spaß macht (das wird nicht Singen sein), mit einem Partner – er ist immerhin schon mal verlobt – und einem „das war nicht einfach, aber am Ende habe ich so lange alles auf den Kopf gestellt, bis es gepasst hat.“ Er hätte auch Stehen bleiben können. In Beziehungen bleiben können, die ihm nicht gut tun, in einem seiner vielen Jobs – unter anderem war er im Rettungsdienst, aber eigentlich wollte er eben immer Musik machen - mit denen er nicht glücklich war. Ist er aber nicht. 
Und insofern ist er ganz schön großes Vorbild.

Mondkind

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