Urlaubs - Überlegungen
Die letzten Tage waren anstrengend.
Mittwoch und Donnerstag Neuro – Repetitorium, heute Parkinson – Symposium. Man nimmt alles mit, was so geht. Ob es am Ende reicht… - wer weiß? Ich glaube, so viel wie die Neurologie – und wahrscheinlich die meisten Fächer in der Medizin zu bieten haben – wäre es ein Leichtes für die Prüfer, einen durchfallen zu lassen.
Heute Abend habe ich Kopfschmerzen und Schwindel, deshalb kann ich auch ein bisschen schreiben, dachte ich mir.
Gestern.
Gestern war der erste Tag der Woche, an dem der Kardiochirurg und ich uns länger als fünf Minuten gesehen haben. Er hat Nachtdienstwoche gehabt und kam zwar zwei Mal auf dem Weg zur Arbeit noch bei mir vorbei, aber nur für fünf Minuten. „Ich war doch da, wir haben uns doch gesehen“, sagt er zu meiner Anmerkung, dass das eine eher schlechte Woche für uns war.
Aber gestern Abend war bei uns Party im Hof, deshalb war es vorher abgesprochen, dass ich dann zu ihm komme. Und dann hat er seine Küche geputzt, ich habe Neurologie gelernt und zwischendurch haben wir zusammen einen Fall über Hyponatriämie gemacht. Das, was sich anhört wie Alltag, ist es nicht. Das kommt ein Mal alle zwei Monate vor, dass ein Abend so läuft. Er ist dann irgendwann zum Dienst und ich habe mich einfach bei ihm schlafen gelegt.
Mit ganz viel Frieden in mir.
Sonst ist hier leider eben gar nicht so viel Frieden.
Ab Morgen steht eigentlich Urlaub an. Der Kardiochirurg wollte Paragliden gehen und ich wollte auch eigentlich mit, aber ob das drei bis vier Wochen vor der Facharztprüfung eine gute Idee ist, weiß ich nicht. Wahrscheinlich eher nicht. Auch, wenn ich da größtenteils lernen werde, weil ich ja eh nicht paragliden kann.
Aber es wäre unsere einzige Chance weit und breit mal sieben Nächte hintereinander miteinander zu verbringen. Das ist in jedem Fall etwas, das es seit letztem September nicht mehr gegeben hat. Und wenn wir es jetzt nicht machen, dann werden wir so etwas bis Oktober nicht erlebt haben – wenn das denn dann alles klappt mit dem Urlaub.
Und die eigentliche Crux an der Geschichte ist, dass wir überhaupt in solchen Situationen landen. Dass ich mir das so gut überlegen muss, ob ich dafür jetzt die finalen Lernwochen aufs Spiel setze. Für etwas, das doch in einer Beziehung – wenn man nicht gerade eine Fernbeziehung führt – Alltag sein sollte.
Und irgendwie denke ich mir auch: Im letzten Jahr war es mit ihm und Urlaub so schwer. Wer sich erinnern kann weiß, dass er ständig entweder den Urlaub drei Tage vorher storniert hat, oder er hat den Urlaub vergessen in den kardiochirurgischen Urlaubsplan einzutragen, was er aber auch erst zwei Tage vorher gesagt hat, oder er meinte dann, er müsste noch auf eine Fortbildung gehen oder erstmal noch Fallschirm springen. Es war ständig irgendetwas und ich stand ständig daneben und konnte nichts machen, weil er seinen Scheiß nicht auf die Reihe bekommen hat.
Und jetzt soll das so unmöglich sein, das einfach einen Monat zu verschieben? Vielleicht kann ich nach der Prüfung noch zwei AZV – Tage nehmen oder irgendetwas und kann dann ganz entspannt zumindest vier Tage mitkommen oder so. Eine ganze Woche Urlaub bekomme ich natürlich nicht, aber da wäre doch schon mehr gewonnen, als jetzt. Sein einziger Kompromiss bei der Sache ist, dass er vielleicht einen Abend eher zurück kommen kann, während ich mich so ziemlich zwischen Pest und Cholera entscheiden kann. Mir wird es hier nicht gut gehen, eben weil die Beziehung schon so auf Kante genäht ist, dass wir das jetzt echt nicht gut vertragen, uns auch im Urlaub nicht zu sehen. Und mir wird es auch dort nicht gut gehen, weil meine Lernroutinen sicher nicht einzuhalten sind. Gestern habe ich mich schon mal fast für die Reise entschieden gehabt, als er dann sagte, dass ich mich da ja schon auch anpassen müsste. Einen Tag würde man immer gemeinsam in eine Stadt in der Nähe gehen und einen anderen Nachmittag auf eine Hütte wandern, dort den Abend verbringen und dann spät in der Nacht wieder kommen. Ich mache das schon auch alles gerne. Aber nicht jetzt. Jetzt geht es nicht. Jetzt geht es einfach nur um uns beide und dass wir irgendwie mal ein bisschen Zeit generieren. Ich kann den Urlaub jetzt – so schade wie das ist – nicht nutzen, um durch die italienischen Berge zu hüpfen. Ich wollte nicht im Sommer Facharzt machen, aber jetzt ist es eben so – nachdem die Neuro mit den Unterschriften monatelang nicht aus dem Quark kam, war das ja abzusehen. Aber ich brauche eben auch nicht den Kardiochirurgen, der mir dann noch in den Rücken fällt und meint, wir wollen doch jetzt nicht unangenehm auffallen und ich müsste mich doch anpassen. Und ich habe mal geguckt, das Wetter soll auch nicht so super werden. Das bringt mich auch nicht voran, wenn da 15 Männer in einer Unterkunft sind – ich habe auch bis jetzt nicht verstanden, wie die ausgestattet ist – und wie die Tiger im Käfig warten, bis der Regen vorbei zieht.
Final entschieden ist hier noch nichts. Ich kann es einfach nicht entscheiden. Ich möchte so gern mal ein paar Nächte neben ihm einschlafen, aber dafür jetzt bis nach Italien zu fahren ist eben wenige Tage vor der Prüfung das Unvernünftigste, das ich tun könnte. Ich habe anderthalb Jahre intensiv für diese Prüfung gelernt und am Ende ist es ja aber doch so, dass es gerade für so sinnlose Normwerte oder seltene Erkrankungen, die man wahrscheinlich nie im Leben sieht ein Bulimie – Lernen ist.
Gepackt habe ich allerdings auch noch nicht und noch niemanden, der sich um meine Pflanzen kümmert; es wird also rein logistisch langsam zum Problem.
Mondkind
P.S. Es gibt mal neue Bilder. Irgendwann. Steht jetzt auch nicht ganz oben auf der To Do liste aktuell
Ich würde da nicht mitgehen , wieder als "deko" wie letztes jahr. viel zeit zu zweit habt ihr ja eh nicht. du musst nun prioritäten setzen. als kompromiss könntet ihr ja einen gemeinsamen urlaub später planen- wäre dies eine möglichkeit? jetzt schon eine reise zu zweit zu planen? wobei, ich muss ehrlich sagen, ich glaube nicht, dass dies funktioniert. es geht beim kardiochirurgen nur um ihn, um ihn & nochmals um ihn...da gibts kein auf augenhöhe sein in eurer beziehung. ich würd mich NACH der facharztprüfung eher fragen, noch länger heit mit ihm zu gedulden, statt auf die suche zu gehen, nach jemandem dessen lebenskonzept & auch charakter besser zu dir passt. du wolltest ja mal familie...DAS kannst du mit dem kardiochirurgen vergessen. ändern wird der sich nie, denn er sieht ja auch kein problem. dir, alles gute für den endspurt !! ich lese dich immer fleissig & nehme anteil an dir & deinem leben, ganz liebevolle grüsse nicole
AntwortenLöschenkorrigendum: civh würd mich NACH der facharztprüfung eher fragen, noch länger ZEIT mit ihm zu VERGEUDEN
LöschenIch hatte es gelesen, aber da war es schon rum und wir waren da... aber ja, ich muss mir Gedanken machen, da hast Du Recht. Ich habe schon irgendwie die Hoffnung, dass ich nach dem Facharzt mit Initiative etwas reißen kann. Eine facharztlernfreie Zeit haben wir ja nur wenig erlebt in dieser Beziehung bisher. Ich bin gespannt wann er anfängt mit Lernphase und wie das dann aussieht, aber ich habe mir schon gedacht, dann komme ich eben einfach mal mit zum Fallschirmtraining und hocke mich da mal hin und schaue ihm zu. Oder komme mal mit zum Windkanal. Und mal sehen, was dann passiert. Vielleicht weckt es ja mein Interesse, dann haben wir mehr gemeinsame Hobbies, vielleicht werde ich etwas ruhiger, wenn wir mal mehr Zeit gemeinsam verbringen können. Vielleicht nervt es ihn dann aber auch, vielleicht fühlt er sich eingeengt. Keine Ahnung. Wir müssen es sehen nach dem Facharzt. Was auch schwer auszuhalten ist, langsam. Dieser Stillstand, dieses Halten bis dahin, das Nichtwissen, ob sich das hier alles lohnt - in erster Linie emotional.
Löschen