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Es werden Posts vom Juni, 2024 angezeigt.

Krise

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Ich halte den Transponder an die Tür. Das Schloss leuchtet grün und öffnet sich. Ich betrete das Treppenhaus, verlasse es gleich darauf wieder durch die Tür links und stehe auf dem Flur vor der Stroke Unit. „Mondkind, was machst Du hier?“, begrüßt mich sofort eine vertraute Stimme. Einer meiner Lieblingskollegen. „Wie geht es Dir? Und wie siehst Du eigentlich aus, was ist denn los mit Dir?“, schiebt er hinterher. „Ich mache Visitendienst“, antworte ich auf seine erste Frage. „Aber warum das denn?“, erkundigt er sich. „Man hat mich gefragt, ob ich einspringen kann und ich hab „Ja“ gesagt“, entgegne ich. „Aber nochmal Mondkind, wie geht es Dir eigentlich?“, bohrt er hartnäckig nach. „Naja, es ist schwierig…“, sage ich und drehe mich zur Seite, damit er nicht sieht, dass mir die Tränen in die Augen schießen. „Der Kardiochirurg…“, schlussfolgert mein Gegenüber treffsicher. Ich nicke kaum merklich. „Habt Ihr Euch getrennt?“, fragt er. „Ich weiß es nicht. Keine Ahnung, wo er bezogen auf mich

Urlaubsentwicklungen

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 Mein Blick fällt auf die noch verpackten Tonkegel auf dem Küchentisch. Die kamen noch pünktlich vor dem Urlaub an und waren etwas größer als die ersten, die ich gekauft hatte. Die Tomate und die Gurke sollten noch einen Größeren bekommen und die Kleineren für die kleineren Pflanzen abgeben. So eine Art von Reisetagebuch, wie ich es jetzt führe, hatte ich an der Stelle nicht erwartet. Und ich frage mich, ob ich – nachdem die letzten Wochen auf der Arbeit eher ein Kampf als alles andere waren – am Montag minimal motivierter im Büro stehen werde. Einer der Hauptpunkte, das irgendwie zu schaffen war der Gedanke: „Es ist gerade alles irgendwie schwierig, aber wir werden uns mal für acht Tage haben, gemeinsam einschlafen und aufwachen und neue Dinge erleben.“ Ich erinnere mich an Slowenien – an diese Leichtigkeit, die es zwischendurch mal war. Irgendetwas in mir weiß, dass man immer vorbereitet sein muss, die letzten Pirouetten im zwischenmenschlichen Bereich zu tanzen, aber manchmal kann d

Urlaubsbeginn

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Eigentlich hätten wir heute in Frankreich aufwachen sollen. Dort sind heute früh schon 20 Grad und Sonne. (Wahrscheinlich sollte man nicht nach dem Wetter im Urlaubsort schauen, in dem man jetzt nicht ist…) Gestern Nachmittag war eine Freundin da, heute Nachmittag / Abend kann ich mich vielleicht auch noch verabreden – kommt drauf an, wie der Nachtdienst der Kollegin war. Wir hatten Freitag zufällig telefoniert, weil sie einen Patienten in der Neuro behandelt hatte, den ich da hoch geschickt hatte und dann war die Diskussion irgendwie auf den geplanten und nicht statt findenden Urlaub gefallen. Ab Montag, wenn alle wieder arbeiten, wird es dann irgendwie schwieriger. Heute Morgen sitze ich hier jedenfalls mit einem Kaffee und Kopfhörern mit Florian Künstler (was sonst) auf den Ohren. Ich habe schon mal geschaut – der ist ja noch unterwegs und kommt in den Norden – genau an dem Samstagabend der nächsten Urlaubswoche. Es war ja ohnehin die Überlegung vielleicht nochmal in den Norden zu f

Déjà-vu

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Urlaub. Ein kleines Déjà-vu. Das letzte Mal, dass ich so planlos in den Urlaub gestartet bin, ist jetzt doch schon eine Weile her. Erinnert mich irgendwie an diese unendlich langen Corona – Winter, in denen wir reihum ins frei geschickt worden, ohne dass man so ad hoc wusste, was genau man mit der Zeit jetzt eigentlich machen soll. Gestern Abend. Es ist schon fast 21:30 Uhr, bis der Kardiochirurg sich meldet. Er käme gerade aus der Dusche und würde jetzt mal her fahren. Ich merke an, dass das schon beinahe zu spät ist, da ich gern um 22 Uhr im Bett wäre. Ich sage es nicht so laut, aber die Nachtdienstwoche kann auch nicht eine Entschuldigung für alles sein. Er hat morgens um acht Uhr Schluss, ich kann es einfach nicht glauben, dass er 11 Stunden im Bett liegt. Dass man schlechter schläft und länger braucht ist klar, aber dass man im Prinzip eine Woche lang komplett out of order ist… - na ich weiß nicht. Er ist kaum da, als er berichtet, dass er unseren gemeinsamen Urlaub storniert hat.

Ein Update

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Weiter. Irgendwie weiter. Lange nicht mehr erlebt. Das hier. Sprachlosigkeit. Die meisten Dinge habe ich wohl auch schon hundert Mal gesagt. Der Druck ist so hoch, dass ich am liebsten Jeden, der mir über den Weg läuft, um ein Ohr bitten würde. Egal, ob das angebracht ist, oder nicht. Um dann wieder nicht zu wissen, was ich sagen kann. Klemme im Kopf. Ich kann mich selbst nicht mehr hören. „Sie brauchen Urlaub. Sie haben in letzter Zeit so viel gearbeitet und so viele Dienste gemacht“, sagt die Oberärztin, die gerade noch in meinem Büro sitzt, nachdem wir gemeinsam einen Patienten angeschaut und beschlossen haben, dass wir nicht umhin kommen, ihn neurologisch vorzustellen. Obwohl wir beide sicher sind, dass nicht viel raus kommt, aber er hat uns in Zugzwang gebracht. Die Dienste und die Arbeitsbelastung hier sind nicht, wie in der Neuro. Weit darunter. Es ist der private Rahmen, der mich fallen lässt. Ich schaue sie an und hätte am liebsten was gesagt. Aber ich nicke nur. „Vielleicht h

47 Monate

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Mein lieber Freund, der 47. Brief. Der 46. Existiert einfach nicht. Tatsächlich. Ich kann dir nicht mal sagen, warum mir das durchgerutscht ist. Ich glaube, ich war einfach zu gestresst von allem und das bin ich immer noch. Das melden mir sogar die Kollegen schon zurück. Aber ich habe mich echt doll geschämt, dass ich es nicht gemacht habe. Was kann ich sagen? Genau am dritten des letzten Monats hat mir Dein alter Psychiater geschrieben. Dein Lieblingspsychiater. Ich wollte es Dir unbedingt sagen – das hatte ich mir sogar an dem Tag noch überlegt, dass ich es Dir erzählen muss, aber dann hatte ich vollkommen vergessen, dass es genau dieser Tag war. Er kann sich nämlich an Dich erinnern und ich weiß, wie viel Dir das bedeutet, weil er Dein Lieblingspsychiater auf dem ganzen Klinikgelände war. Er selbst konnte mir nur auch nicht viel über Dich erzählen, weil er Sorge hatte, dass er nicht mehr weiß, woher er welche Information hat und dann die Schweigepflicht verletzt. Aber er hat mir ein