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Von einem Dienst und Zukunftsperspektiven

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Die Sommerferien sind zu Ende.  Das hat man wahrscheinlich – genauso wie das Sommerloch – in noch keinem Dienst in dem Ausmaß bemerkt, wie dieses Jahr. Schon den ganzen Montag ist die Notaufnahme tagsüber komplett überfüllt und ich ahne schon Böses, als ich die Liste der Patienten in der ZNA immer wieder aktualisiere in der Hoffnung, dass die Anzahl der Patienten doch mal abnehmen möge.  Als ich schon etwas früher als ich eigentlich müsste in die ZNA rase, um vielleicht schon etwas eher anfangen zu können Ordnung ins Chaos zu bringen, sind noch viele Patienten, die keine absoluten Notfälle sind nicht mal gesehen und wenn man so anfängt, dann weiß man schon, dass man die ganze Nacht der Zeit hinterher arbeiten wird.  Es ist schon irgendwann etwas später. Ein Patient, der immer noch draußen wartet, wird herein geholt. Und dann trifft mich doch ein bisschen der Schlag. Er sieht exakt aus, wie der verstorbene Freund. Wie aus dem Gesicht geschnitten. Ich achte genau auf seine ...

Von einem Sonntag

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Wochenende.  Der Sonntag startet mit einem Frühstück mit einer Kollegin, bevor die sich wieder auf den Weg nach Tschechien macht. Sie ist nur noch selten hier, aber ich mag sie sehr gerne und dann muss man das nutzen, wo immer man kann.  Den Nachmittag nutze ich, um zu einem Freund, oder Bekannten zu fahren. Die Grenzen verschwimmen da aktuell ein wenig. Die meisten der Menschen, die ich jetzt besuche, habe ich ewig nicht gesehen und trotzdem sind es Menschen, mit denen ich teilweise wirklich viel geteilt habe.  Und tatsächlich – bemerke ich manchmal – verschwimmt nicht nur dieser Sommer irgendwo im Dazwischen. Sondern irgendwie ein Zeitraum über Jahre, den ich aktuell nicht mal genau definieren kann.  Der Geruch der Wohnung ist mir immer noch vertraut. „Du weißt ja, wo die Hausschuhe sind“, sagt er.  Er hat schon angefangen Melonen – Feta – Salat zu schnibbeln. Da hat jemand nicht vergessen, was die Mondkind damals am liebsten gegessen hat. Wie sehr kam mir das...

Erinnerungen, Suizidprävention und ein spontanes Frei

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Du hast gesagt, du bleibst für immer Ein ganzes Leben lang, ein ganzes Leben lang Du hast gesagt, du bleibst für immer Dass wir die Lichter sehen, bis die Musik ausgeht (LEA - für immer) Der Blick wandert zum Wecker.  Unter fünf Stunden mittlerweile, bis er klingelt.  „Ich hab meinen Teil des Plans übrigens erfüllt“, denke ich mir.  Ich erinnere mich an diesen Sommer in der Studienstadt, von dem ich nicht wusste, dass es unser Letzter war. Ob er das wusste? Ich erinnere mich, wie wir Rücken an Rücken am Fluss saßen.  Er mit seiner Ex – In – Ausbildung beschäftigt, ich gerade frisch das Examen in der Tasche.  Ich habe ihn ein bisschen beneidet um seine Tätigkeit, während klar war, dass ich erstmal ein paar Jahre somatische Medizin lernen sollte, bevor ich über andere Dinge nachdenke. Der Ort in der Ferne schien damals – neben der Tatsache, dass ich dringend aus NRW weg musste – die einzige Möglichkeit zu sein, in diesem Haifischbecken von Medizin überhaupt zu übe...

62 Monate

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Mein lieber Freund, letzten Monat war der erste Monat ohne Brief. Ich habe dran gedacht an dem Tag und auch immer wieder vorgehabt, zumindest ein paar Zeilen zu schreiben, aber es ging dann doch nicht wenige Tage vor der wichtigsten Prüfung seit sechs Jahren. Und irgendwann habe ich mir gedacht, ich höre auf mich zu stressen und vertraue darauf, dass es für Dich okay gewesen wäre.   Und jetzt ist Deine „Lieblingsärztin“ von damals Fachärztin.   Wahrscheinlich macht nichts so brutal klar wie diese Meilensteine, wie viel Zeit vergangen ist, seitdem Du nicht mehr da bist. Als Du gestorben bist, war „Facharzt“ gefühlt ein Begriff aus dem Universum. Und falls Du fragst: Nein, man fühlt sich nicht plötzlich wie das „Brain“. Schließlich wirst Du nicht plötzlich schlauer über Nacht. Und wenn die Oberärzte das nicht korrigieren, unterschreibe ich die Briefe ehrlich gesagt immer noch als „Assistenzärztin“. Ich muss mich erst gewöhnen an diese neuen Umstände, was glaube ich streckenweise...

Gedanken vom Morgen nach einem Dienst

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Reset.  Ein bisschen fühlt es sich so an.  Diese Sonntagmorgen, an denen es einfach mal Zeit gibt.  Ich glaube ich habe so ziemlich das erste Mal in diesem Jahr keinen Wecker gestellt, nachdem ich erst irgendwann in den frühen Morgenstunden eingeschlafen bin.  Und jetzt sitze ich mit meinem Kaffee im Bett, habe das Fenster geöffnet und lasse die Sonne herein. Eigentlich war der Plan heute ins bergige Umland zu fahren – ich möchte doch eigentlich unbedingt auf den Lieblingsberg wandern, aber nachdem der Kardiochirurg und ich sich wieder tagelang gestritten haben, sind die Batterien so leer, dass an Wandern nicht zu denken ist.  Ich erinnere mich, das waren diese Morgen im Dazwischen. Nachdem der Freund tot war und es noch niemanden Neuen in meinem Leben gab und das, was sich da so gemütlich anhört, ist gar nicht so entspannend. Weil man eigentlich gern etwas anderes machen würde, das Wetter nutzen zum Beispiel, aber der Körper streikt und schon durch die Wohnung ...

Von ein bisschen Brainstorming

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 Manchmal nimmt das Leben doch sehr interessante Wendungen. Die man vielleicht auch erst so richtig mitbekommt, wenn man wieder offener sein kann für das, was so passiert um einen herum.    Am Sonntag habe ich einen meiner ehemaligen Oberärzte aus der Psychosomatik in der Notaufnahme aufgegabelt. Es hatte sich dann herausgestellt, dass er sogar ein paar Tage im Krankenhaus bleiben muss. Wir wollten eigentlich nochmal sprechen, wenn er mit der Behandlung fertig ist, aber dazu kam es dann nicht mehr und ich hatte mich auch entschieden, ihn erstmal ein bisschen in Ruhe zu lassen. Immerhin soll man sich im Krankenhaus doch ausruhen.  Gestern habe ich ihn aber gefragt, ob ich ihn vielleicht mal nach der Arbeit kurz besuchen soll, woraufhin er meinte, dass ein Besuch „sehr angebracht“ wäre. Nach dann…   Also bin ich nach der Arbeit ein Mal quer durchs Haus auf die andere Abteilung gelaufen und habe ihn dort in seinem Zimmer am Tisch sitzend vorgefunden. Er wollte von ...

Begegnungen aus einem Sonntagsdienst

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Sonntag. Dienst.  Ich fege gerade über die Notaufnahme und werfe – wie so oft – einen Blick ins Wartezimmer, wenn ich daran vorbei laufe, als mir ein sehr bekanntes Gesicht ins Auge springt.  Einer meiner früheren Oberärzte aus der Psychosomatik, der dann die Klinik gewechselt hat, sitzt dort. Der Clou an der ganzen Geschichte ist, dass ich mir schon quasi seit der Facharztprüfung überlegt habe, ob ich ihm mal schreiben soll. Vielleicht könnte er mir einen Rat geben, wie ich jetzt weiter machen kann – immerhin gibt es mehr Möglichkeiten, als einen zweiten Facharzt. Ich könnte zum Beispiel auch eine Zusatzbezeichnung machen. Nur weiß ich nicht, ob so etwas dann ausreichen würde, oder nicht. Und wenn ich die Klinik wechseln würde, ist ja immer noch die Frage, wohin. Gehe ich hier an den Standort, oder probiere ich mal eine andere Klinik aus? All das sind Fragen die mich umtreiben, aber irgendwie dachte ich mir auch, ich soll an Oberärzte nicht mit einem ganzen Bündel von Fragen ...