Wer schreibt da?
Mondkind.
Das ist mein Name hier auf diesem Blog. Zu bedeuten hat er relativ
wenig – auch wenn mich viele danach fragen.
Als ich das Projekt Blog schreiben im Februar 2017 gestartet habe, war
das eher eine spontane Idee. Eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Ein „Es
wäre doch ganz cool, mal einen eigenen Blog zu haben…“. Und einen Raum für mich
zu haben – das wäre auch schön.
Hier ist ein Ort, an dem ich kein Doppelleben führen muss – so wie das
im Alltag draußen in der Welt immer der Fall ist.
Außenwirkung. Das ist eine Mondkind, die 26 Jahre alt ist und ihr
Medizinstudium gerade mit einer ganz passablen Note abgeschlossen hat. (👉 Das dritte Staatsexamen - Ein Erfahrungsbericht ist vielleicht für alle, die es noch vor sich haben, ein interessanter Blogpost) Aktuell
ist es eine turbulente Zeit. Viele Weichen, die gestellt werden müssen und die
nahe Zukunft bestimmen. „Es wird ein ganz, ganz spannendes und wichtiges Jahr
für Dich“, hörte ich am Ende des letzten Jahres.
Der erste Teil – das Examen – ist erledigt. Nun geht es darum zu
beschließen, wann ich anfange zu arbeiten und wo ich wohnen werde. In welchem
Krankenhaus der Berufseinstieg erfolgen soll – das weiß ich schon. Sehr weit
weg von hier, in einem relativ kleinen Ort, den keiner kennt, mit einem
riesigen Krankenhaus. Auf der Neurologie. Und wer wissen möchte, wie ich mein
Herz an die Neurologie verloren habe, der kann das hier 👉 Mein Weg in die Neurologie nachlesen. Und 👉 Looking back wäre vielleicht auch noch eine ganz gute Adresse und zeichnet den Weg nach, wie aus einer kleinen Idee eine Vision einer Zukunft geworden ist, ohne die ich heute nicht an dieser Stelle wäre (Nimmt aber etwas Lesezeit in Anspruch). Ach so… - und 👉 Das Vergangenheits - Ich erzählt...
spiegelt mit ein paar Tagebucheinträgen ein paar besondere Stimmungen
wieder, die Anfang 2016 die kleine Idee, von der ich eben sprach, eingefangen haben.
Ich bin gespannt, wie die ersten Schritte auf der Neurologie für mich
werden. Wie lange ich brauche, bis ich mich daran gewöhnt habe, als „Frau
Doktor“ angeredet zu werden. Und, wie ich mit all der Verantwortung und den
Schicksalen umgehe, die auf mir lasten. Das PJ dort war super – meistens jedenfalls.
Und man hat mich auch gut vorbereitet, weil wir uns quasi von Beginn an still
schweigend darauf geeinigt hatten, dass ich wieder komme. Aber obwohl zwischen
dem Ende des PJs und der Beginn der Assistenzarztzeit nicht mehr viel Zeit und
Wissenszuwachs liegt – es ist ein riesiger Sprung, den ich da mache.
Wie sich das für jeden übermotivierten Medizinstudenten gehört, gibt
es auch noch eine Doktorarbeit. An der sitze ich seit dem fünften Semester.
Damals wusste ich nicht, was es wirklich bedeutet, eine experimentelle Arbeit
zu machen. Also wenn Ihr zwischendurch mal etwas davon lest – irgendwie versuche
ich sie noch fertig zu bekommen. Auch wenn so viel schief gegangen ist, dass
ich nicht mehr daran glaube, dass es etwas wird. Aber ich mag die Kollegen
dort. Und mein Doktorvater berichtete letztens, dass viele Doktoranden die
Arbeit im Institut der Anatomie abgebrochen haben. Und irgendwie tat er mir
fast ein bisschen leid…
Wenn man hinter die Fassade schaut, dann wird man noch eine andere
Mondkind erleben.
Eine Mondkind, deren Tage häufig sehr grau sind.
Ich weiß, dass es sie vor meinem zwölften Lebensjahr gegeben haben
muss – zumindest geht das aus meinem Tagebuch hervor, das ich führe, seit ich
schreiben kann – aber an unbeschwerte Sommer kann ich mich nicht erinnern.
Irgendwo habe ich den falschen Abzweig genommen. Mehrmals
hintereinander. Und ich habe den Zeitpunkt verpasst, wieder auf den Pfad zurück
zu finden.
Seitdem hat sich das Grau eingeschlichen. Und bei mir funktioniert das
immer genau andersherum, wie bei allen anderen Menschen: Je besser das Wetter
wird und je mehr Menschen es nach draußen in die Städte, Parks und Eisdielen
zieht, desto schlimmer wird es.
Freizeitbeschäftigungen gibt es bei mir schon lang nicht mehr.
Irgendwann hat es mir nichts mehr gegeben – sondern im Gegenteil – mich eher
belastet, dass mir das Pferd nichts mehr bedeutet hat, dass die Töne der
Gitarre keine Musik in meinen Ohren mehr waren und dass beim Volleyball spielen
die Menschen um mich herum viel zu nah und viel zu viele waren.
Seitdem ich den Blog im Frühling 2017 gestartet habe, ist viel
passiert. Der Blog hat sich dadurch auch in eine ganz andere Richtung
entwickelt, als das ursprünglich intendiert war. Zu Beginn sollte er „nur“ das
Studentenleben festhalten und dokumentieren. Vielleicht noch ein bisschen vor
dem Hintergrund, dass einige Dinge im Grau meines Alltags nun mal etwas
schwieriger sind – ohne das besonders heraus kehren zu wollen.
Und dann rückte die psychische Krankheit doch mehr in den Fokus, als
gewollt. Plötzlich habe ich mich ein paar Monate nach dem Start dieses Blogs
auf der anderen Seite des Gesundheitssystems in der Psychiatrie wieder
gefunden. Vielleicht hat man es von außen kommen sehen und auch bei der
Therapeutin war das hin und wieder Thema gewesen, aber dass es mich wirklich
trifft, habe ich nicht geglaubt. Wer über diese Zeit ein wenig lesen möchte,
stöbere in den Einträgen zwischen Ende April und Mitte Juli 2017.
Zusammenfassend war es eine schwierige, aber auch lehrreiche Zeit, die ich nicht missen möchte.
Zwei Jahre spiegelte der Blog den Versuch wieder, eine Balance zu
finden. Zwischen Studium und Krankheit. Ein Versuch, beides unter Kontrolle zu
haben. Der Kampf um soviel Normalität wie möglich. Das Bestreben, sich von der
Krankheit nicht ins Abseits drängen zu lassen. Denn wenn man dort ein Mal
steht, ist der Weg zurück eben schwierig. Und trotz allen Tiefs habe ich bis
heute die Überzeugung nicht aufgegeben, dass es irgendwo da draußen doch noch
ein Leben gibt, das aus mehr als Überleben besteht. Dass das Licht irgendwann
mehr wird und die Schatten weniger. Dass auch ich meinen Platz finde. Mit
diesem wundervollen Beruf Menschen helfen kann. Ihnen das Leben ein Stück
einfacher machen kann. Vielleicht ein bisschen meine Erfahrungen doch auch nutzen
kann. Man begegnet den Menschen anders. Weil Körper und Seele immer noch
untrennbar zusammen gehören und ich weiß, was ich mir in vielen Situationen
gewünscht hätte. Und da scheinbar nicht alleine bin. Und wenn ich dann höre: „Sie
haben eine ganz besondere Art zuzuhören und das hat mir sehr geholfen“, dann
denke ich, dass dieser steinige Weg auch seine guten Seiten hatte und hat.
Ich hatte aber auch Glück. Wenn auch ein bisschen selbst erarbeitet.
Es gab immer ein Ziel - egal wie sehr mir mein Kopf auch hin und wieder vermitteln möchte, dass es alles sinnlos ist. Mehr die Stimme der Krankheit, als ich selbst. Ziel war, ein Job in diesem Krankenhaus zu bekommen, in dem ich jetzt schlussendlich auch
anfangen werde. Dieser Ort hat mich verzaubert. Fernab der Großstadt konnte ich
ein bisschen Ruhe finden. Ein Stück zu mir selbst. Und ich habe ganz besondere
Menschen kennen gelernt. Kollegen, die mich als Praktikantin von Beginn an ganz
selbstverständlich in die Mitte ihres Teams aufgenommen haben – auch wenn ich
drei Jahre lang nur alle Nase lang mal da war. Es für mich nur immer ein „Erinner
– mich“ war, dass ich irgendwann selbst entscheiden möchte, wie lange ich an
diesem Ort bleibe und es nicht durch Praktika begrenzt ist.
Und ich habe einen Menschen gefunden, bei dem der Inhalt dieses Blog
das normale Leben sein kann. Er weiß von der Krankheit, von den schwierigen
Zeiten. Und er akzeptiert mich trotzdem. Versucht alles, damit ich positive
Erfahrungen mache, fördert meine berufliche und private Entwicklung, ohne mich
zu sehr zu schützen. Genau so, wie ich mir das auch von einigen Menschen mehr
um mich herum wünschen würde.
Und nachdem ich letztes Jahr acht Monate dort mein PJ machen durfte
habe ich verstanden, dass es sich lohnt, sich aus jeder Krise heraus zu
kämpfen. Ich habe zeitweilig ein Leben gehabt von dem ich nicht glaubte, dass
es das für mich nochmal geben würde. Glücklich. Tatendurstig. Frei. Ich habe im
Park gelegen, die Sonne auf der Haut gespürt, gelesen, Musik gehört, auf dem
Marktplatz unzählige Male mit einem Eis in der Sonne gesessen und ich konnte
nicht genug von der Neuro bekommen.
Im Moment sind die Tage aber wieder schwer geworden. Weil da noch
viele offene Fragen sind. Die man vermutlich auch nicht alle wird lösen können.
Aber vielleicht können die Fragen ein wenig ihre Bedeutung verlieren. Vielleicht
kann ich auch ein bisschen lernen, zu vertrauen. Dass man nicht alle Menschen
über einen Kamm scheren braucht. Dass es doch auch Menschen gibt, die mich
mögen und die bleiben.
Deshalb steht vor dem Berufsstart nochmal die Klinik auf dem Programm.
Und auch ich muss noch lernen, dass das kein Zeichen von Schwäche ist – auch,
wenn viele das so sehen. Aber wenn man da wirklich in der Ambulanz sitzt, weiß,
dass man jetzt loslässt, obwohl man doch meint so viel zu tun zu haben, dann
spürt man, dass dazu viel Mut gehört. Der von vielen nicht gesehen wird.
Ich hoffe, ich kann nochmal viel daraus mitnehmen. Und gestärkt ins
Berufsleben starten. Hinterher wird nicht plötzlich alles gut sein – das haben
chronische Krankheiten so an sich, dass sie sich nicht in Luft auflösen. Aber
vielleicht wird es etwas einfacher, sodass ich alle Energie wieder in die Neuro
stecken kann. Denn ich bewundere die Oberärzte der Klinik. Und möchte unbedingt
irgendwann auch mal so gut werden, wie sie.
Der Blog ist in erster Linie Selbsthilfe. Schreiben hilft mir
persönlich immer am Meisten. Es ist mein Weg mit all dem Druck in mir
umzugehen. Ihn in Worte umwandeln und einen Ort finden, an dem ich sie ablegen
kann.
Und das hier ist mein Ort. Für die guten Momente und die eher
tristen Zeiten. Ein Ort für das Leben mit und ohne der Krankheit. Ein Ort, an
dem die Gegensätze aufeinander prallen können, ohne, dass es schief ist und
ohne, dass ich mich dafür rechtfertigen muss.
Wenn Menschen mich begleiten möchten auf meinem Weg, dann freut mich
das sehr. Ich habe auch schon ab und an die Rückmeldung erhalten, dass die
Blogposts manchmal Mut machen. Hoffnung dahingehend vermitteln, nicht
aufzugeben. Denn wenn sich eine konstante Linie durch diesen Blog zieht dann
ist es, dass auf jeden Schatten wieder ein Licht folgt. Es ist auch für mich
schwierig in den dunklen Zeiten darauf zu vertrauen – aber dann lese ich eben meinen
eigenen Blog.
Und wenn es Schreibenden und Lesenden hilft, dann ist es doch ein
wunderbares Projekt.
Und nun wünsche ich allen Lesern viel Spaß beim Stöbern.
Mondkind
P.S. Ich weiß, dass Foto im Hintergrund ist nicht das Schönste - aber ein Besonderes. Es ist der letzte Blick über den Campus, den ich am Abend des 20. Dezembers 2018 des letzten Jahres eingefangen habe. Und es wird so lange dort bleiben, bis ich zurück bin. An diesem Ort, der die Zukunft werden soll.
Herzlich Willkommen meine Liebe. Wie schön, dass du jetzt hier bist ♥
AntwortenLöschenHallo Lia,
Löschenschön, dass Du den Weg her gefunden hast.
Ich muss noch ein wenig am Design schrauben - irgendwie gefällt es mir noch nicht ganz ;)
Wie geht es Dir im Moment? Man liest gar nicht mehr von Dir...
Ich hoffe Du genießt noch die letzten Tage der Semesterferien!
Hallo ♥
Löschenich finde das Design schön :)
Vielen Dank für deinen Kommentar und es tut mir leid, dass ich nicht geantwortet habe. Ich bin gut in den Semesterferien angekommen und habe eine wunderschöne Famulatur gemacht.
Leider geht es mir zur Zeit trotzdem eher schlecht..
Wie geht es dir? Konntest du die Ferien genießen? Hast du alle Famulaturen schon hinter dir? :)
Alles Liebe,
Lia