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Es werden Posts vom Oktober, 2020 angezeigt.

Von ganz viel Wut und der Verzweiflung dahinter

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Früh. Die Sekretärin des Chefs ruft an. Was will sie denn? Gesundheitsabfrage? Ich gehe ans Telefon. Der Chef will mich sprechen, sagt sie. Na super. Noch ehe ich fragen kann worum es geht, verbindet sie mich. „Mondkind da hat gestern der Patient [xy] vor meinem Büro gestanden und wollte, dass ich ihm seine Ultraschall – Befunde erkläre. Ich wusste überhaupt nicht, worum es da geht; was ist denn da los?“ In meinem Kopf rattert es. „Er hat gesagt, da wäre irgendetwas mit irgendeinem Gefäß und der ist irgendwie sehr beunruhigt und hat das auch alles sehr in Frage gestellt, was Sie ihm da erzählt haben…“ Er hat eine Vertebralisstenose. Und das habe ich ihm eine halbe Stunde erklärt. Und auch, dass es nichts Schlimmes ist. So sage ich das auch dem Chef. „Na Mondkind, wir müssen da jetzt irgendetwas machen – schick ihn nochmal rüber in den Neubau, da sollen die nochmal nachdopplern und ihn beruhigen.“ Erstmal gehe ich zum Patienten. Rege mich ein bisschen auf. Was ich sonst nie tue. Erkl

Ein paar Worte des Herrn Kliniktherapeuten

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Nein, eigentlich wollte ich heute Abend nicht schreiben. Aber… - der Lauf der Dinge… Ach… - und bevor ich es vergesse: Ich habe mir am Wochenende einen lang gehegten Wunsch erfüllt: Herbstspaziergang. Nicht, ohne dass es zeitgleich weh getan hat. Wo verdammt nochmal bist Du? Wir wollten dieses Jahr die Bäume doch zusammen bunt werden sehen….   Der Kurpark im Herbstkleid Sonntag. Dienst. War so semi. Zwei Patienten mit schwerer Lungenentzündung und Sättigungsabfällen. Mit viel Inhalation und sonstigen medikamentösen Atemhilfen habe ich sie über den Tag gebracht, aber die Sättigung ist immer wieder gefährlich in den Keller gegangen. Bitte nicht intubationspflichtig werden. Bitte nicht sterben.  Waren so meine Gedanken dazu.  Dann hat sich noch ein Patient mit einer Halbseitenschwäche verschlechtert – da musste ich die gesamte Diagnostik nochmal aufrollen, bis am Ende zusammen mit dem Oberarzt beschlossen wurde: Progressive Stroke und sowohl gegen Lyse, als auch gegen Thrombektomie

Von Diensten und Silvesterraketen

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  Manchmal kommt mir das so vor, als würde ich pokern. Ein bisschen „von heute auf morgen schaffen wir es noch.“ Ein bisschen „Die Katastrophe kommt irgendwann – die Frage ist nur wann. Und bis dahin genießen wir jeden Tag.“ Vor ein paar Monaten hätte ich nicht gedacht, dass ich die Bäume nochmal bunt werden sehe. Dass ich nochmal all die wunderschönen Farben dieser Welt sehen darf. Dass mein Blick nochmal vom vierten Stock der Neuro über die Landschaft streifen darf, die ich bei Tageslicht zum Großteil eben nur durch die Fensterscheiben des Gebäudes sehen kann. Abends. Ich bringe meine Sachen auf die Stroke Unit. Für Sonntagsdienst Drei von Sechs. Vorläufig. Ich treffe die Kollegin, die Spätdienst hat. „Mondkind, es reden wirklich schon alle darüber. Es hat noch nie Jemanden gegeben, der ein Jahr dabei ist und keinen 24 – Stunden – Dienst macht…“ Und dann stellt sie aber auch irgendwie fest, dass das alles nicht ganz meine Schuld ist. Seitdem die Notaufnahme interdisziplinä