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Es werden Posts vom Januar, 2021 angezeigt.

Von der Stroke Unit, Schmetterlingen und Doktorarbeit

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Die Arbeitswoche neigt sich dem Ende. Arbeitstechnisch gesehen war sie nicht schlecht. Ich war auf der Stroke Unit im Frühdienst. Das ist eigentlich mein liebster Einsatz in der Neuro – trotz Vertretungssituation. Am Anfang der Woche waren eine Kollegin und ich nur zu Zweit. Aber wenn man von der peripheren Station kommt und viel größere personaltechnische Katastrophen erlebt hat, ist auch das locker machbar. Ab Mitte der Woche hat uns noch eine weitere Kollegin unterstützt. Ich komme mit beiden gut zurecht und der vertretende Oberarzt hatte die Station super im Griff, sodass wir auch eine sehr gute Chefarztvisite hingelegt haben. Und nebenbei ist sogar noch Zeit für ein bisschen Ausbildung. Der Oberarzt ist einer unserer Epilepsie – Spezialisten – also hieß es diese Woche mehrmals: „Alle mal zu mir kommen und sich das EEG anschauen.“ Wir hatten auch ein paar spannende Fälle diese Woche. Eine Patientin, deren Schlaganfall wahrscheinlich auf ein PFO – sprich auf ein kleines Loch im He

Betroffen, aber kein Opfer

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Ich wünschte, da wären noch Worte übrig. In meinem Kopf. Ich weiß nicht, was das für eine wahnwitzige Idee war. Irgendwann nach seinem Tod. Diejenigen die durch einen Suizid sterben, die geben   das, was sie in den Suizid getrieben hat nur weiter und verzehnfachen es dabei. Habe ich mal gelesen. Ich weiß nicht, wie ich geglaubt habe, uns beide tragen zu können. Vielleicht hatte ich das Gefühl, ich muss diese Aufgabe annehmen, weil es sonst keiner tut. Ich bin kein Opfer von irgendetwas – soweit gebe ich den Menschen um mich herum Recht. Aber ich bin betroffen von etwas. Ich bin betroffen davon Angehörige eines besten Freundes zu sein, der sich umgebracht hat. Ich wüsste gern, warum so viele Menschen sich das so einfach machen. Warum sie einfach wegschauen oder urteilen und das damit als erledigt bertrachten und nicht merken, dass dieses Alleingelassen sein danach vielleicht genauso schlimm ist, wie der eigentliche Todesfall. „Merkst Du nicht, dass Du Dir da etwas zusammen konstr

Ein Abschied und ein Bürogespräch

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Es kommt keine Ruhe mehr in die Situation. Als ich auf die Arbeit komme sehe ich, dass der Herr Kliniktherapeut noch einmal geschrieben hat – er wollte sich ja nochmal melden. Ich hatte eher gehofft, wir reden nochmal… Ich glaube, man kann jetzt wirklich davon ausgehen, dass das die letzte Mail war. Dass ich nicht mehr umhin komme einzusehen, dass sich da ein Kapitel schließt. „Ich glaube, ich bin die stabilste therapeutische Beziehung, die Frau Mondkind je hatte.“ Das war ein gewagtes Kommentar, letztes Jahr in der Notaufnahme der Psychiatrie. Das das Herz ganz seltsam berührt hat. Ich glaube, er hatte Recht – das war er wirklich. Und entgegen aller rationalen Warnungen, die einem der Verstand entgegen schreit, sich auf solche Leute zu stützen, mache ich das trotzdem. Weil er das Herz ein bisschen getragen hat. Eine solche Beziehung ist natürlich der Inbegriff von Vertikalität. Er steuert es. Er kann gehen, wann er will. Er muss dabei auch keine Rücksicht nehmen, wie es

Vom sozialpsychiatrischen Dienst und Notaufnahme - Plänen

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Mittwochmorgen. Ich sitze mit einem Kaffee und einer Mandarine am Frühstückstisch. Essen ist schon länger nicht mehr eine meine größten Stärken. Termin beim sozialpsychiatrischen Dienst in der Stadt. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ob ich heute überhaupt so viel erzählen kann. Im Moment ist der Freund so nah dran, wie selten. Der Jahreswechsel war nicht gut. Seitdem habe ich irgendwie noch mehr das Gefühl als vorher, dass mir etwas zwischen den Fingern hindurch gleitet, das ich unbedingt festhalten möchte, aber das ich nicht festhalten kann – vielleicht umso weniger, je mehr ich mich bemühe. Kurz vor 9 Uhr. Ich stehe vor der Tür, atme ein Mal tief ein und drücke auf die Klingel. Hinter der recht versteckten, altmodisch anmutenden Tür, verbergen sich doch weitläufige und freundliche Räumlichkeiten. Erstmal Hände desinfizieren und Temperatur messen; dann muss ich noch ganz kurz im Eingangsbereich warten, bis ich von einer Frau in einen der Räume geführt werde. In der Ecke

Ein Briefchen...

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Hey Du, na, wie geht es Dir so, am Rand der Sterne? Es hat geschneit bei uns. Nicht ganz so viel, wie woanders, aber die Welt ist weiß. Eigentlich bin ich heute sehr müde und die Ausarbeitungen der Flowcharts kosten eine Menge Energie. Und da all diese Dokumente noch dem Chef vorgelegt werden müssen und wir natürlich nicht dazu sagen, dass ich die Flowcharts geschrieben habe, wäre das ziemlich peinlich, wenn da Fehler drin sind. Also muss ich mir heute trotz Müdigkeit und Gedankenschleifen überall, außer beim Thema, auf dem sie liegen sollten, viel Mühe geben. Und da die Welt ja nun nicht so oft weiß ist, habe ich mich aufgerafft und war eine Runde draußen. Es war sogar ganz nett, mein Spaziergang um die Burgmauer. Es ist richtig kalt, also liegt auch kein Schneematsch auf dem Boden – es knarrt so richtig schön unter den Winterschuhen, wenn der Schnee zusammen gedrückt wird. Das hat irgendwie ein bisschen etwas Beruhigendes und fast Friedliches, in dieser unruhigen Zeit. Die Natur ma