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Es werden Posts vom November, 2023 angezeigt.

Neuro - Dienste, Abschied und Unruhe in der Gruppe

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Die letzten Tage hatten es in sich. Donnerstag. Ich bin schon langsam müde von der Woche. Wir hatten viele Entlassungen und viele Aufnahmen in dieser Woche und ich bin nicht nur für meine eigene Gruppe, sondern auch für die umliegenden Gruppen zuständig. Die neuen Patienten sind auch tatsächlich alle schwer belastet und der Verbrauch von Taschentüchern in meinem Büro ist enorm angestiegen. „Mondkind“, lese ich im Betreff einer Mail, die in meinem Postfach gelandet ist. Der Absender ist der dienstplanverantwortliche Oberarzt aus der Neurologie. Ich kann das Seufzen hinter dem Betreff dieser Mail fast hören. Ich öffne sie. „Es ist eine Katastrophe“, sind die Worte, mit denen sie beginnt. Kurzfassung: Die Intensiv hat einen Covid – Ausbruch, jeder der dort arbeiten kann muss dort Dienste machen, dementsprechend fehlen Kollegen im ZNA – Dienst und für Sonntag gibt es absolut keinen Dienstarzt mehr. „Kannst Du den Dienst machen?“, fragt er mich. Ehrlich gesagt… - ich habe letztes Wochenende

Reise

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Was kann ich sagen… ? Die letzten Tage hat es mehrere Versuche gegeben, mal wieder einen Blogeintrag zu verfassen. Aber die sind alle irgendwo in der Versenkung verschwunden. Weil sie nicht das getroffen haben, was ich sagen wollte. Weil sie am nächsten Tag schon wieder „alt“ waren. Und weil ich tatsächlich nach vier bis fünf Stunden Gesprächen non – stop am Nachmittag auch erstmal recht müde bin. In den letzten Tagen ist in unserer Gruppe in der Psychosomatik viel los. Die ersten Patienten, die wir damals in diese neu eröffnete Gruppe aufgenommen haben, sind letzte und diese Woche wieder abgereist. Die Einen haben mehr für sich erreicht, die Anderen weniger, aber wie schön ist es eigentlich, wenn man eine Patientin vor sich sitzen hat, die dann am Ende sagt: „Frau Mondkind, das Gespräch mit Ihnen hat einen Knoten bei mir platzen lassen, ab dann ging es mir viel besser.“ Die Patientin war zugegebenermaßen sehr anstrengend und es hat mich einiges an Überwindung gekostet sie immer wieder

Von einem baldigen Abschied und einem langen Gespräch

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Montag „Ich finde es schade, dass Sie gehen“, sage ich.      „Das glaube ich Ihnen“, sagt er und macht eine längere Pause. „Mein erster Chef hat mir gesagt, dass man immer gut abwägen muss zwischen Job und Privatleben. Verpasste Familienmomente kann man nicht nachholen; in den Job kann man immer irgendwie wieder einsteigen. Ich habe mir die Entscheidung auch nicht leicht gemacht, ich finde das ist hier wirklich gerade ein gutes Team und mir macht es auch Spaß, aber ich muss jetzt wirklich für meine Familie da sein.“           Ich nicke.                 Und dann fängt er an, ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Über seine Familie. Über seine Beweggründe. Und irgendwann bemerke ich, wie etwas in mir kurz zusammenzuckt. Unsere Blicke treffen sich. „Deshalb haben Sie mich letztens gefragt, was es für Möglichkeiten bei Schwierigkeiten mit Abgrenzung gibt. Weil Sie da ein Thema haben.“           Unser neuer, bald schon alter Oberarzt.                    Am Morgen in der Besprechung

Von einem Wochenende

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Es gibt Zeiten, die schmeißen mich direkt in den Moment. In denen gibt es nur mich und ihn und nichts um uns herum. Keine Vergangenheit, keine Zukunft, nur das Jetzt. Wie eine kleine Blase um uns herum, die uns abschirmt von Vergangenheit und Zukunft. Zeiten, in denen ich mal kurz vergesse, was war. Und vielleicht werden wird.     Samstag. Der Kardiochirurg und ich haben ein einziges freies Wochenende in diesem Monat. Er hatte aber noch Rufdienst von Freitag auf Samstag. Natürlich passiert genau das, von dem zumindest ich gehofft habe, dass es nicht passiert. Er muss um halb Vier in der Früh ins Krankenhaus und bleibt dort bis morgens um acht Uhr. Und natürlich – dann muss er noch schlafen, Wohnung putzen und Einkaufen. Ich bin gegen 14 Uhr fertig mit meinem Haushaltskram und setze mich an meine Psychosomatik – Bücher. Tatsächlich werde ich mittlerweile was die Warterei anbelangt, entspannter. Ich weiß, ich sollte mich sowieso mit lesen beeilen und so lange, wie es bei ihm dauert, daue

Von einem Geburtstag und Entwicklungen in der Psychosomatik

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Donnerstag Am Abend bin ich auf dem Geburtstag vom ehemaligen Freund eingeladen. Das Ganze hatte sich kurzfristig vor zwei Tagen ergeben, als wir miteinander telefoniert hatten. Mit der Balintgruppe am Mittwochabend hatte ich es nicht mehr geschafft, ein vernünftiges Präsent zu organisieren. Deshalb fahre ich auf dem Weg zu ihm einfach noch am Blumenladen vorbei, der zum Glück bis 19 Uhr offen hat. Eine Pflanze hat noch gut Platz in seinem Fensterbrett beschließe ich (und er wird sie später genau an den Platz stellen, an dem ich beim Kaufen auch gedacht habe). Es sind ausschließlich Kollegen von seiner Arbeit da. Also Mondkind unter… - vielleicht so 12 Psychologen und Kreativtherapeuten… - ich habe irgendwann aufgehört die Leute zu zählen. Aber ich gehöre ja jetzt irgendwie auch dazu und bin mal nicht die einzige Neurologin unter einem Haufen Psychologen. Natürlich kam auch irgendwann die Frage, woher der ehemalige Freund und ich sich kennen und ich hatte ihn eigentlich vorher noch fra

Entwicklungen

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Irgendetwas ist passiert. Ich bin mir aktuell nur unsicher, was genau. Ich habe lange nicht mehr so viel Druck in mir gespürt. Schnipsel. ***   Ich im Büro von einem meiner Psychosomatik – Oberärzte. Wir werten die Zwischenbilanzbögen der Patienten aus und ich bin sehr erstaunt und beeindruckt, was der Oberarzt daraus alles lesen kann und wie er die Patienten zwischen den Zeilen versteht. Auch Dinge registriert, die sie wahrscheinlich gar nicht laut sagen wollten. Danach driften wir irgendwie ein bisschen auf ein „fachliches Privatgespräch“ ab – es geht um den Facharzt. „Also Sie machen jetzt sowieso erstmal Ihren Neuro – Facharzt“, stellt er klar. „Naja, das kommt darauf an“, entgegne ich. „Das hängt davon ab, ob ich meine Unterschriften für die vier Jahre Neuro, die ich gemacht habe bekomme, oder nicht. Das Problem ist nämlich, dass ich nie in der Reha gearbeitet habe und formal einfach nur die drei Chefs unterschreiben müssten, aber nirgendwo geschrieben steht, wie lange man wo gear

Querverbindungen zwischen Job und Privatleben

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Freitag. Am Nachmittag sind wir statt der üblichen acht Leute, die es normalerweise in unserer Sektion gibt, nur noch zu Zweit. Einer der beiden Psychologen bei uns mit – zum Glück – schon sehr langjähriger Berufserfahrung und ich. Im Großteam hat er mich strategisch neben sich platziert um zu verdeutlichen, dass wir an diesem Nachmittag absolut unterbesetzt sind. Und weil ich ihm zugeraunt habe, dass wir keinen Oberarzt mehr haben und ich noch eine Patientin mit Bauchschmerzen oben liegen habe, stellt er der Chefin die Frage, an wen wir uns denn wenden können, wenn es noch ein Problem gibt. Alle grübeln eine Weile. „Die Dienstoberärztin von heute“, kommt irgendwann als Antwort. Ansonsten geht es im Großteam heute viel um das Thema Suizidalität und in die Vorfälle der Woche, in die die Klinik verwickelt war. An „normalen“ Tagen kann ich das irgendwie aushalten, aber heute habe ich fast einen Fluchtimpuls in diesem Großteam. Und irgendwie schwant mir allmählich: Das wird noch ein Proble

40 Monate - über ein bisschen Psychosomatikerfahrung

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Mein lieber Freund, es gibt Monate, in denen habe ich den Eindruck, alles schon recht gut verpackt zu haben. Und dann gibt es die Monatstage, die doch irgendwie weiterhin schwer sind. Vielleicht liegt es daran, dass es wieder so eine Zahl ist. 40 Monate. Fast dreieinhalb Jahre. Im Dezember dann. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich das Wort Suizid zu oft gehört habe in letzter Zeit. Erst Vorgestern hat sich jemand versucht im Kurpark das Leben zu nehmen, er war bewaffnet und natürlich war das für unsere Psychosomatik – Patienten auch nicht gut, sodass das gestern hohe Wellen geschlagen hat. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich ausgerechnet gestern eine Frau aufgenommen habe, die mir erzählt hat, dass sie da ist, weil ihr Sohn an einem „Drogenunfall“ gestorben ist. Sie ist nicht in meiner Gruppe und ich wollte nicht genauer nachbohren, aber was genau ist ein Drogenunfall? Eine unabsichtliche Überdosis? Ein Suizid? Und ist ein „Drogenunfall“ so weit weg von einer absichtlichen Me