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Es werden Posts vom April, 2021 angezeigt.

Schnipsel

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„Es geht so einigermaßen“ ist die Standardantwort auf die Frage wie es mir geht, wenn nichts mehr geht. Eigentlich würde ich liebend gern sagen „Ich kann nicht mehr“. Das wäre auch näher dran an der Wahrheit. Aber das gibt den Menschen Raum, noch mehr zu verletzen, die nicht mehr existenten Grenzen einzureißen ohne, dass ich irgendetwas dagegen tun könnte. Meistens sind die Zeiträume, in denen Reden noch hilft, irgendwann überschritten. Meistens, wenn ich ganz leise werde. Schnipsel. Aus verschiedenen Konversationen. „Ich kann dieses Thema selbst nicht mehr. Irgendwie. Seit fast 10 Monaten renne ich mir den Kopf dauernd an denselben Mauern und den selben Fragen ein und ich finde und finde keine Antworten. Ich würde so unendlich viel darum geben, zumindest ein Paar zu bekommen. Rational verstehe ich die Menschen, die davon sprechen, dass ich nach vorne schauen muss, dass ich das Thema jetzt mal abhaken muss, dass es ein Leben nach seinem Tod geben muss. Aber das ist einfach unmöglic

Von Momenten und Erinnerungen

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Es gibt Momente, die wie ein Katapult durch die Zeit sind. Heute Morgen. Bevor ich zur Arbeit gehen möchte, drehe ich noch eine Runde durch die Wohnung. Und was sehe ich da? Die Sonne scheint herein und hinterlässt Spuren von Licht an der Wand. Sicher ist das schon seit ein paar Tagen so, dass die Sonne schon bevor ich gehe wieder in die Wohnung scheint, aber jetzt, genau in diesem Moment, realisiere ich das. Und plötzlich ist Mai. Letztes Jahr. Es war ein anderes Leben. Es war der Monat, in dem es die letzten Momente gab, die das Licht in meinem Leben von damals waren. Die letzte Reise in die Studienstadt, in der der Freund und ich uns leider nicht gesehen haben, weil er in der Klinik war. Aber das letzte Mal, dass ich ihn am Bahnhof in der Leitung hatte. Es hatte geschüttet wie aus Eimern, meine Füße waren nass und er hatte mich gefragt, ob ich nicht noch ein bisschen durch die Stadt laufen möchte. „Du Pappnase, es schüttet so richtig. Da stellt man doch keinen Hund vor die Tür“, h

Vom ersten 24 - Stunden Dienst, dem Freund und dem Frühling

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Donnerstag. Dass man zwei Stunden später als die anderen auf die Arbeit kommt, merkt man. Als ich gegen 10 Uhr den Kopf zur Tür herein stecke, stehen die anderen schon in den Startschuhen für die Visite. Mit der Kollegialität ist es irgendwie gerade nicht so weit her dort und so habe ich die meisten Patienten abbekommen, obwohl ich an dem Tag die Dienstärztin bin. Eine Patientin habe ich an dem Morgen von einer Kollegin übernommen. Ich kenne sie gar nicht, weiß nur mit welcher Diagnose sie schon seit zwei Wochen bei uns liegt. Plötzlich hält der Oberarzt mir sein Telefon hin. Irgendeine Einrichtung, die sie vielleicht nehmen könnte. Ich kann der Dame nur gar nicht viel sagen und während ich mich nebenbei hektisch durchs System und die Dokumentation wühle hoffe ich, dass dem Gegenüber nicht auffällt, dass ich keinen Plan habe. Die Einrichtung nimmt sie am Ende wirklich nicht, aber bis ich Freitag früh gehe, werde ich einen Plan für sie in die Wege geleitet haben, den wir Montag umsetz

Happy Birthday to Heaven

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  Hey, na, wie geht es Dir? Wie verbringst Du Deinen Ehrentag? Ich weiß nicht mal, ob ein Happy Birthday zu zynisch ist… ? Ich hoffe einfach, Du feierst irgendwo. Ich hoffe, Du denkst heute nicht so viel über alles nach, hast einfach ein bisschen Spaß. Siehst vielleicht die Bäume grün werden – das werden sie hier nämlich langsam. (Eigentlich wollte ich das fotografisch festhalten, aber ich habe so wenig Zeit…) Der erste Geburtstag ohne Dich hier. Verrückte Zeiten. Wie unglaublich fremd diese Welt sich mittlerweile anfühlt. Als sei ich dauerhaft im falschen Film, als müsse ich aufwachen, als müsse dieser Alptraum enden, weil das so alles unmöglich ist. Heute vor einem Jahr habe ich Dir direkt frühs geschrieben und wir haben uns dabei gleich zum Telefonieren verbredet. Ein kleines Telefonat ins Universum. Das wäre doch mal was. Was ist heute für ein krasser Tag. Hätte mir vor einem Jahr jemand erzählt, dass Du nicht mehr hier bist, dass ich Dir einen Brief schreiben muss und hoffe, d

Montag...

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Montag. Eigentlich sollte der Tag nicht so schlimm werden. Aber man kann’s nie wissen, sobald man seine Füße vor die Haustür bewegt. Ausgeliehen auf die Stroke Unit. Visite. Eigentlich bin ich gut vorbereitet. Befinde ich zumindest. Denn was ich nicht wissen kann ist, dass der Oberarzt steif und fest behaupten wird, dass eine meiner Patientinnen einen Stent bei ischämischer Colitis hat. Ich habe nichts davon gelesen, aber dass es (noch) kein Dokument darüber gibt heißt nicht, dass das Ding nicht existiert. Es existiert nicht, ich habe die Internisten, von denen sie kam, später angerufen. Eine andere Patientin ist mit ihrer ZNS – Angiitis seit vielen Jahren mindestens 20 Mal bei uns gewesen und nein, ich habe es nicht in einer Stunde am Morgen geschafft, alle Briefe zu lesen. Ein anderes Sorgenkind hat ein schlechtes Labor, ich habe eine Kontrolle für den Abend aufgeschrieben und ich bete, dass die Werte besser werden – sonst habe ich morgen noch ein Problem. Du kannst nur so gut sein