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Es werden Posts vom Juli, 2021 angezeigt.

Ein paar Worte zur Therapie

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„Mondkind jetzt komm mal her, wir müssen jetzt mal analysieren, was Du da dokumentiert hast in Deinem Fall von Sonntag.“ Dieser Katastrophen – Dienst schlägt immer noch täglich hohe Wellen in der Neurologie. Ich sitze zitternd neben meinem Oberarzt, mit dem ich die letzten Monate die Notaufnahme gemacht habe und aus dessen Zuständigkeitsbereich ich bald heraus rotieren werde. Findet er einen Fehler? Er schaut genau, wann ich welches CT angemeldet habe, schaut sich alle sonstigen Untersuchungen an, die ich gemacht habe, vergleicht es mit der Doku. „Okay Mondkind, das hast Du gut überlegt und ziemlich sauber dokumentiert, da kann man Dir glaube ich wenig…“ Kurze Zeit später. Bevor ich zu meinem Termin gehe. Seitdem ich wieder auf der Station bin, ist es nicht mehr selbstverständlich, dass ich danach gehen darf. „Darf ich nach meinem Termin nach Hause gehen?“, frage ich. „Mach [dem Kollegen] eine Übergabe und geh nach Hause Mondkind“, sagt er. „Danke“, entgegne ich. Die letzten drei Ta

Ein Bericht aus dem Dienst

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Ich sitze auf dem Fußboden in der Radiologie; die Augen gebannt auf den Monitor gerichtet und warte auf das CT meiner Patientin. Tränen in meinen Augen. Ich spüre nur noch mein Herz rasen, aber ich fühle die Angst nicht mehr. Wahrscheinlich bin ich dennoch angespannt. Das Bild ist kaum fertig, da ruft die Schwester nach einem Blick auf den Monitor im CT: „Mondkind die Sättigung…“. Also erstmal keine Angiographie mehr. Wir rennen rein, hängen ihr Sauerstoff dran, drehen gleich mal auf 10 Liter auf und ganz langsam klettert die Sättigung von 40 % wieder hoch. In der Zeit ist der Notfallalarm schon längst ausgelöst worden und die Anästhesie steht auf der Matte. Zur Vorgeschichte. Dienst. Aktuell ist jeder meiner Dienste eine absolute Katastrophe. Patienten ohne Ende, meine letzte Nacht habe ich mit einer entgleisten psychoaffektiven Störung verbracht und die Patientin am Ende in die geschlossene Psychiatrie verschifft. Irgendwann muss doch mal wieder Land in Sicht sein. Es gibt viel z

Zeit in der Suizidtrauer

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Ich habe mich in den letzten Wochen bevor sich der Tod des Freundes gejährt hat ein bisschen gefragt, was passieren wird, wenn dieses gesellschaftlich anerkannte Trauerjahr vorbei ist. Denn dieses Jahr, das war ein oft genannter Zeitraum in Gesprächen. Ich persönlich hatte dabei immer so ein bisschen das Gefühl, dass die Leute damit nicht mich, sondern sich selbst ein bisschen beruhigen und aufmuntern wollten. So nach dem Motto: Ein Jahr müssen wir die Mondkind jetzt wohl so aushalten wie sie ist, aber danach wird sie sich wohl hoffentlich den Erwartungen anpassen. Ich hatte sehr große Angst vor der Zeit, wenn es ein Jahr wird. Nicht mal vor der Zeit an sich. Sondern vor dem, was ich befürchtet habe. Gestern haben wir gehört, was nach diesem Jahr passiert. Man wird ganz explizit darauf hingewiesen, dass es ja jetzt schon ein Jahr sei. Über ein Jahr. Und es dann wohl eindeutig ich sei, die nicht wollen würde, wenn es mir immer noch so schlecht ginge. Da viele Menschen von dem Thema sch

Vom Umtopfen aus der ZNA und der Einjahres - Realität

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Die Mondkind wird umgetopft. So heimlich und leise. Eigentlich sollte ich nur einen Tag auf der Stroke Unit aushelfen. Und weil am Dienstag Chefarztvisite war und ich ja nun mal viele Patienten der Station vom Montag kannte, sollte ich noch bleiben. Aus zwei Tagen wurde dann eine Woche. Und laut der gestern verschickten Stationsplanung wird aus einer Woche zumindest mal ein Monat. Wie ich das finden soll… ? Die Arbeit ist mein soziales Umfeld. Ich kenne die SU, habe schon vier Monate zu Beginn meiner Assistenzarztzeit gearbeitet und dazwischen immer mal wieder ein paar Tage ausgeholfen. Die SU ist ein bisschen etwas wie meine „Home Base“, wenn man so etwas im Krankenhaus haben kann. Aber ich war eben gerade gut in die ZNA eingebunden, trotz aller Anstrengung und habe mein Leben mit diesem Umfeld organisiert. Von daher fühle ich mich wirklich wie eine Pflanze, die vorerst mal auf die andere Seite des Balkons gestellt wurde. Zurück auf der SU zu sein bedeutet auch, dass das Hirn im H

Psychiatrieerinnerungen - zwischen Hoffnung und Realität

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Sonntag. Ich habe ausnahmsweise mal frei. Und ich spüre die Müdigkeit. In jedem Knochen. Bis ich mich motivieren kann zumindest mal Kaffee zu kochen ist eine Stunde vergangen. Ich lese quer. Heute vor einem Jahr bin ich endlich von der geschlossenen Station auf die offene Station verlegt worden. Und diese Zeilen… - sprechen für sich. Ich wollte es diesmal wirklich. Etwas verändern. Raus aus diesem nie endenden Strudel kommen. Ich kann mich noch erinnern, wie viel Motivation ich hatte, als ich endlich auf der offenen Station angekommen war. Und das ausgerechnet wenige Tage nach der größten Katastrophe meines Lebens. "Die Bereitschaft und Therapiemotivation und die Umsetzung sind vermutlich zwei verschiedene paar Schuhe, aber ich bin bereit. Viel mehr bereit, als das letzte Mal. Wenn man mir hier den Boden gibt, den ich brauche, weil ich meinen her gebe, dann bin ich bereit mich fallen und wieder aufrichten zu lassen. Auch, wenn das loslassen bedeutet. Einige Dinge vielleicht für