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Es werden Posts vom Januar, 2024 angezeigt.

Rückzug

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Wir gehen nebeneinander her. Ziemlich schweigend heute. Aber zumindest Hand in Hand. Wandern scheint die ideale Tätigkeit für uns zu sein. Wir verbringen Zeit miteinander, aber zu viel Nähe muss nicht entstehen. Und das Wetter ist heute sehr gnädig mit uns. Zwischendurch fühlt es sich an, wie ein sehr früher Frühlingstag. Die Sonne kitzelt auf der Nase und manchmal – ich weiß nicht, ob es wer kennt – habe ich den Anflug eines Sommergefühls mitten im Winter. *** Samstagabend. Natürlich hat es wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kardiochirurgen und mir gegeben. Er ist ärgerlich und ich bin es auch. Es ist das erste Mal, dass ich abends nicht zu ihm fahre. Ich würde zwar gerne, aber das hat absolut keinen Sinn. Nicht mit dieser inneren Anspannung, mit dieser Wut und diesem Ärger mit mir – die Gefahr, dass ich ihm unkontrolliert irgendetwas an den Kopf schmeiße, ist ziemlich groß. Und da er wahrscheinlich auch keine großen Ambitionen hat mich zu sehen, lassen wir das eben einfach

Von einem Samstag

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Samstagmorgen. Wo ich doch gestern Abend nach der Supervision noch so gute Gedanken hatte, hat es am Abend natürlich wieder eine kleine Eskalation mit dem Kardiochirurgen gegeben. Folglich war die Nacht kurz. Vor 10 Uhr schaffe ich es dennoch nicht, mich aus dem Bett zu schälen. Währenddessen kommt mir der Gedanke, dass ich am Wochenende eigentlich irgendwie Energie tanken sollte. Nächsten Samstag habe ich Dienst – das bedeutet, dass ich die nächsten 14 Tage keinen einzigen Tag ausschlafen kann. Nachdem ich dann endlich einen Kaffee getrunken habe und Einkaufen war, ist es Mittag. Die Sonne scheint. Es ist noch ziemlich kalt draußen, aber die Sonne auf der Nasenspitze ist eine gute Sache. Ich beschließe eine Runde spazieren zu gehen und mit dem ehemaligen Freund zu telefonieren. Wir diskutieren ein bisschen über die Psychosomatik. Über meine schwierigen Patienten und über die Gruppe, die im Moment allgemein schlecht arbeitet und immer wieder irgendwelche Nebenbaustellen aufmacht statt

Die erste Selbsterfahrung

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Körperbezogene Therapie Workshop. 15 Teilnehmer des Workshops, der im Prinzip eine Selbsterfahrung ist, liegen auf dem Boden. Darunter bin auch ich. Unter mir liegt eine dünne Matte, auf mir liegt ein zwei Kilo schwerer Medizinball. Wir sollen mithilfe des Balls bewusst unsere Atmung spüren. Ich finde es unangenehm, weil ich die Magenschmerzen von gestern Abend immer noch spüre und der Ball das nicht gerade verbessert. Ich schiebe ihn ein Stück nach unten. Und merke aber trotzdem noch das Pulsieren der Hauptschlagader, die vehement gegen den Ball drückt. Nach einer kleine Reflektionsrunde dürfen wir den Ball endlich auf unsere Beine wandern lassen. Und während wir das so liegen, kommt mir noch etwas ganz anderes in den Sinn. Dieses Liegen auf dem Boden erinnert mich gerade sehr an die Psychiatrie und die Therapien dort. Da lagen wir auch ständig auf dem Boden herum und sollten irgendetwas spüren. Und ich war darin noch nie so die Leuchte; mein Körper und ich waren nie die besten Freund

Zwischen Job und Beziehung

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Ich rase über den Flur im vierten Stock des Reha – Gebäudes. Im Kopf gehe ich gerade noch die absteigenden Bahnen im Rückenmark durch, die ich die Tage wiederholt habe. Zeitgleich überlege ich, wie ich das mit dem Neurorepetitorium mache. Das ist im März, dafür müsste ich zwei Urlaubstage umschieben, aber es geht sicher. Ich bin gerade auf dem Weg, um eine Patientin abzuholen, die ich aufnehmen muss. Und dann bemerke ich, dass durch ein Fenster im Flur die Sonne scheint und den Gang in helles Licht taucht. Ich spüre mich atmen. Das erste Mal bewusst seit einer knappen Woche. Zum ersten Mal ist da etwas anderes als Angst, Wut, Enttäuschung und Stress. Ich bleibe kurz stehen. Auf diesem Flur. Und bin einfach mal kurz bei mir.   *** Es ist nicht so, dass ich nicht geschrieben hätte die letzten Tage. Irgendwie war ich nur nicht bereit, es auf den Blog zu stellen.   Es ist so viel los.   Psychosomatik. Ich glaube, ich hatte die erste richtige Psychosomatik – Krise. Nicht, weil ich das Fach

Vom Ende der Woche

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Donnerstag. Ich habe eigentlich keine Ahnung, wie ich diesen Arbeitstag überlebt habe. Es wird schon fast zur Normalität, dass die Kollegin mit der ich die Gruppe habe, mindestens ein Mal wöchentlich nicht auftaucht (sie hat sich schnell angepasst an die üblichen Krankenstände in der Psychosomatik) und manchmal ist mir das ganz recht, weil ich dann meine Skills in der Gruppentherapie verbessern darf. Aber an diesem Morgen hätte ich sie wirklich gebraucht. Wir hatten an diesem Morgen körperbezogene Therapie und ich habe eine Übung ausgesucht, die die Gruppe weitestgehend mit sich selbst machen kann und mich nur als Moderation braucht. Das hat sogar ganz gut geklappt, einige Patienten hatten sogar den „Aha – Moment“, den sie haben sollten und ein Patient, der die Übung schon zum Zweiten Mal gemacht hatte und kurz vor der Entlassung ist hat deutlich gemerkt, dass er die Übung anders wahrgenommen hat als beim ersten Mal und die Therapie dann wohl doch etwas gebracht hat. Sehr schön. Alle G

Ablaufdatum

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Vergiss die guten Tage nicht Du weißt genau, sie tragen dich Und wenn alles um dich grad zerbricht Vergiss die guten Tage nicht Denn sie kommen immer wieder (wieder) Denn sie kommen immer wieder Zurück zu dir   (Florian Künstler – Vergiss die guten Tage nicht)   Irgendwie weiter. Irgendwie.   Ich scrolle durch die Fotos. Vom letzten Dezember. Selfies im Schnee. Manchmal finde ich es selbst erstaunlich, wie glücklich ich in die Welt schauen kann. Erinnerungen, die bleiben werden. Die vielleicht ersten und letzten Urlaubserinnerungen mit diesem Menschen.   Ich hab’s schon gelernt mit jedem guten Moment umzugehen, als würde er sich nie mehr wiederholen. Und wenn man dann hört, dass das wahrscheinlich wirklich so ist, ist es trotzdem hart.   Wir mussten es klären. Langsam mussten wir das tun. Langsam konnte ich nicht mehr leben mit einer Beziehung voller Unverbindlichkeiten. In der gar nicht klar war, was wir eigentlich sind. In der ich das Gegenüber in einer ständigen Pendelbewegung erleb

Von Diensten und Supervisionen

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Die letzten Tage waren wild. Viel Neues. Und viel, das am Ende gut war. Vielleicht finde ich auch langsam wieder ein bisschen Motivation, die in den letzten Wochen etwas gefehlt hatte.   Dienstag. Zweiter Dienst innerhalb von drei Tagen. Diesmal Akut – Dienst. Mit einem erfahrenen Kollegen. Es dauert kaum ein paar Minuten, bis es die erste Krisenintervention auf der Akut – Station gibt. Am Abend ist noch Sprechstunde; da ist gar nicht mal viel los, aber ansonsten kommt das Haus bis Mitternacht nicht richtig zur Ruhe. Ich kann alle Situationen selbst händeln, aber was Wissen eines erfahrenen Kollegen im Haus beruhigt ungemein. Irgendwann in Richtung Mitternacht schlappe ich in Richtung Dienstzimmer. Und scheinbar finden die Patienten dann wirklich in den Schlaf. Was habe ich für ein Glück, dass das Telefon in der Nacht nicht klingelt und ich endlich mal ein bisschen etwas von meinem vermissten Schlaf nachholen kann.   Mittwoch Ich stehe auf und hüpfe noch auf der Arbeit schnell unter di

Über eine fremde Begegnung

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Der Kardiochirurg war hier. Ein paar Stunden. Nicht so, wie ich mir das gewünscht hätte an einem Sonntag. Wir haben natürlich nicht gefrühstückt. Es war viel zu spät. Mein Plan war eigentlich, dass wir am Abend noch kochen, aber seiner war´s wohl nicht. Ich war aber auch ein bisschen müde heute nach dem Dienst. Und ein bisschen träge. Vielleicht hatte er darauf nicht so viel Lust. Obwohl das oft unsere Realität ist. Einer von uns beiden ist immer ein bisschen abgekämpft. Oft kommt´s mit vor, als würde er einfach durch meine Hände fallen. Und nicht nur er. Ideen vom Wochenende. Dinge, auf die man sich gefreut hatte. Dienst – ja okay, wenn wir uns dafür am Wochenende haben. Und wir müssen ja nicht viel machen. Hauptsache, wir können uns ein bisschen sehen, spüren, fühlen. Gerade als die Tür ins Schloss fällt, bemerke ich Blaulicht auf dem Hof. Rettungssanitäter springen aus einem Krankenwagen und müssen quasi am Hauseingang dem Kardiochirurgen in die Arme laufen. Ich sehe den Freund mein

Erster Psychosomatik - Dienst

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Der erste Psychosomatik – Dienst wäre dann auch mal Geschichte. In der Reha. Am Dienstag kommt der Akut – Bereich an die Reihe. Es war schon… - ein bisschen sonderbar. Ich kann gar nicht berichten, dass ich irgendetwas super Cooles gemacht hätte. Der Morgen startete erstmal mit der Sprechstunde und am Samstagfrüh waren die Patienten da noch entspannt. Größere Probleme gab es nicht zu lösen, die Meisten mussten sich ein bisschen entlasten und brauchten eine Strukturvorgabe für das Wochenende. Ansonsten war es bis zum Abend eher Hausdienst… - naja, ist ja auch Einer. Das „Highlight“ war dann auch ein hausgemachtes Problem. Der andere Kollege hat einer Patientin am Morgen eine nicht geringe Menge eines Beruhigungsmittels gegeben. Am frühen Nachmittag haben die mich angerufen, die Patientin sei vor dem Fahrstuhl kollabiert. Zuerst wusste ich gar nichts von dem Medikament, aber nachdem ich in die Akte geschaut habe, war die Sache klar. Das wirkt eben auch kreislaufdepressiv – wenn man dann

42 Monate

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Mein lieber Freund, ein neues Jahr. 2024. Als Du gestorben bist, war 2020. Crazy, wie die Zeit vergeht. Und beängstigend. Ich hoffe, Du bist gut angekommen im neuen Jahr. Und hast es ein bisschen krachen lassen. Der letzte Monat war intensiv. Ich musste ein bisschen wachsen, was die Arbeit anbelangt. Plötzlich hatte ich Therapiegruppen, die ich selbst leiten musste / durfte – je nachdem, wie man es sieht. Stell Dir vor, wie crazy das ist: Da sitzt Du plötzlich da und leitest Gruppen. Alleine. In denen ich früher selbst, wie so ein Häufchen Elend saß. Ich würde dir so gern davon erzählen. Aktuell muss der ehemalige Freund etwas unter diesen Erzählungen leiden. Natürlich geht auch nicht immer alles gut, ich habe mich mit Gruppen auch schon ordentlich auf die Nase gelegt, aber ich betrachte das als einen kontinuierlichen Lernprozess. Samstag habe ich meinen ersten PSK – Dienst. Wir machen das so, wie wir es kennen okay? Du passt von da oben auf, dass keine Katastrophen passieren. Machst D

Jahreswechsel im Dienst

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31.12.2023 Dienst. Ob es der letzte Neuro – Dienst wird? Es geht direkt mit schlechten Nachrichten los. „Der Visitendienst ist kurzfristig erkrankt. Leider konnte  so schnell auch kein Ersatz gefunden werden.“ Der Chef schreibt eine Nachricht in die Gruppe, aber das bringt natürlich auch nichts. Heute habe ich die Station und die ZNA an den Hacken. Zum Glück ist es am Morgen noch kurz ruhig, sodass wir zumindest Visite machen können. Und danach geht es los. Irgendwie befindet scheinbar der halbe Landkreis, dass es eine gute Idee wäre, in der ZNA vorstellig zu werden. Meine erste Patientin ist einfach allgemein schlapp bei Covid – ich weiß nicht, wer da auf die Idee kommt einen Schlaganfall zu sehen. Beim zweiten Patienten wird es schon interessanter: Er wurde verwirrt und unzureichend bekleidet in einer Hotellobby aufgefunden. Neben eher kleineren Notfällen und ganz vielen Menschen die eher psychisch dekompensiert waren – der Jahreswechsel scheint die Menschen doch auf eine gewisse Art

Jahresrückblick 2023

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Ich habe mich entschieden, dass es dieses Jahr wieder einen Jahresrückblick gibt. Wer sich an letztes Jahr erinnert weiß, dass es mir zur Zeit des Jahresüberganges so schlecht ging und die Situation so unklar war, dass ich Keinen geschrieben hatte.                   Jahreswechsel. Frisch getrennt.               Dieser Start ins neue Jahr hat so deutlich gemacht, dass hier etwas passiert ist. Eigentlich war der Plan mal gewesen, dass ich den ehemaligen Freund kurz nach Mitternacht von der Arbeit abhole und wir gemeinsam ins neue Jahr starten können.                 Im Endeffekt war ich alleine, habe die Silvestershow am Brandenburger Tor geschaut und habe mit meiner Schwester über whatsApp die Beiträge kommentiert. Und mich dabei ertappt, dass das gar nicht so schlecht ist. Und als die Raketen über der Stadt in den Himmel gestiegen sind habe ich mich gefragt, was es für mich bereithalten würde, dieses neue Jahr.                 Beruflich bin ich von der Intensivstation erstmal zurü