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Es werden Posts vom Juni, 2023 angezeigt.

Von einem Coaching - Termin

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Montagmorgen. Frau des Oberarztes. Es geht weiter um den Freund. „Naja, das hat dann letzten Dienstag nicht so cool geendet“, höre ich mich sagen. Und berichte ihr, dass er sich wieder nicht sicher war, ob wir uns weiterhin sehen sollten. „Ich glaube, es ist gar nicht mal dieses ständige potentielle Verlassenwerden von ihm. Das haben wir seit einem Jahr. Das Ding ist einfach, dass das so Vieles irgendwie reaktiviert und mich jedes Mal komplett hilflos macht. Also gefühlt zumindest. Ich versuche mir das nicht anmerken zu lassen. Ich komme mit den meisten Menschen irgendwie zurecht. Aber mit ihm ist das eine absolute Herausforderung.“ Und dann hole ich ein bisschen weiter aus. „Das mit den Bindungen in meinem Leben ist so eine Sache. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals eine stabile Bindung hatte oder zumindest eine Bindung zu irgendwem, bei der ich mich nicht verbiegen musste, um dort bleiben zu dürfen. Aber das war meistens doch sehr subtil. Bis ich wirklich begriffen habe, da

Vom vorerst letzten freien Wochenende

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Ein freies Wochenende bei mir zu Hause. Und bis wir Ende August auf der Hochzeit eingeladen sind, ist das neben den Wochenenden um meine Urlaubswoche herum das einzige freie Wochenende bis Ende August. (Ich habe nochmal in der Statistik nachgeschaut, ob da Wochenendarbeit auch bilanziert wird und nein, wird sie nicht. Und dennoch sind es immer noch immer dieselben, die fast jedes Wochenende die Klinik hüten). Also habe ich mir vorgenommen, dieses Wochenende zu genießen. Und ich habe ich es genossen. Tatsächlich ist es fast ein bisschen so, als würden mit der Enge des Kontaktes zum Freund auch die Schwierigkeiten von damals zurückkommen. Auch auf kleiner Ebene. Ich habe es schon damals nicht gemocht, ständig bei ihm zu sein, während er beinahe nie bei mir ist – ich mag meine Wohnung nämlich auch. Also habe ich am Samstag erstmal eingekauft (ein bisschen schwierig, wenn man nicht weiß, ob der Freund jetzt diese Woche zu Besuch kommt oder nicht; aber dann muss er halt selbst nochmal los,

Von Job, Sicherheiten und Vertrauen

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Der Oberarzt der Stroke Unit und ich sitzen zusammen vor dem Monitor und schauen uns die MRTs von diesem Nachmittag an. Wir kommen bei einem der Patienten aus meinem letzten Dienst an. „Hätten Sie den lysiert unter den Umständen, die wir hatten?“, frage ich. „Nein Mondkind. Schon im ersten MRT hatte er einen Infarkt, der sowohl in der Flair als auch in der Diffusion zu sehen war. Da wäre das Einblutungsrisiko zu hoch gewesen.“ Jetzt hat er ein neues MRT bekommen – er hat nämlich vor unseren Augen mit der Symptomatik ordentlich nachgelegt. Der neue Schlaganfall ist gar nicht so groß – aber an einer ungünstigen Stelle. „Der dienstplanverantwortliche Oberarzt hat gesagt, in Anbetracht der schweren Symptomatik hätte er lysiert“, gebe ich zu bedenken. „Fragst Du fünf Leute, wirst Du fünf Antworten kriegen. Das war eine Grenzfallentscheidung. Eine Lyse wäre auf jeden Fall ein Risiko und nicht leitliniengerecht gewesen, obwohl ich auch eine solche Entscheidung in dieser verzweifelten Situatio

Von einem Tag im Dienstfrei

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Dienstagmorgen. Ich sitze neben dem Kollegen in der ZNA. Die Übergabe auf der Station habe ich schon gemacht, aber mir hängt die Nacht noch ordentlich in den Knochen. Selbst mit mittlerweile schon einigen Jahren Diensterfahrung gibt es immer wieder Fälle, bei denen man der Zeit irgendwie nur hinterher rennt. „Komm Mondkind – geh nach Hause“, sagt der Kollege. „Du darfst nicht vergessen – wir haben auch noch ein Leben. Beschäftige Dich heute nicht mehr so viel damit – ich schreib Dir heute Abend, was raus gekommen ist.“ „Eigentlich wollte ich pünktlich gehen“, sage ich. „Dann mach das“, entgegnet er. Ich fahre den PC in der ZNA herunter, recherchiere in unserem Arztzimmer doch noch kurz und gehe dann wirklich. Manchmal lässt einen dieser Job nicht los. Es ist einfach so. Nach vier Stunden Schlaf über den Mittag bin ich am Nachmittag erstaunlich fit. Manchmal komme ich nach so einem Dienst auch gar nicht auf die Füße. Auf heute habe ich mich allerdings auch ziemlich gefreut. Zunächst mal

Ein Urlaubsfeeling - Wochenende

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Vielleicht mögen wir das Ungeklärte Nur dran zu denken was so möglich wäre Nie zu sagen, was das für uns ist Bevor's ein Versprechen ist Wir sind so gut darin nicht anzukommen Ja, so schlecht darin zum Punkt zu kommen (Revelle – das Ungeklärte) „Mondkind, wo willst Du dieses Wochenende hin?“, fragt die Dienstärztin neben mir, mit der ich auch befreundet bin, als ich am Freitagabend langsam ungeduldig werde. Ich muss allmählich weg aus dieser Notaufnahme, wenn ich heute Abend noch zu einer halbwegs christlichen Zeit ankommen möchte. Ich sehe sie an, lächle verlegen und zucke mit den Schultern. „Mondkind…“, sagt sie. „Ich weiß manchmal nicht, ob ich Dich für Deine Geduld bewundern soll, oder ob ich das einfach dumm finden soll.“ „Ich weiß es manchmal auch nicht“, sage ich, fahre den PC herunter, wünsche ihr einen ruhigen Dienst und verabschiede mich ins Wochenende. Ich glaube, das ist das erste freie Wochenende seit dem Urlaub und irgendwie hat mir das Chaos der ZNA heute wenig ausge

Von Pirouetten und Mauern

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Wieder mal einen Dienst geschafft. Und gerade dann wenn ich Dienste mache, wenn es mir gar nicht so gut geht, ist das morgens doch noch so ein Anflug von Euphorie. So ein: Ich hab`s geschafft, wo auch immer die grauen Zellen dafür her kamen. Und manchmal bin ich mir doch dankbar, dass es in den „Notsituationen“ am Ende immer klappt, dass mein Körper, mein Hirn und ich funktionieren.   Das Leben ist merkwürdig geworden. Und manchmal weiß ich nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll. Ich spüre eine gewisse Distanz dazu, weil sonst die Seele darunter vermutlich einfach zerbrechen würde. Und gerade wenn man allein ist, muss man sich halt irgendwie selbst zusammen halten. Ich muss den ehemaligen Freund meistens überhaupt nicht fragen über diese andere Frau in seinem Leben; er erzählt das von ganz allein. Wofür ich – so sehr das auch in der Seele schmerzt – im Grunde recht dankbar bin, damit ich zumindest mal an einer Stelle nicht Rätselraten spielen muss. Und dann erzählt er. Dass er s

For the last time...

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Ich glaube, heute habe ich zum letzten Mal im Büro von der potentiellen Bezugsperson gestanden. Ich habe ihn um ein Ohr gebeten. Weil ich einen kleinen Rat brauche. Von Jemanden, der mal nicht drin hängt, in der Dynamik zwischen dem Freund und mir. Weil ich gern mal mein Erleben teilen würde. Mit wem, der mich schon lange kennt. Tatsächlich war das ja mit uns schon das letzte Jahr über sehr, sehr schwierig. In meiner Zeit auf der Intensivstation haben wir uns kaum gesehen, weil das auch schlicht nicht so einfach möglich war, zwischen den Häusern hin und her zu rennen. Und, weil ich ihm das ziemlich übel genommen habe, dass es seine Idee war, mich sofort nach der Klinik auf die Intensivstation rotieren zu lassen, wo doch ziemlich offensichtlich war, dass das die nächste Krise auslösen wird, wo ich mich doch gerade eben stabilisiert habe. Und dann war es ja auch seit dem Tod des Freundes so, dass er ziemlich unberechenbar geworden war. Dass da manchmal aus dem Nichts so vernichtende Komm

Ein kleines Statement

Weil es unter den letzten Blogposts so viele rege Diskussionen gegeben hat, dachte ich, ich verfasse mal einen kleinen Post dazu – weil die ja auch alle in dieselbe Richtung gehen und ich das nicht unkommentiert lassen möchte. Zunächst mal wird es langsam allein deswegen kompliziert, weil dieser Blog Grenzen wahren muss. Ich kann von mir erzählen und natürlich geht auch um Menschen, die mein Leben in entscheidender Weise prägen oder manchmal auch nur streifen, manchmal geht es um kurze Momente mit Menschen, die bewegen, aber natürlich kann ich hier nicht das Privatleben anderer Menschen ausbreiten. Deswegen wird es schwierig über etwas zu diskutieren, das nur in Teilen bekannt ist. Die Geschichte mit dieser anderen Frau ist um Längen brisanter, als ich das hier darstellen kann und bringt auch ganz viele Fragen zu uns beiden und wie das damals mit uns anfing ein bisschen neu – oder zumindest in einem anderen Licht – auf den Tisch. Ich wollte nicht umsonst unbedingt den Intensiv – Oberar

Von einem Arbeits - Brückentag und Bedürfnissen

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 Manchmal kotzt es mich einfach alles ziemlich an. So gereizt wie heute war ich sehr, sehr lange nicht mehr. Also wer schlechte Laune nicht vertragen kann, lässt es jetzt einfach mit dem Lesen.   Mittags gegen kurz nach halb 12. Ich sitze unweit der Klinik auf einer Bank und lese mein Buch fertig. Kurz bevor ich die Wohnungstür hinter mir zugezogen habe, ist mir noch eingefallen, dass ich vielleicht lieber ein Buch mitnehme, falls der Termin mit dem Oberarzt nicht klappt. Ich hatte das irgendwie so im Gefühl an einem Brückentag. Und leider war das so. „Frau Mondkind – ich muss gerade eine Tracheotomie machen und die stehen alle schon gewähr bei Fuß. Können wir das später machen?“, fragt er. „Natürlich, kein Problem“, entgegne ich. „Ich muss halt heute Nachmittag in der Notaufnahme sitzen – ich denke also die einzige Möglichkeit wäre, dass Sie vielleicht rüber kommen“, entgegne ich. „Alles klar, ich melde mich“, sagt er. Und irgendwie ahne ich, dass er das nicht tun wird.   Früher Nachm

Von einem Feiertag

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Zwar hatten wir schon im Vorhinein verabredet, dass der ehemalige Freund und ich sich von Mittwoch auf Donnerstag sehen, aber dass daraus ein Krankenbesuch nach einem Fahrradsturz wird, war dann doch nicht so der Plan. Also bin ich – wie sich das für einen gescheiten Besuch in so einer Situation gehört – mit Blümchen, Schokolade und Kuchen unterwegs zu ihm am Mittwochabend. Später sitzen wir beim Essen. Er erzählt mir, dass sich jemand in ihn verliebt hat. Jetzt sind die Umstände so, dass das nichts werden kann, von daher macht es mir keine großen Sorgen. Er fragt nur, ob er gleich nochmal telefonieren darf. Aber obwohl ich die Dame überhaupt nicht kenne, kann ich ihre Situation ein bisschen nachvollziehen und von daher ist das schon okay, wenn er nochmal kurz telefoniert. „Sag ihr einfach, Deine Freundin ist bei Dir, dann hat sich das Thema erledigt.“ „Darüber haben wir schon geredet – ob ich in einer Partnerschaft bin“, entgegnet er. „Und was hast Du gesagt?“, frage ich. „Dass ich ak

Vor einem Jahr...

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Heute vor genau einem Jahr. Ich kann mich erinnern, als sei es gestern gewesen. Wir saßen auf dem Sofa / Bett, was damals noch um 90 Grad gedreht im Raum stand. „Wir haben noch nicht über unseren Beziehungsstatus geredet“, merke der Freund an. Fünf Minuten später war das erledigt.  Und wir waren ein Paar. 4. Juni. Mitten in der Nacht. Aber schon nach Mitternacht. Für mich war diese Definition damals wichtig. Weil es eben mit dem verstorbenen Freund nie so genau definiert war. Was nach seinem Tod ein echtes Problem war. Damals dachte ich, das mit uns, das ist jetzt für immer.  Am Morgen danach habe ich ihn zum Bahnhof gebracht und als wir noch im Auto saßen und gewartet haben, dass es Zeit zum Losgehen ist, ist dieses Bild entstanden. Er ist damals zwei Wochen nach Italien gefahren. Das war hart damals; ich glaube für uns beide. Damals wussten wir noch nicht, dass dieses Wunder nur knapp sechs Monate halten wird. Dass es ein sehr kalter Dezembertag kurz vor Weihnachten wird, als die Bäu