Von einem Gespräch nach dem Dienst

Ich weiß gar nicht wie spät es ist, als ich den Berg hinter der Klinik hinab laufe. Auf jeden Fall weit nach dem Mittag. Eigentlich hatte ich hier viel eher entlang laufen wollen.
„Ich kann Dich heute leider nicht pünktlich gehen lassen – die Station ist voll“, hatte die Oberärztin um kurz vor 10 Uhr gesagt. Sie hatte Hintergrund bei meinem Dienst und weiß sehr gut, dass ich die ganze Nacht über alle Hände voll zu tun hatte.
Ich mag solche Dienste, bei denen der Trubel erst um 21 Uhr los geht, nicht besonders. Aber immerhin hatte da mein Freund noch Zeit vorbei zu kommen und etwas zum Abendessen mitzubringen und das wiederum war sehr schön. Die Zeit hätten wir sonst nicht gehabt und ich habe in an diesem Abend mal irgendwie recht nahbar und weich erlebt, was zuletzt nicht oft vorkam.

Ich fühle mich schon gar nicht mehr so richtig wie Teil dieser Welt, als ich durch das Gebäude husche und mich wenig später im Büro auf einen Stuhl fallen lasse.
„Sie sehen wirklich erledigt aus. Wie war die Nacht?“
„Arbeitsintensiv… - naja, ich bin schon immer froh, wenn das nachts nicht alles irgendwelche Eier sind und immerhin habe ich um 2 Uhr nachts eine VZV – Meningoenzephalitis raus gefischt. Die Patientin hat so viel herum genörgelt, dass sie nicht punktiert werden wollte, weil sie voroperiert ist an der Wirbelsäule, aber bei ihr hatte ich echt das Gefühl, dass sie etwas hat, deshalb haben wir uns dann auf einen Versuch geeinigt. Das hat mich dann noch mehr gestresst, aber ich habe es geschafft und der Verdacht hat sich dann bestätigt. Dann hatte ich frühs um sechs als achten Patienten der Nacht noch einen jungen Mann, der geschildert hat, dass er zuerst Flimmersehen auf dem rechten Auge hatte, dann Kopfschmerzen und dann noch eine Hemiparese entwickelt hat. Ich war mir zu 99 % sicher, dass er eine Migräne mit komplizierter Aura hat, aber das war die Erstmanifestation und ich wollte es dann doch nicht riskieren, dass die Schmerzen irgendwann weg sind und er die Hemi immer noch hat, dem habe ich dann noch ein Missmatch – MRT gemacht. Die Radiologen haben sich nicht gefreut kurz vor der Übergabe. Und dann hatte noch eine junge Patienten mit einer schweren Ataxie unter Hochdosis – Kortisontherapie Suizidgedanken entwickelt. Ich bin da aber mittlerweile echt ein bisschen entspannter. Natürlich nehme ich das sehr ernst, die fressen auch tendenziell viel Zeit und ich bete immer, dass der Alarm in den Momenten nicht los geht, aber ich habe mich da entspannt neben das Bett gesetzt und dann sollen die erstmal arbeiten und überlegen, was gerade los ist. Solange wie ich daneben sitze, kann ja nichts passieren.“
„Und was ist bei Ihnen gerade los? Ich habe den Eindruck, dass sich da Einiges in Ihrem Kopf bewegt nach dem, was ich diese Woche von Ihnen gehört habe.“
„Das war eine elegante Überleitung…“


„Ich glaube, es tritt schon immer noch viel in mir los, wenn ich mit Situationen hinsichtlich des verstorbenen Freundes konfrontiert bin, die ich aus der Perspektive noch nicht durchdacht habe. Aber als die Kollegin mir ihre Geschichte und ihre Erlebnisse erzählt hat, habe ich so sehr mich selbst in den ersten Tagen nach der Katastrophe gesehen und das hat viel ausgelöst.“ Sie bittet mich darum zu schildern was war. „Ich war im Prinzip nur damit beschäftigt Brände zu löschen. Ich saß auf der geschlossenen Station und meine Oberärzte wollten von mir wissen, wann ich wieder komme. Ich dachte mir damals, vielleicht sterbe ich einfach und komme nie wieder, aber das konnte ich natürlich nicht sagen. Meine Familie wusste nicht, dass ich zurück in der Nähe des Heimatortes war – die wussten ja auch nichts vom Freund, den sie auch niemals akzeptiert hätten. Und dann gab es da noch die Befürchtung, dass die Polizei mich vielleicht auch für schuldig halten könnte. Immerhin habe ich nichts gemacht und ihm mehr oder minder einfach zugesehen. Ich war mit allem beschäftigt – nur nicht damit, mich mit meiner eigenen Situation auseinander zu setzen.“
Ich schweige eine Weile. „Es war seltsam damals. Ich kann das bis heute schlecht in Worte fassen. Diese Gefühle. Es war, als würde ich innerlich verbrennen, oder der Schmerz mich auseinander reißen, einfach das Innen zerbrechen, es hat so weh getan, dabei ging es mir körperlich okay. Und trotzdem hatte ich das Gefühl, es gibt keinen Innen mehr. Und irgendwie fand ich es in der Situation damals okay, dass es war, wie es eben war. Ich hab ja schließlich auch gefehlt in der Arbeit, dass einem da die Menschen die Pistole auf die Brust setzen, erschien für mich vollkommen logisch. Und dieses merkwürdige Versteckspiel mit der Familie war zwar schon irgendwie ein trauriger Höhepunkt in unserem zwischenmenschlichen Umgang, aber irgendwie auch nichts Neues.“
Ich schweige eine Weile, setze mich ein bisschen um, seufze tief und schließe kurz die Augen. Solche Gespräche sind schon anstrengend ohne 24 – Stunden – Dienst vorher. „Ich glaube, mir wird jetzt erst klar, wie krass das damals war. Und ich glaube, es geht nicht um Selbstmitleid, oder dass mir jemand bestätigt wie schlimm das war, sondern darum, dass ich dringend etwas gebraucht hätte, das ich nicht hatte. Ich hätte einen Ort gebraucht, an dem ich sicher hätte sein können. Oder – vielleicht keinen Ort. Menschen, die mich hätten unterstützen können. Ich bin unglaublich dankbar, dass es Psychiatrien gibt – vielleicht wäre das sonst wirklich anders ausgegangen, aber dass so ein System auffangen musste, weil es sonst nichts gab, das ist schlimm. Und kein Ohr, das ich im Jetzt habe kann das wieder gut machen, das damals gelaufen ist und wie mit mir umgegangen wurde.“

Wir reden darüber, was solche Situationen heute im Innen auslösen. „Ich glaube, es sind schon ähnliche Gefühle wie damals. Nur etwas abgeflacht. Es fühlt sich immer noch so an, als würde das Innen einfach auseinander brechen. Ich habe keine besseren Worte dafür.“
„Es passt halt nicht mehr in die heutige Zeit“, sage ich irgendwann. „Was passt nicht mehr?“, fragt sie. „Naja, diese Zustände. Die ersten zwei Jahre war das ja fast ununterbrochen so. Das was heute alle paar Wochen oder Monate passiert, ist damals mindestens wöchentlich passiert. Der Alltag bestand fast nur aus Symptomen klar kriegen, funktionieren, überleben. Ich habe auch super viel verpasst, beziehungsweise einfach nicht gemacht.“

„Glauben Sie nicht, dass Ihnen das ein stückweit zusteht, nach allem was war?“
„Ich würde es vielleicht gern glauben…“
Ich spüre die Unruhe in mir. „Das fühlt sich einfach an, als würden da zwei Welten aufeinander prallen. Im Heute ist ja eigentlich alles gut. Ich habe einen Freund – mit dem es nicht immer einfach ist, aber wo ist es das schon – ich habe einen Job und verdiene mein Geld – gerade bin ich nicht ganz glücklich, aber das kann ich ja ändern. Ich würde mal sagen, das ist so das „Durchschnittsstandard – Leben“ – und wir müssen jetzt nicht über die Begriffe „normal“, „Durchschnitt“ oder „Standard“ diskutieren, ich weiß schon, dass das recht individuell ist, aber… ich hasse das einfach sehr, dass es immer noch eine Stelle in meinem Leben gibt, an der ich so verletzlich bin, so bedürftig, mich so wenig regulieren kann.“
„Vielleicht wäre therapeutische Unterstützung in dem Thema doch eine gute Option für Sie. Und ich weiß, Sie haben das alles x-mal durchgekaut, Sie kennen alle Argumentationsschleifen, aber es geht da um eine emotionale Verarbeitung.“
„Ich weiß ja, dass Sie Recht haben, aber das fühlt sich schon an wie ein Zugeständnis an all die Menschen, die der Meinung waren, dass ich sowieso mein Leben nicht auf die Reihe bringen werde.“
Sie schaut mich eine Weile an. „Manchmal bin ich mir nicht ganz so sicher, ob nicht Ihre Ursprungsfamilie eine größere Rolle dabei spielt, wie es Ihnen geht und wie Sie mit dem Verlust Ihres Freundes umgehen.“
„Ich kann einfach nicht mehr mit meiner Familie. Ich glaube ich bin irgendwann zu der Einsicht gekommen, dass da nicht mehr viel zu retten ist und dass ich okay damit bin. Aber mit der Familie hat schon Vieles angefangen. Ich bin so lange dort geblieben, bis gar nichts mehr ging und erst als ich mir das dann etwas von der Ferne anschauen konnte, ist irgendetwas in mir komplett zusammen gebrochen. Es hat nicht etwa in der Situation – sondern in den Jahren danach – Jahre gegeben, in denen ich mehr in der Psychiatrie als sonst irgendwo war. Damit war es dann natürlich auch mit der Familie definitiv vorbei, weil die Niemanden akzeptieren konnten, der so „lebensuntauglich“ ist. Und auch das war aber ein Spagat alles. Die Behandler haben mich schon irgendwie machen lassen, soweit es ging – ich glaube auch, um mich in diesem System zu halten - ich habe nur ein halbes Jahr im Studium verloren, mehr hätte ich auch nicht akzeptieren können. Und trotzdem hatte ich mich so wenig im Griff, konnte mich so wenig regulieren, dass es immer wieder Wochen gab, in denen ich alle zwei Tage in der Ambulanz herum saß. Wir haben streckenweise über betreutes Wohnen gesprochen, weil das natürlich die vorgesehenen Kapazitäten echt gesprengt hat.
Ich fühle mich bis heute schuldig, dass der Freund mich nicht hätte halten können. Ich hatte ihn, ich war dankbar, er konnte mich auch unterstützen, aber er konnte das nicht für mich lösen und heute kann ich oft nicht verstehen, wieso es mir so unglaublich schlecht ging, wenn er doch da war. Und er hat das alles mit mir mitgemacht. Ich habe nicht ein Mal gehört „du bist mir zu krank“ oder „ich kann nicht mehr mit Dir.“ Stattdessen hat er immer nach Möglichkeiten gesucht, wie man mich besser unterstützen könnte. Und als es bei ihm drauf ankam, war ich eben nicht da. Der Ort hier war eigentlich meine letzte Idee, um irgendwie aus diesem System raus zu kommen. Irgendwo einfach nochmal neu anfangen. Die Wenigsten haben geglaubt, dass das funktionieren könnte und der Freund fand es damals ziemlich wahnwitzig diese enge psychologische und psychiatrische Betreuung einfach aufzugeben, denn das es hier kein Backup gibt, war klar. Am Ende war es für mich aber doch richtig. Ich war ja ein dreiviertelstes Jahr hier unten, bis das mit dem Freund passiert ist und in der Zeit bin ich echt stabil geworden irgendwie. Nur, dann war ich eben hier, als er mich gebraucht hätte. Und sein Tod hat natürlich alles wieder kaputt gemacht. An ein normales Leben war danach nicht mehr zu denken.“

Ich fühle mich heute echt wie so eine Schlange, die sich zwischen ihren Gefühlen windet. „Ich weiß es nicht. Auf der einen Seite haben die mir da echt das Leben gerettet, das glaube ich tatsächlich, auf der anderen Seite hat es auch viel kaputt gemacht. Für meine Familie war das so etwas wie Hochverrat. Ich meine, ich war dann immerhin volljährig, ich konnte tun was ich wollte, aber trotzdem. Das hat ja alles schon viel früher angefangen. Offensichtlich wurde es dann ja mit der Anorexie, so mit 13, 14 Jahren. Obwohl meine Schwester da noch mehr dabei war, als ich. Unsere Mutter hat damals irgendwie gedacht das funktioniert wie bei einer somatischen Erkrankung, oder wir müssten nur einfach mal ermahnt werden oder was weiß ich, was die Idee war. Jedenfalls waren wir genau ein Mal beim Arzt diesbezüglich mit unserer Mutter zusammen und als die Ärztin dann erklärt hat, dass das eine schwere psychische Erkrankung ist, die therapeutisch behandelt gehört und dass es nicht so einfach ist und das Familiensystem wohl mit einbeziehen wird, wurde darüber nie wieder gesprochen – obwohl klar war, dass es Bedarf gibt und ich auch mehr als bereit gewesen wäre. Man hört ja nicht einfach auf zu essen, weil man nichts Besseres zu tun hat. Aber das hätte diese „perfekte Familie“ kaputt gemacht. Unsere Mutter hat es dann versucht selbst zu regeln und natürlich war das ein Schuss in den Ofen, aber auch der späteste Zeitpunkt an dem klar war, dass Befindlichkeiten und Emotionen da keine Rolle spielen können und dürfen. Es dümpelte dann vor sich hin mit der Essstörung. Und dann habe ich die Frechheit besessen und bin Jahre später doch mal beim Psychiater aufgekreuzt. Manchmal glaube ich, das war der einzige Grund, warum das mit dem Studium eventuell doch Sinn hatte. Das lief nämlich alles über die Uni damals. Bis dahin hatte ich mich allerdings so an meine 45 Kilo gewöhnt, dass mir nicht mal aufgefallen ist, dass denen das noch bevor ich irgendetwas sagen muss, zuerst auffallen wird.“
„Und bis dahin hat sich so viel angestaut, dass Sie wie ein Kartenhaus zusammen gefallen sind“, ergänzt sie.
„So ungefähr ja. Das war eigentlich nicht ganz der Plan. Nicht in dem Ausmaß.“

„Ich glaube, ich kann langsam etwas nachvollziehen, wie es Ihnen mit der Idee einer Therapie geht. Letzten Endes – wenn Sie Psychosomatik machen wollen – müssen Sie ja eh Selbsterfahrung machen.“
„Tatsächlich käme ich damit wahrscheinlich sogar besser zurecht“, erwidere ich. „Weil es dann einfach eine andere Motivation hätte. Könnte ich mir zumindest einreden.“
„Und was wäre es sonst?“
„Ich weiß, dass es bekloppt ist, aber ich hätte wieder einen Eindruck, Dinge kaputt zu machen. Wie gesagt, es läuft gerade ganz gut. Nach Außen betrachtet. Wahrscheinlich ist da nicht jeder so krass verurteilend unterwegs wie meine Eltern, aber allein ich hätte ein blödes Gefühl damit.“

Wie es gerade in der Beziehung so ist, will sie wissen.
„Naja, er hat sich jetzt echt mal bemüht, das muss ich ihm wirklich zugestehen. Gestern Abend hat er Abendessen gekocht und auf die Arbeit gebracht. Nachdem er das mit dem Frühstück vergeigt hat, zu dem wir verabredet waren, aber wenigstens fängt er mal an, das dann auch zu merken. Und gleichzeitig ist er halt ein Chaot und wir kriegen unsere Wochenenden nicht organisiert. Dieses arbeitet er, Nächstes arbeite ich, übernächstes könnte ich frei kriegen, die Kollegin könnte meinen Dienst nehmen, weil ich ihren gemacht habe, als sie krank war, hat sie mir heute gesagt, aber da ist er verplant.
Nächste Woche hat er wieder Nachtdienst und nach den letzten zwei Nachtdienstwochen, die komplett eskaliert sind, habe ich entschieden, ich mache einfach mal Spätdienst in dieser Woche. Das ist nicht nur praktisch, weil ich die Spätdienste eh irgendwann machen muss, sondern auch Abgrenzung. Ich erlebe das seinerseits auch als klare Abgrenzung, dass er mich in den Nachtdienstwochen mittlerweile gar nicht mehr beachtet – obwohl es vorher immer heißt, dass er doch da Zeit hat – dass ich das jetzt einfach auch mal nutze. Ich kann nicht mehr immer abends warten, ob er kommt oder nicht. Jetzt arbeite ich halt einfach abends. In einem Nebensatz hat er mal erwähnt, dass er das jetzt nicht cool findet, aber wir haben uns in den letzten beiden Nachtdienstwochen auch nicht gesehen und gehört. Diesmal ist das wenigstens vorher klar – das hilft mir schon und ansonsten ist ja nichts anders, als wir es kennen. Also er soll sich jetzt mal nicht beschweren.“
„Naja entspannt klingt das jetzt auch alles nicht.“
„Ist es auch nicht. Der Weg, bis das alles mal auch nur im Ansatz so läuft wie ich mir das vorstelle, wird noch sehr weit sein. So wir überhaupt je ankommen.“

Und dann weine ich schon wieder. „Mein Leben ist einfach ein riesengroßer Chaoshaufen. Ich bemühe mich so sehr, dass alles okay ist, aber wahrscheinlich müsste ich dazu einfach die ersten 26 Jahre davon vergessen dürfen.“
Und dann höre ich wieder ganz viel Validierung. „Sie machen das wirklich gut alles“, sagt sie an irgendeiner Stelle und irgendwie erinnert es mich gerade sehr an die vielen Nachmittage in der Ambulanz, an denen ich oft das Gefühl hatte, dass dieses Gebäude gerade sicher ist und ich dort beruhigt atmen kann, obwohl in mir so viel Chaos ist.
„Eigentlich sollten wir hier gar nicht sitzen“, sage ich irgendwann. „Ich möchte wirklich, dass es Ihnen besser geht und wir müssen uns Gedanken machen, wie wir das hinkriegen. Ich wünsche mir wirklich für Sie, dass Sie die Dinge die Ihnen passiert sind bearbeiten und annehmen lernen können und ein Umfeld etablieren können, das Ihnen dabei hilft. Ich weiß nicht, ob das so hilfreich ist, wenn Sie sich verzweifelt an Ihrer Idee von „normal“ versuchen. Es muss nicht mehr so schlimm werden, wie es mal war. Vielleicht können Sie therapeutische Begleitung einfach als Hilfe verstehen und darauf vertrauen, dass Ihr jetziges Umfeld das auch tut. Sie sind so gut mit Ihren Patienten umgegangen und es wäre schade, wenn Sie selbst sich das nicht zugestehen können.“
Ich nicke still. „Und jetzt sehen Sie mal zu, dass Sie ins Bett kommen. Ich habe nächste Woche Urlaub, aber die Woche danach können wir uns gern nochmal sehen, wenn Sie mögen.“
„Danke“.

Auf dem Heimweg denke ich, dass der Nachmittag eigentlich ein „Post – Therapie – Café- Date“ wert wäre. „Aber Du bist nicht mehr hier und mein jetziger Freund ist ein Chirurg, für dessen Pragmatismus ein stundenlanges Café – Date und psychologisches Philosphieren gleich zwei Punkte sind, die nicht funktionieren.“
Was ist eigentlich, wenn das alles nicht funktioniert? Wenn mein Gehirn und meine Seele einfach zu kaputt für das normale Leben sind? Der verstorbene Freund und ich haben uns so gut verstanden, weil wir in unseren Ursprungsfamilien ähnliches erlebt haben. Weil wir nichts erklären mussten.
Aber heute ist alles anders. Heute sind wir nicht mehr die mittellose Studentin und der Langzeitarbeitslose, der irgendwie ständig Stress mit dem Jobcenter hat. Heute sind wir ein Ärztepaar, das die Dinge im Griff haben sollte. Ich fühle mich manchmal so verloren in dieser Rolle. Als könnte ich das nie sein.

Mondkind

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