Hello my Love - my Westlife - story
Dass es so schnell geht, hätte ich jetzt doch nicht gedacht... ;)
Neue Musik! Da schlägt das Mondkind - Herz doch ein bisschen höher...
Westlife löste sich auf, genau als ich mit meinem Studium anfing. Nach
dem Abi hatten meine Schwester und ich es gerade noch geschafft für die letzten
beiden Konzerte nach Dublin zu fliegen. Lange war fraglich, ob es überhaupt
passen würde, da auch damals die mündlichen Prüfungen innerhalb eines gewissen
Zeitraums stattfanden. Wären wir ganz am Ende dran gewesen, hätte es nicht
geklappt.
Drei Tage nach dem Abi – immer noch schlapp von der monatelangen
Lernphase – saßen meine Schwester und ich im Flieger nach Dublin.
Am 22. Juni 2012 waren wir zwei von den tausenden Leuten im Croke
Park, die dort im Regen standen und die letzten Stunden der Band feierten. Der
Band, die mich durch so viele schwierige Zeiten getragen hatte. Am Tag darauf
haben wir uns im Kino die Live – Übertragung des allerletzten Konzerts
angesehen.
Und damit endete dann viel. Unsere Schulzeit, einige Freundschaften,
die sich damit auflösten. In gewisser Hinsicht verschwand auch ein Ort, der
Sicherheit geboten hat – denn das war die Schule für mich auch gewesen – und eben
die Westlife – Zeit.
Aber wie hatte das damals eigentlich angefangen mit der Liebe zu
dieser Band? Es war rückblickend betrachtet ein holpriger Weg und es hat einige
Charterfolge gebraucht, bis ich die Puzzleteile zusammen fügen konnte.
Ich kann mich erinnern – als wir Kinder waren – haben wir mit unseren
Eltern sonntags nach dem Mittagessen immer die Charts angeschaut. Das war
irgendwann um die Jahrtausendwende und ich war damals meist weniger von den
Liedern, als viel mehr von den Videos angetan. Im Jahr 2000 kam die Cover –
Version von „Uptown girl“ in die Charts. Ich fand das Video immer so genial, in
dem die Mitglieder der Band als Barkeeper unterwegs waren. Das wollte ich nämlich
ganz früher mal machen – in einer Bar arbeiten (zum Leidwesen meiner Eltern…)
Im Jahr 2002 habe ich meinen ersten CD – Player bekommen, nachdem der
alte Kassettenrekorder den Geist aufgegeben hatte. Um das neue Gerät gleich
nutzen zu können, habe ich auch eine CD dazu geschenkt bekommen. „RTL megastars“
oder wie sich das damals nannte. Die Lieder, die ich gut fand, habe ich auf
Dauerschleife gehört – allerdings habe ich mich selten mit den dazugehörigen
Interpreten beschäftigt. Auf der CD war „World of our own“ von Westlife. Es
lief hoch und runter – wochenlang, ohne dass ich mir bewusst gemacht hätte,
welche Band dahinter steckt.
Zwischenzeitlich hatte ich in einer Zeitschrift mal ein Interview der
Band gelesen. Ich fand weniger den Inhalt, als vielmehr die Namen interessant. „Shane“
hatte ich bis dahin noch nie gehört und auch „Kian“ war mir noch nicht unter
gekommen. Von Irland hatte man bisher maximal etwas im Englischunterricht
gehört… - aber es war irgendwie ein Interview, in dem die Band sehr sympathisch
und sehr nah am Leben rüber kam.
Ein Jahr später – 2003 – kam die Cover – Version von „Mandy“ raus.
Unsere sonntägliche Fernsehstunde war aufgrund schulischer Aktivitäten schon
zusammen geschrumpft, aber ich wollte von meinen Eltern immer gerufen werden,
wenn dieses Lied kam.
Erst dann fügte ich die Puzzleteile zusammen. Dachte zurück, dass „Uptown
girl“, „World of our own“ und „Mandy“ von derselben Band waren und dass
das Interview auch dazu gehörte.
Ich bat meine Mutter damals alle CDs, die sie von der Band finden
konnte, aus der Bücherei mitzubringen und von dort an war Westlife aus meinem
Leben nicht mehr weg zu denken.
Einige Jahre später führte uns unser Vater in die Welt von „Youtube“
ein. Ich war ganz fasziniert davon – musste man vorher die Eltern um jedes
Lied, das man gern hören wollte anbetteln, konnte man nun alles hören, was man
wollte. Ich habe sämtliche Interviews, die es von Westlife gab, hoch und runter
gehört und als Nebeneffekt hat sich mein Englisch innerhalb weniger Monate
signifikant verbessert.
Von dort an liefen während der Hausaufgaben oft die Touren der Band
hoch und runter. Natürlich mit Kopfhörern, denn Musik während man arbeitet… -
das geht ja gar nicht.
Ab dem Zeitpunkt wollte ich jeden Song und jede CD sofort haben, wenn
sie veröffentlicht wurden und es war immer ein ganz großer Moment, wenn mein
Vater abends nach Hause kam und die neue CD aus seiner Aktentasche zog. Die
erste Nacht – da konnte man sich drauf verlassen – lief bei mir die neue Musik
hoch und runter.
Bald hatte ich den Wunsch, auch ein Konzert zu besuchen. Aber meine
Schwester und ich waren noch jung – zu jung, um dort allein hinzugehen.
Westlife kam selten in Deutschland vorbei. Einmal war es sogar angekündigt,
aber dann wurde das Konzert abgesagt. Und ins Ausland fliegen wollten unsere
Eltern mit uns dafür nicht – deshalb blieb es vorerst ein Traum.
Nach und nach wurde ich älter und nachdenklicher und auch Westlife
wuchs aus seinem „Boyband – Image“ heraus.
In dem Jahr in dem sich meine Eltern getrennt hatten, kam das Album „Back
Home“ heraus – was sehr passend war, um die Gefühle die ich nicht ausdrücken
konnte, mit Hilfe der Musik zu verarbeiten. „Home“ wurde meine Hymne. Das Lied
gab es nur zu ausgewählten Zeiten zu hören – nämlich freitagnachmittags immer
dann, wenn wir abends zu unserem Papa fuhren. Es ist ein Lied, das bis heute
untrennbar mit dieser Situation „zwischen den Eltern“ von damals verbunden ist.
Allerdings hat es während meiner jahrelangen Suche nach einem „zu Hause“, die
bis heute noch nicht abgeschlossen ist, auch eine ganz andere und neue
Bedeutung bekommen.
„Im already there“ war ein Lied, das schon früh meine Einsamkeit
aufgegriffen hat. „I'm the beat in your heart, I'm the moonlight shining down,
I'm the whisper in the wind, And Ill be there until the end“ waren schon damals
Zeilen, die mich bewegt haben und die mich haben hoffen lassen, den Weg nie
ganz allein gehen zu müssen. „Us against the world“ hat mich glauben lassen, dass
ich es eines Tages schaffe auch alleine und gegen den Rest meines Umfelds einen
Weg zu finden und „You must have had a broken heart“ hat einen schützenden
Mantel um dieses Herz aus Glas gelegt, das damals schon zu viele Sprünge hatte.
2009 kam dann „where we are“. Und auch hier gab es wieder so viele
Lieder, in denen ich mich wieder fand. Die mir dabei geholfen haben, diffuse
Stimmungen in Gefühle zu verwandeln, zu verstehen, was mir da eigentlich immer
fehlt und die mich haben hoffen lassen, dass es irgendwann anders wird. „The
difference“ hat mich bewegt mit Zeilen wie „Between lost and found You showed me the difference“ und „No more heros“ mit „You'll never
be alone, when there are no more heroes“, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Musik, die immer in dieselbe Kerbe schlug, mich immer wieder aus
meinem Winkel abholte, in dem ich gerade fest hing. Die manchmal das
verstärkte, das ohnehin schon da war, ohne dass ich es hätte benennen können
und manchmal wie ein Licht in der Dunkelheit war.
Zwischenzeitlich wollte ich das Land sehen, aus dem die Band kam. Wo
waren sie aufgewachsen, wo hatten sie ihre Kindheit verbracht, wo formierte
sich Westlife, die damals noch Westside hießen, wo waren die Anfänge in den kleinen Locations? Der erste
Urlaub mit unserem Vater nach der Trennung führte uns nach Irland. Leider
werden diese Erinnerungen auch immer untrennbar mit dem Kleinkrieg meiner
Eltern verbunden sein, da meine Mutter der Sache bis zur letzten Minute einen
Strich durch die Rechnung machen wollte. Sicher, dass es funktioniert war ich
eigentlich erst, als wir in Eindhoven am Flughafen saßen.
Und wenig später setzen wir das erste Mal unsere Füße auf die grüne
Insel. Eine Woche ist unser Vater mit uns durch fast ganz Irland gefahren. Wir
haben so viel gesehen und erlebt, dass es zweifelsohne einer der besten Urlaube
meines Lebens war. Es gab so viele neue Eindrücke und so viel zu sehen, dass
ich die ganzen privaten Sorgen vergessen konnte. Bis in das kleine Örtchen
Sligo hatte uns unsere Tour geführt – ein Ort, der untrennbar mit der
Geschichte Westlifes verbunden ist.
In Dublin hatte ich das „Great Famine – Denkmal“ gesehen und die
Geschichte Irlands begann mich so sehr zu interessieren, dass ich sogar meine
Facharbeit in der Schule über einen Teil der irischen Geschichte schrieb.
Ein ganz großer Moment waren die „Cliffs of Moher“ – eine der höchsten
Steilklippen Europas. So verrückt wie unser Vater ist, hatte er uns bis ganz
nach vorne an die Felsen krabbeln lassen. Die Arme ausgestreckt über dem
Abgrund, die Möwen weit unter uns. Schon damals war ich psychisch extrem
angeschlagen, hatte zwischenzeitlich viel mit Suizidgedanken zu kämpfen – was meine
Eltern nicht wussten und was ich zu dem Zeitpunkt auch noch nicht einordnen
konnte. Neben der Tatsache, dass das der Adrenalin – Kick schlechthin war, war
das der Moment in dem ich mir dachte: „Mondkind, es wäre einfach. Nur ein „falscher“
Schritt und es wäre vorbei. Keine Quälerei mehr.“ Aber in diesem Moment ist mir
klar geworden: „Es ist so wunderschön gerade – und wer weiß, was alles noch
kommt. Diese eine Woche hier, wiegt so viel auf, was davor schief gelaufen ist.
Und wenn ich irgendwann von zu Hause los komme… - vielleicht gibt es ein Leben
da draußen…“ Es waren Gedanken, nicht laut ausgesprochene Worte, an die ich
mich jahrelang – bis heute – erinnere. Es war damals eine bewusste Entscheidung
für das Leben. Und einmal getroffene Entscheidungen sollte man nicht mehr hinterfragen.
Dann sollte man es einfach machen. Dieser eine Moment war streckenweise das
einzige Argument, was mich noch Jahre danach am Leben erhalten hat.
Die nächsten Jahre sollten mich immer wieder mal nach Irland führen.
Ich war auf der Suche nach diesem Gefühl von damals. Bei diesem ersten Urlaub
dort. Gefunden habe ich es nie mehr so richtig.
2010 kam „Gravity“. Den Song „Safe“ höre ich bis heute mehrmals die
Woche.
„Difference in me“ ist ein Lied, über das ich unzählige Tränen
vergossen habe, weil ich hoffe, dass ich das irgendwann mal endgültig sagen
kann. Es ist ein Zitat, das ich immer im Kopf habe für den Moment, in dem ich
meinen Weg gefunden habe, sich das Durchhalten gelohnt hat, die Zuversicht
gesiegt hat.
„Hello
happiness
Tell me where
you've been
I missed the
sound of your voice
I missed the
touch of your skin
It's no
secret I'm Not who I used to be
Anyone can
see
You're the
difference in me“
Ehrlicherweise muss man sagen, dass es mir im Sommer 2012 in der Zeit,
in der die Existenz der Band in den letzten Zügen lag und wir nach Dublin
geflogen sind, um daran teilzuhaben, nicht besonders gut ging. Das Ende der
Schulzeit stellte einen bedeutenden Einschnitt dar. Unsere Eltern hatten ihre
Pläne, was wir studieren sollten und mein Versuch eines mutigen Vorstoßes
zumindest in einer ganz anderen Ecke von Deutschland studieren zu dürfen, wurde
untergraben. Finanziell sei es alles nicht machbar. Von
Finanzierungsmöglichkeiten wie Bafög oder Krediten hatte ich damals keine
Ahnung und mit meinem Abischnitt hätte ich vermutlich an jeder Uni einen
Studienplatz bekommen – das Abi war einfach „zu gut“, um von zu Hause raus zu
kommen.
Der Traum, den ich immer hatte, blieb auf wenige Augenblicke begrenzt.
Der Traum, mit vielen anderen tausend Menschen, die die Westlife genauso feiern
wie ich, die Musik fühlen zu können. Die Bässe so stark, dass das Herz sich dem
Takt der Bässe anpasst, die Stimmen der Sänger so laut, dass sie alles andere
im Kopf übertünchen und es nur die Musik und mich gibt.
Ich hatte zu viel Chaos im Kopf, daher war das ein Zustand, den es
während des Konzertes nur wenige Augenblicke gab. Aber es gab ihn. Und ein
weiterer Wunsch ist wahr geworden: Ich habe „Mandy“ zum ersten Mal live gehört.
Wer mich kennt weiß, warum das für mich etwas ganz Besonderes war.
Beinahe ein ganzes Studium liegt dazwischen und plötzlich ist die Band
wieder da. Die „Westlife – story“ geht weiter.
In all der Zeit hat nicht ein einziges Lied meinen mp3 – player verlassen
(und ja, ich habe immer noch denselben, wie vor 10 Jahren – ist zäh, das Teil).
Zwischenzeitlich habe ich die Lieder nicht mehr so oft gehört, weil sie sich
irgendwann ein wenig „abnutzen“ und dann etwas Pause zwischendurch ganz gut
tut, um die Bedeutung der Lieder wieder zu spüren.
Ich hoffe, meine Sammlung wird sich in den nächsten Jahren noch sehr
erweitern. Und ich hoffe auf den Croke Park eines Tages… - das wäre doch etwas.
Nach Abschluss der Schule und nach Abschluss des Studiums. Ein bisschen, als
würde sich ein Kreis schließen…
Und das hier müsst Ihr Euch anhören – im Nachhinein wirklich sehr
amüsant…
Mondkind
Bildquelle: Link
Kommentare
Kommentar veröffentlichen