Zwischenstand



Irgendwie hatte es doch nicht funktioniert hier den ein oder anderen Eintrag zu veröffentlichen. Dafür ist das Internet in der Klinik einfach zu schlecht.

Und jetzt habe ich nach 3 Wochen das erste Mal einen Tag, an dem ich nicht nur zwischen den Mahlzeiten raus darf, sondern auch über Mittag weg bleiben darf.
Das gibt mir erstmals die Möglichkeit nach über 2 Monaten zurück an meinen Wohnort zu fahren.

Es ist ein wenig merkwürdig, wieder in der Welt unterwegs zu sein. Auf den Schienen zu fahren, die die Menschen hinaus in die Welt verteilen und mich immer lediglich zwischen meinem Wohnort und meiner Unistadt hin und her geführt haben. Mit dem Bus zu fahren und die mechanisch – montone Stimme zu hören, die eine Bushaltestelle nach der anderen verkündet und die in meinem Kopf eigentlich mehr mit Erinnerungen an Morgende und Abende verbunden ist, in denen ich im Halbschlaf in die Bücher geschaut habe.
Und dann bin ich zurück in Cronenberg. Schaue mich in dem Zimmer um, das ich vor mehr als zwei Monaten verlassen habe. Eine dünne Staubschicht zieht sich mittlerweile über die Oberflächen.

So sehr ich in der Klinik auch versucht habe die Uni aus dem Kopf zu bekommen – sie hängt doch in allen Winkeln meines Lebens.

„Sie müssen sich doch vorkommen, als seien Sie auf dem Mars gelandet“, stellte unser Stationspsychologe letztens fest und irgendwie hat er Recht. Ich war so sehr in meiner eigenen Welt gefangen, dass ich vom Leben da draußen kaum etwas mitbekam.

Und wie sieht er nun aus – der Stationsalltag?
Morgens um 6:45 Uhr werden wir geweckt, eine halbe Stunde später ist Morgenrunde, in der wir den Pflegern über Schlaf und Stimmung Rückmeldung geben müssen.
Nach dem Frühstück verschwinden wir dann in unseren Therapien. Vier Mal in der Woche ist Visite, zwei Mal beim Stationsarzt, ein Mal beim Psychologen und ein Mal ist Oberarztvisite. Wenn zwischendurch noch etwas ist, dürfen wir uns dann auch noch mal beim Arzt melden. Längere Gespräche beim Psychologen muss man aktiv einfordern, sonst bekommt man den nicht zu Gesicht.

Es hatte ungefähr eine Woche gedauert, bis ich in allen Therapien drin war.
Sporttherapie ist dabei auf den ersten Blick am Vertrautesten. Das läuft ein bisschen wie der Sportunterricht in der Schule ab und es ist reichlich merkwürdig wieder den muffigen Geruch von einer Turnhalle zu riechen und auf den Bänken zu sitzen, die in jeder Turnhalle gleich ausschauen. Ein bisschen fühlt man sich zurück geschmissen in Schulzeiten.
In der Ergotherapie sollen wir kreativ werden. Ob wir malen, töpfern, gestalten oder ganz klassisch Körbe flechten ist unserem Therapeuten relativ egal. Ab und an zieht er sich einen raus, nimmt ihn mit ins Büro und spricht mit ihm. Er hat eine ganz eigene Art und die Gespräche haben mich schon wirklich in eine andere Richtung gelenkt.

Musiktherapie hat reichlich wenig mit Musik zu tun und war die ersten Male sehr befremdlich.
Zu Beginn der Stunde setzen wir uns zusammen und reden darüber, welche Stimmung wir heute mitgebracht haben. Anschließend versuchen 8 Leute verschiedene Stimmungen musikalisch umzusetzen und mit der Musik Bilder zu gestalten.
Dabei muss man mit einem gewissen Grad an Disharmonie durchaus leben, was vielleicht gerade denen, die in der Vergangenheit ein Instrument gespielt haben, reichlich befremdlich vorkommt. So auch mir. Aber man gewöhnt sich dran und es ist sehr erstaunlich, was da ungeplant dadurch, dass man aufeinander eingeht doch für Melodien entstehen.

Dann gibt es noch Gesprächsrunden und Selbstbeweihräucherungsrunden (jeden Freitag…).

So… und jetzt muss ich auch schon wieder zurück. Mal schauen – wenn ich nächstes Wochenende wieder hier bin, hört Ihr von mir!

Alles Liebe
Mondkind

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