Happy Birthday to Heaven

Mein lieber Freund,
herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag erstmal.
Wo auch immer Du bist hoffe ich, dass Du feiern kannst. Ich weiß gar nicht, was ich Dir wünschen soll, weil ich nicht weiß, wie die Welt aussieht, in der Du jetzt lebst. Aber ich wünsche mir einfach für Dich, dass es Dir gut geht, dass Du ohne Angst leben kannst, dass Du nicht so viel vermisst und ohne große Sehnsucht leben kannst. Ich wünsche Dir, dass Du glücklich bist und bleibst.

Es ist das dritte Jahr ohne Dich.
Den Brief habe ich den ganzen Tag ein bisschen vor mir her geschoben, weil ich so wenig weiß, was ich schreiben kann. Ich habe manchmal das Gefühl, unser beider Welten müssen sich so sehr verändert haben, seitdem wir uns das letzte Mal begegnet, sind dass ich keine Ahnung habe, was ich Dir heute erzählen kann.
Was beschäftigt Dich heute? Und sind die Dinge, die mich heute beschäftigen nicht auch völlig andere? Wir wären sicher gewachsen miteinander über die Jahre, aber nachdem wir beide so lange alleine unterwegs waren – mittlerweile schon mehr als die Hälfte der Zeit, die wir uns kannten – vielleicht sind wir heute doch verschieden.

Das Wetter war schön heute, langsam wird es doch Frühling. Langsam steht die Welt wieder auf, die ersten Bäume sind grün, die ersten Pflanzen schon verblüht und ich hätte den Tag heute mit Dir gern am Fluss an unserem Lieblingsplatz gesessen.

Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann mal sagen werde, dass diese Nachmittag und Abende am Fluss inmitten dieser generellen Unsicherheit, in der wir gelebt haben, die besten Zeiten waren. Aber vielleicht beweist das so gut, dass es Sinn macht, immer nur im Moment zu leben. Wir können halt nicht wissen, was in ein paar Monaten oder Jahren ist, so gut, wie wir es auch planen mögen. Denn manchmal hat das Schicksal eben andere Pläne. Und dann müssen Momente, die auf dem Durchgang entstanden sind, für immer bleiben.
Ich besuche bald die Studienstadt – zumindest habe ich das fest vor – und dann trinke ich einen Kaffee für Dich mit, dort am Fluss. Okay?

Weißt Du, was ich mich manchmal frage: So von Deinem Standpunkt aus, von dort, wo Du jetzt bist: Bist Du okay mit Deiner Entscheidung? Würdest Du das wieder so tun? Ist der Platz, an dem Du jetzt bist friedlicher, als dieses Leid in dem Du so lange gelebt hast?


Happy Birthday to Heaven 💜


Zu mir… - naja, so toll läuft es nicht. Der ganze Scheiß holt einen immer wieder ein, oder? Damit ist nicht nur das mit Dir gemeint, sondern dass eben generell viel schief gelaufen ist. Mein Oberarzt war lieb. Immerhin hat er mir keine Schuld in die Schuhe geschoben oder mir unterstellt, dass ich einfach nur nicht wollen würde. Er hat davon gesprochen, dass „wir Sie gerne weiter unterstützen“ (mit „wir“ waren seine Frau und er gemeint) und wir gerne auch weiter reden können und er auch weiterhin tut, was er kann, aber dass er mir ab diesem Punkt auch nicht mehr viel helfen kann. Dass da ein professionelles Helfersystem ran muss. Und naja… - meine Idee ist, dem sehr geschätzten Herrn Psychiater zu schreiben. Du kennst ihn ja auch noch… Der leitet jetzt die Covid – Ambulanz, habe ich letztens gesehen, da gibt es sogar ein Interview von ihm. Ich glaube, die letzte Mail, die ich ihm geschrieben habe, hast Du noch gegen gelesen? Kann das sein? Ich war immer so nervös, wenn ich solchen Leuten Mails geschrieben habe… - jetzt muss ich das alleine rocken. „Du bist doch so redegewandt Mondkind“, würdest Du jetzt sagen.
Du darf ich was fragen: Meinst Du das hört je auf? Du warst so viel länger als ich in diesem Psychiatrie – System. Hast Du da mal wirkliche Erfolgsgeschichten erlebt? Die meisten würden wohl schon sagen, dass ich eine bin. Immerhin bin ich heute selbstständig, erwerbstätig und habe es ja auch streckenweise ganz gut im Griff. Aber ich fühle mich nicht wie so ne Erfolgsgeschichte…

Ansonsten… - der Stress ist noch nicht weniger. Nächste Woche habe ich zwei Dienste, der Montagmorgen beginnt mit einem Zahnarzttermin (Du weißt, wie viele Panikattacken mich das im Schnitt so kostet), die Besetzung ist so schlecht, dass wir teilweise Doppelschichten machen. Aber ich habe auch echt viel erledigt in diesem Monat. Irgendwie möchte ich alles fertig bekommen. Einfach nur so. Ich weiß gar nicht warum.

So Hase… - dann mal Dir noch weiterhin einen feinen Tag.
Ganz viel Liebe in Richtung Universum
Mondkind


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