Querverbindungen zwischen Job und Privatleben

Freitag.
Am Nachmittag sind wir statt der üblichen acht Leute, die es normalerweise in unserer Sektion gibt, nur noch zu Zweit. Einer der beiden Psychologen bei uns mit – zum Glück – schon sehr langjähriger Berufserfahrung und ich. Im Großteam hat er mich strategisch neben sich platziert um zu verdeutlichen, dass wir an diesem Nachmittag absolut unterbesetzt sind. Und weil ich ihm zugeraunt habe, dass wir keinen Oberarzt mehr haben und ich noch eine Patientin mit Bauchschmerzen oben liegen habe, stellt er der Chefin die Frage, an wen wir uns denn wenden können, wenn es noch ein Problem gibt. Alle grübeln eine Weile. „Die Dienstoberärztin von heute“, kommt irgendwann als Antwort.
Ansonsten geht es im Großteam heute viel um das Thema Suizidalität und in die Vorfälle der Woche, in die die Klinik verwickelt war. An „normalen“ Tagen kann ich das irgendwie aushalten, aber heute habe ich fast einen Fluchtimpuls in diesem Großteam. Und irgendwie schwant mir allmählich: Das wird noch ein Problem alles.

Der Nachmittag geht dann aber erstmal stressig weiter. Der Psychologe ruft mich nochmal an. „Mondkind, ich habe so viel zu tun und heute geht noch eine Patientin aus einer Gruppe dessen Bezugstherapeut krank ist. Kannst Du ein Abschlussgespräch machen?“ Nicht, dass ich so etwas je gemacht hätte. „Ja kann ich“, antworte ich. „Ich schicke Dir die Patientin sofort“, entgegnet der Psychologe. Auf dem Weg zu der Patientin überlege ich mir, was ich überhaupt besprechen möchte. Vielleicht, wie sie den Aufenthalt im Gesamten bewertet, sie könnte nochmal reflektieren, was sie für sich mitgenommen hat. Dann sollte ich vielleicht abklopfen, ob sie sich für zu Hause schon eine Tagesstruktur überlegt hat, ob sie ein paar Termine oder sonstige Verabredungen hat. Und ob sie schon mit ihrem ambulanten Therapeuten gesprochen hat und schon wieder Termine gemacht hat, ob sie schon einen Termin beim Hausarzt hat…
So lange dauert all das nicht. „Haben Sie noch irgendetwas auf dem Herzen? Wollen Sie noch etwas ansprechen – wir haben noch ein bisschen Zeit“, frage ich am Ende. Sie möchte nichts mehr ansprechen.
Schon meine erste Wochenabschlussgruppe am Morgen war ziemlich kurz angebunden und ich frage mich ein bisschen, ob das nur damit zusammen hängt, dass die Patienten mich nicht kennen und es natürlich ziemlich blöd ist ein Abschlussgespräch zu führen mit einem Menschen, den man in der Therapie nur mal irgendwo kurz gesehen hat, oder ob ich irgendwie abschreckend wirke.

Der Patientin mit den Bauchschmerzen geht es im Tagesverlauf nicht wirklich besser und die Anamnese gefällt mir überhaupt nicht. So plötzlich einsetzende starke Schmerzen mit vegetativer Begleitreaktion… - und eine Schmerzpatientin ist sie eigentlich nicht. Ich rufe die Oberärztin an. „Ich frage mich, ob ich noch versuchen sollte, sie hoch auf den Campus in die Gynäkologie zu schicken“, sage ich. „Sie wissen wie schwierig das ist, da oben zum Freitagnachmittag eine gynäkologische Vorstellung zu bekommen, oder?“, fragt die Oberärztin. Ich glaube, sie ist ultra – genervt, dass sie jetzt schon, vor der Dienstzeit, behelligt wird. „Ich kann es ja versuchen. Sonst machen wir erstmal Labor und U – Status, aber so richtig gefällt sie mir nicht“, entgegne ich.
Ich rufe an der Rezeption an und lasse mich mit der Gynäkologin verbinden, die ich zum Glück aus Diensten kenne und für die ich auch vor nicht so langer Zeit im Dienst eine Patientin gesehen habe, die ziemlich eindeutig nicht – neurologisch war. Ich schildere den Fall. „Schicken Sie sie hoch über die ZNA“, sagt sie. Also schreibe ich einen Konsilschein, lasse die Pflege einen Transport organisieren, rufe in der ZNA an um sie anzumelden, wo ich noch kurz mit der Kollegin von der Anmeldung quatsche, die ich auch kenne und dann wird die Patientin schon abgeholt. Am Ende wollen die Gynäkologen sie über das Wochenende sogar behalten. Da war der Riecher wohl richtig. Denn oft ist es ja gar nicht so einfach zu entscheiden: Was ist psychosomatisch und was ist wirklich somatisch?

Herbstsonntage und Begleiter langer Telefongespräche
 

Am Abend haben dann der ehemalige Freund und ich ein langes Gespräch. Ein sehr langes. Ich glaube zweieinhalb Stunden, oder so.
Erstmal musste ich ihm natürlich unbedingt von meinen ersten, kleinen Erfolgen erzählen. Die erste Gruppe, die ich leiten durfte, das erste Abschlussgespräch, das ich führen durfte. Er ist der Einschätzung, dass ich da sicherlich schon viel richtig gemacht habe und die Zurückhaltung der Patienten wohl tatsächlich damit zu begründen ist, dass die mich halt nicht kennen. Oder nicht so therapiemotiviert sind. Oder beides. „In ein paar Monaten wirst Du noch dankbar sein, wenn die Gruppe nicht viel erzählen möchte“, prophezeit er.

Und dann geht es ganz viel um den verstorbenen Freund. „Irgendwie ist das wie mit so einem Lichtschalter. Wenn irgendwer das Wort „Suizid“ erwähnt, dann geht der direkt an. Und das wird täglich erwähnt.“ Dann ist es so, als würde man in einem Raum, der normalerweise dunkel ist, an dem man vielleicht mittlerweile auch mal vorbei gehen kann, ohne immer rein zu schauen, direkt wieder das ganze Chaos sehen. Und all die Dinge anschauen, die immer noch ungeklärt und nicht integriert sind und über die ich irgendwann einfach aufgehört habe, zu sprechen. Weil es halt irgendwie keinen Sinn mehr hatte. Und weil ich auch die wenigsten Dinge dauerhaft annehmen konnte.
Ich habe aktuell nicht den Eindruck, dass das für die Patienten ein großes Problem ist. Ich bin da sehr distanziert, sowohl den Patienten, als auch den Kollegen gegenüber. Ich höre mir ein „Sie wissen nicht, wie das ist“ an, ohne es aus einer persönlichen Sicht zu kommentieren. Natürlich habe ich ein Auge auf unsere Trauernden. Natürlich konnte ich dem Patienten, der vor zwei Wochen erzählt hat: „Ich glaube, ich habe das nach drei Wochen Therapie alles schon etwas besser verpackt und es geht in die richtige Richtung“ kaum trauen, weil ich weiß, dass das in Wellen läuft. Natürlich wollten wir es ihm alle glauben, aber es hat mich auch nicht gewundert, dass er diese Woche nochmal ordentlich eingebrochen ist und festgestellt hat: „Ich dachte, ich wäre weiter.“
Aber ich merke, ich habe schon lange wieder angefangen die Geschichte mit dem Freund, seitdem ich in der Psychosomatik bin, wieder Abend für Abend durchzukauen. Und da merke ich einfach mittlerweile eine große Unsicherheit. Ich kann mich an die Neuro erinnern und an meine Schwierigkeiten, in die „ersten Dienste“ einzusteigen. ZNA, Stroke Unit, Kurzliegerstation und das komplette Bettenhaus alleine in der Nacht zu führen – das war mir zu viel Verantwortung. Und irgendwann habe ich mal einen Podcast von einem Neurologen gehört, der erzählt hat, dass es super tolle und kompetente Neurologen gibt, die aber am Ende des Tages den Job in der Klinik trotzdem nicht machen können, weil sie die Dienste nicht packen aus einer persönlichen Blockade heraus. Denn man kann kein Assistent in einer Klinik sein, ohne Dienste zu machen. Da habe ich mich sehr drin wieder gefunden damals und das war für mich eine ganz starke Motivation zu sagen: „Ich möchte eine gute Neurologin werden, also muss ich über diese Blockade drüber hüpfen.“ Hat dann ja auch geklappt. Mit der Psychosomatik ist es aktuell ein bisschen ähnlich. Ich bin sehr begeistert von diesem Fach, es macht mir Spaß, ich gehe jeden Tag motiviert auf die Arbeit – wenngleich ich die letzten zwei Wochen nach dem Infekt etwas erschöpft war, aber das ist ja erklärbar und ganz langsam wird es zum Glück wirklich besser. Aber ich habe ein bisschen Sorge, dass diese persönliche Betroffenheit mir am Ende ein bisschen das Genick bricht, weil ich es nicht gut aushalten kann, weil das ordentlich Druck macht, weil es die letzten Tage ziemlich gekocht hat.

Der ehemalige Freund meint, dass die Lösung des Problems entweder eine gescheite Supervision oder eine ambulante Therapie bedeutet. Rational und intellektuell habe ich das mittlerweile ganz gut verpackt, aber das könne man auch aus tiefenpsychologischer Sicht gut und gern als Abwehrmechanismus interpretieren. Aber es müsste eben nochmal „durchgefühlt“ werden, sagt er. Ich weiß es nicht. Ich habe jetzt nicht so den Plan, wie man eine Supervision organsiert; über die Klinik wahrscheinlich nicht, weil die mich ja bisher gar nicht so in die Therapie miteingebunden haben – obwohl man natürlich auch im ärztlichen Dienst offensichtlich trotzdem etwas mitbekommt. Und weil ich das in der Klinik auch erstmal nicht im Personal wissen möchte, auch wenn es externe Supervisoren gibt. Diese externen Supervisoren leiten auch monatliche Balint – Gruppen, aber a) weiß ich nicht, ob das der richtige Ort ist, b) sitzen da eben Kollegen drin. Was eine Therapie anbelangt… - mit welcher Diagnose soll ich denn dahin? Und da ist das alte Problem des überdimensionalen Therapeutenmangels, insbesondere auf dem Land. Und die Frage, an welcher Stelle des Tages ich zu Uhrzeiten, an denen auch irgendwer arbeitet, regelmäßige Termine wahrnehmen soll. Aus genau diesem Grund hat ja auch die Frau des Oberarztes die Zusammenarbeit vorerst beendet. Da bin ich jetzt nicht ganz traurig drüber, aber eben das ist das Problem.
Und gleichzeitig habe ich ein sehr hohes Interesse daran, die Problematik in den Griff zu bekommen, weil ich vermeiden möchte zu der Erkenntnis zu kommen, dass ich die Psychosomatik richtig gern mag, aber aufgrund einer persönlichen Betroffenheit nicht dort arbeiten kann.

Es herrscht auch weiterhin eine große Uneinigkeit in mir, was die Bewertung der Ereignisse um den Tod des Freundes angeht. Der ehemalige Freund schlägt vor, dass ich die Schuld eben einfach auf mich nehme – dann ist sie verteilt. Zumindest anteilsmäßig. Und da dürfe es durchaus Diskrepanzen zwischen der realistischen und emotionalen Beurteilung geben. Ich glaube, das hat er mir nicht zum ersten Mal so gesagt. Und trotzdem: Wie hoch ist diese Schuld? Die Möglichkeiten, was ich hätte tun können und nicht getan habe, bewerte ich ungefähr jede zweite Woche anders. Das ist alles weiterhin im Fluss.
Kürzlich habe ich in dem Buch, das mir der Psychosomatik – Oberarzt ausgeliehen hat das Kapitel zum depressiven Grundkonflikt, zu den Formen der Verarbeitung und zu den resultierenden Krankheiten gelesen, wenn diese Verarbeitung dekompensiert. Da kommt man natürlich am Ende unter anderem bei der Suizidalität raus und im Kapitel zur zunehmenden Dekompensation wird zunächst in der präsuizidalen Situation eine tiefe Abhängigkeit von bedeutsamen Menschen in der Umgebung beschrieben, über die noch eine Stabilisierung des labilen Selbstwertgefühls erreicht werden kann. Aber wenn sich dann dieser Mensch abwendet, kann es ganz schnell kritisch werden. Und das muss nicht unbedingt ein realer Verlust sein, steht dort geschrieben, sondern es reiche schon irgendeine Art von „Eigenbewegung“ dieses Menschen oder eine Unaufmerksamkeit. Und da sieht man, wie dieses zwischenmenschliche Geschehen auf die Goldwaage gelegt wird. Ich glaube, ich werde nicht vergessen, wie der ehemalige Freund ganz spontan am Abend bevor ich aus der Studienstadt nach Hause gefahren bin, weil ich dort gerade einige Tage auf Besuch war, aus der Psychiatrie entlassen wurde. Das kam unvorbereitet für mich, er war dort mit einem Beschluss und hat es irgendwie geschafft, den aufheben zu lassen – ich glaube, er hat still gehofft, dass das einen Tag eher passiert, wollte mir das aber als Entlassung durch die Ärzte verkaufen, weil er genau wusste, dass ich schimpfen werde, wenn er gegen ärztlichen Rat geht. Und in der Klinik hatte ich ihn in den Anfängen der Corona – Zeiten ja nicht besuchen können, daher hatten wir uns nicht gesehen. Ich war an den Zug am nächsten Morgen gebunden und der ist nicht wie üblich – über die Studienstadt – gefahren, sondern über eine andere Stadt in der Nähe. Ich habe ihm gesagt, wenn er das irgendwie organisiert bekommt, können wir uns auf den Bahnhof treffen, aber ich muss los, weil ich am Tag danach wieder arbeiten muss. Der Urlaub war damals so blöd geplant, dass ich würde eine Woche inklusive des Wochenendes davor arbeiten müssen und dann wieder Urlaub hätte. Ich habe ihm erklärt, dass wir uns dann sehen. Und trotzdem hatte ich irgendwie das Gefühl das zu fühlen, das er fühlt. Jetzt war er nach knapp zwei Monaten aus der Psychiatrie raus, ich war noch in der Stadt, als er die Klinik verlassen hat und wir hatten es trotzdem nicht geschafft, uns zu sehen. Mich hat das schon auch frustriert, aber ich wusste, es kommt die zweite Urlaubswoche. Allerdings befürchte ich, dass er genau das als „Unaufmerksamkeit“ aufgefasst hat, als ein „jetzt lässt die mich weiterhin alleine“ und dass das diese weiterhin sehr instabile Situation wieder ins Rollen gebracht hat. Am Ende des Absatzes steht noch geschrieben, dass dieses erlebte Verlassenwerden durch die Bezugsperson als Kränkung und Bloßstellung erlebt wird und letzten Endes der dadurch ausgelöste Hass die autodestruktive Wendung gegen sich selbst auslöst. Hass ist schon ein starkes Wort irgendwie in dem Zusammenhang…
Ich glaube oft wirklich, wäre ich geblieben und nicht gefahren, dann hätte er das vielleicht in dieser Situation überlebt. Was danach gekommen wäre, weiß ich nicht, aber für den Moment hätte er es wahrscheinlich geschafft. Und so unmittelbar im Tod eines anderen zu stecken, ist schon hart.

Interessant finde ich aber auch, dass sich – glaube ich – mein Verständnis von Therapie ein bisschen geändert hat. Ich habe letztens mal in einem Buch gelesen, was Patienten von Therapie wollen und was Therapeuten von Therapie wollen. Und das kann man schon übereinander kriegen – nur ist das von Patientenseite eher emotionaler Natur und von Therapeutenseite her eher fachlicher Natur. Der Patient möchte weniger Leidensdruck, ein Verschwinden der Symptome, dass es ihm besser geht, vielleicht auch, dass er sich ein bisschen versteht. Der Therapeut möchte zuerst mal eine Bewusstwerdung von Bedürfnissen und Gefühlen, eine Bewältigung struktureller Einschränkungen, um über die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte dann zu einem Neubeginn zu kommen.
Und irgendwie habe ich den Eindruck, dass das nicht schlecht wäre, in einer Therapie diese Interessenslagen zu berücksichtigen und auch zu sehen, wie die Kollegen das sehen. Wir sind gerne für die Patienten da. Aber die Patienten sollen eben irgendwann selbst fliegen können und sich nicht auf ewig in diesem therapeutischen Setting bewegen und versuchen, ihre Bedürftigkeit dort auszuleben und zu befriedigen. Und ich glaube, da muss ich Therapie auch noch ein ganzes Stück anders begreifen. Die Anbindung an die Ambulanz in der Studienstadt hatte ja schon einen eindeutigen Ersatzcharakter und ich hatte auch nie vor in meiner Studentenzeit, diesen sicheren Ort, der mir manche Erfahrungen ermöglicht hat, die ich in der Familie nicht hatte, herzugeben. Heute komme ich auch gut ohne die Ambulanz zurecht, aber wenn ich in der Studienstadt bin, haben Termine dort schon etwas von einem „nach Hause kommen“. So ein bisschen wie: „Jetzt erzählen wir Mami mal, was wir gemacht haben in der Zeit, in der ich nicht da war.“ Vielleicht ist das nicht verwerflich, aber ich glaube, bewusst sollte es einem sein. Und vielleicht verhindert dieses Bewusstsein auch eine übermäßige Bindung in diesem therapeutischen System und an den Therapeuten.
Keine Ahnung, ob das so Sinn macht. Habe ich mir nur mal so überlegt…

Mit dem ehemaligen Freund ist es übrigens auch sehr interessant. Mittlerweile ist das wirklich auch teilweise ein fachlicher Austausch. Ich frage ihn manchmal, was er mit Patienten macht, die in Krisen rutschen, wenn denen bewusst wird, dass die Entlassung auf dem Plan steht. Ob er Dinge mit nach Hause nimmt. Wie er sich abgrenzt. Ich beschreibe ihm, wie ich mit Patienten interagiere und frage ihn, ob ich es richtig mache. Ob das für ihn einen Mehrwert hat zu sehen, wie es in anderen Psychosomatiken zugeht und wie ich meine ersten Baby – Schritte in der Psychosomatik mache weiß ich nicht, aber er sagt er unterhält sich gern mit mir. Und er ist auch weiterhin eine große Stütze, was den verstorbenen Freund anbelangt und war glaube ich neben dem Herrn Kliniktherapeuten der zweite Mensch, der zumindest viele Einzelheiten der Geschichte kennt.
Im Prinzip hat das etwas von den sehr vermissten Café – Dates. Ich liebe diese Art von ehrlichem Austausch, dass ich eben sein kann, wie ich bin, nichts verstecken muss und mir mein Gegenüber auch mit einer gewissen Emotionalität begegnet und begreift, was wir da hin und her bewegen.
Und während ich mir gestern Abend gedacht habe, dass ich den Anfang meiner psychosomatischen Karriere gern mit ihm zusammen erlebt hätte, wird mir klar, dass ich es ja mit ihm zusammen erlebe. Nicht mehr als Paar, aber eben trotzdem zusammen. Und eigentlich ist das doch sehr praktisch mit uns beiden. Wir haben eben die nächste Stufe von zwischenmenschlicher Verbindung nicht gemeinsam bewältigen können, also sind wir eben eine Sprosse zurück gesprungen. Und da das Thema Sexualität in einer Freundschaft in praktischer Ausführung nichts verloren hat und die Einstellung hinsichtlich Beziehungskonstellationen auch keine große Relevanz hat, können wir mit einer Freundschaft gut die Dinge umschiffen, wegen derer wir uns trennen mussten. Und was übrig bleibt ist das, was auch schon vorher da war: Eine Sympathie, eine emotionale Bindung. Wir hätten das alles einfacher haben können, aber es war auch okay das auszuprobieren.

Mondkind

Kommentare

  1. Das ist echt nicht böse gemeint, aber ich denke, du solltest dringend Supervision in Anspruch nehmen. Ob du das langfristig für dich nochmal bearbeiten willst oder nicht, ist eine andere Frage, aber wenn du jedesmal bei dem Wort Suizid innerlich aufschreckst, siehst du da nicht die Gefahr, dass es an schwierigen Tagen passieren könnte, dass du z.b. vermeidest das Thema ausführlich bei einem Patienten abzufragen?
    In der Supervision könntest du zu mindest erarbeiten, wie du auf der Arbeit damit umgehen kannst.

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    1. Hallo,
      Da habe ich heute im Tagesverlauf wirklich drüber nachgedacht.

      Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob ich mich ein bisschen überschätze oder mich auf einen etwas zu hohen Sockel stelle, aber ich glaube nicht, dass ich dahin komme die Patienten nicht dazu zu befragen, weil ich es nicht aushalte. Ich kann schon professionell meine Arbeit machen und es dreht sich dann im Kopf, natürlich, aber das kann ich unabhängig davon sehen.
      Eher glaube ich sogar, dass sich über die Zeit, in der ich mich ja auch viel mit dem Thema Suizidalität auseinander gesetzt habe, eine gewisse Sensibilität für dieses Thema entstanden ist, auch dann, wenn es nicht seitens des Patienten ganz offen kommuniziert wird – auch wenn ich natürlich nicht den Anspruch erheben möchte, das immer zu bemerken - auf keinen Fall.
      Ich denke, ich würde lieber früher als später nochmal den Oberarzt anrufen, den Patienten nochmal fragen, weil meine große Angst natürlich auch ist, nochmal etwas zu verpassen. Und dass ich mir dann vorwerfen muss: „Wieder nicht genau hingeschaut Mondkind.“

      Aber das ist natürlich nur meine eigene Wahrnehmung der Geschichte, ich kann die anderen ja schlecht dazu befragen, wie die mich im Zusammenhang mit diesem Thema erleben. Kann sein, dass die Fremdwahrnehmung eine andere ist.

      Ich werde aber vielleicht wirklich mal zusehen, dass ich mich zumindest mal um eine Supervision kümmern kann. Zum Einen ist es mir persönlich wirklich ganz doll wichtig, diesen Job gut zu machen. Es interessiert mich wirklich und ich habe so von diesem System profitiert; ich möchte auch lernen, etwas zurück zu geben. Und zum Zweiten – ich habe auch gerade diesen Monat reflektiert, wie viel Einschränkung diese Geschichte weiterhin bedeutet. In allen Bereichen des Lebens. Und vor allen Dingen auch, wie schwer Beziehungen mit dieser Geschichte im Hintergrund zu führen sind und ich für mich persönlich wünsche mir ja schon, glücklich zu werden. Und zu diesem Glück gehört für mich eine Partnerschaft und die Gründung einer eigenen Familie. Aber ich glaube, das geht nur, wenn man irgendwann Frieden damit findet. Ansonsten wird jedes Ereignis in dieser Partnerschaft immer auch ein bisschen Verbitterung und Schuld sein.

      Mondkind

      Btw: Ich kann wieder kommentieren... auf einem anderen Browser zwar, aber immerhin... ;)

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