Vom Knall am letzten Tag des Jahres

Der Jahresrückblick braucht noch kurz.
Wenn es gut läuft, morgen.
Wenn es schlecht läuft, bis Ende der Woche.

Der Tag gestern hat das Vorhaben ziemlich aus dem Takt gebracht.

Dass der Kardiochirurg und ich nochmal reden müssen, war schon Weihnachten klar. Aber ich wollte diese Tage nicht für eine Auseinandersetzung nutzen. Dann vielleicht Anfang nächsten Jahres, wenn die Feiertage alle durch sind.

Leider wurde dieser Plan vorher torpediert.

Als ich über den Jahresrückblick nachgedacht habe ist mir eingefallen, dass er bei allen sozialen Events seitdem wir uns kennen,  – wenn man das so nennen kann – maximal marginal anwesend war und dann auch eher physisch. Letztes Jahr Weihnachten war eine Katastrophe, über Silvester habe ich extra einen Dienst übernommen, damit wir zusammen in der Klinik sein würden. Über Ostern haben wir uns nicht gesehen, weil der in der Zeit Nachtdienstwoche hatte und dann immer vollkommen von der Bildfläche verschwindet. Zu meinem Geburtstag hätte er eigentlich einen Dienst gehabt, den er nur auf viel Drängen meinerseits verschoben hat und einen Nachtdienst am Tag vorher draus gemacht hat, was jetzt auch nicht sonderlich gewinnbringend war, da er zu nichts zu gebrauchen war an meinem Geburtstag, weil er müde war. Dieses Weihnachten war er auch zwei von drei Tagen nicht da und dann hatte er noch die tolle Idee einen Rufdienst am 30.12 zu übernehmen. Man sollte dazu sagen: Man muss nicht jeden Dienst übernehmen, der einem vor die Füße geschmissen wird. Man darf auch mal nein sagen, insbesondere wo es ja eigentlich die Regelung gibt, entweder Silvester oder Weihnachten zu arbeiten und nicht zwei Jahre hintereinander beides zu tun. Und während ich für übernommene Dienste, die ich aber abspreche, immer einen Rüffel von ihm bekomme, obwohl ich nur solche nehme, an denen er ohnehin auch Dienst hat oder an Tagen, an denen sowieso nichts geplant ist, macht er das einfach so ohne zu fragen. Das hätte gut gehen können. Das  kann aber auch ziemlich in die Hose gehen und es ist voll in die Hose gegangen.

Die vorerst vorletzte mögliche Nacht, die wir gemeinsam hätten verbringen können, haben wir also nicht zusammen verbracht und den Tag heute kann man natürlich komplett knicken, weil er wirklich bis morgens im OP stand und die Nacht keine Minute geschlafen hat.

Ich glaube, heute Nacht ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, wie sehr mir das alles gegen den Strich geht, wie sehr dieses Jahr auch weh getan hat. Dass all die Momente, die hätten schön sein sollen, die ein zwischenmenschliches Zusammenkommen hätten sein sollen, das eben nicht waren.
Und ich kann schon Aufgaben auch übernehmen. Ich habe von Anfang an gesagt, ich kann für uns einkaufen gehen, wenn er am 30.12. arbeiten muss, aber dann müssen wir uns vorher gemeinsam Gedanken machen, was wir machen und essen wollen. Und natürlich ist das nicht passiert. Er hat sich dann einfach gar nicht gemeldet.
Natürlich tut es unendlich weh und gleichzeitig war ich heute Nacht sehr fein mit dem Gedanken, dass wir uns vielleicht trennen sollen. Weil es alles nicht mehr geht. Weil da zu viel Verletzung ist, zu wenig Interesse, zu wenig die Priorität bei mir liegt. Ich weiß, dass es mit unseren Dienstplänen immer schwer ist, aber konsequent gar nichts auf die Reihe zu kriegen, ist eben wirklich zu wenig und eine nicht ausgesprochene Entscheidung gegen die Beziehung. 


Er stand heute früh aber dann ziemlich reumütig bei mir auf der Matte – wahrscheinlich hat er selbst bemerkt, dass das jetzt ein bisschen zu viel war und hat mir irgendetwas erzählt von: Naja, er fühle sich überfordert, allem gerecht zu werden und er sehe das schon und wisse aber auch nicht so recht, wie er es machen solle.
Wir waren und sind heute beide echt fertig. Er von der Nacht und der OP, ich auch von der Nacht, dem vielen Weinen, dem Quetiapin irgendwann in den frühen Morgenstunden, als ich überhaupt nichts mehr reguliert bekommen habe. Das passiert selten mittlerweile – ein bis zwei Mal im Jahr, aber es kommt vor und die letzte Nacht war so ein Moment.
Von daher haben wir dieses Gespräch auf morgen vertagt. Ich glaube, das wird auch sehr viel Mut erfordern. Diesem Mann gegenüber zu sitzen, den ich immer noch sehr liebe (rational ist das nicht, aber seit wann ist die Liebe rational…?) und ihm aber auch zu sagen, wenn er wirklich für sich keine Idee findet, wie er sich mehr einbringen kann, dann ist das hier ein Ende. Ich kann das so nicht noch ein Jahr. Das nächste Jahr wird mit dem Facharzt ohnehin sehr herausfordernd (naja, das dachte ich von diesem Jahr auch, aber dazu an anderer Stelle mehr), da muss jetzt endlich mal Ruhe in diese Baustelle kommen. Entweder man ist bereit die Beziehung als Priorität zu setzen, oder man lässt es. Und selbst wenn man mal irgendeinen blöden Dienst faktisch übernehmen muss – kommt vor – kann man immer noch darüber sprechen, Lösungen finden, kreativ sein, anstatt das einfach so stehen zu lassen. Es wäre ja auch eine Möglichkeit, dass ich dann abends bei ihm in der Wohnung bin, etwas koche, das dann einfach stehen lasse und sind Bett gehe in dem Wissen, dass er sich schon irgendwann an mich dran schmiegen wird. Aber das würde alles erfordern, dass er minimal für diese Beziehung denkt und ob das möglich ist, wird er mir mal erklären müssen. 

Ich hätte mir den Übergang ins neue Jahr anders gewünscht... - zumal ich mir gedacht habe, dass ich die beiden Tage jetzt wirklich mal frei mache und nicht lerne, weil der Kopf das auch langsam nicht mehr kann. Praktisch war der Tag heute wirklich frei, aber schön war es nicht.

Mondkind

Kommentare

  1. Alles, alles Liebe, viel Selbstbewusstsein, viel für-sich-einstehen & Gute wünsche ich dir von ganzem Herzen für's Jahr 2025!! Du bist viel mehr wert, wie du denkst.

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