Die Sehnsucht nach dem Ich
What hell are you doin' here?
God, I missed that face for a couple of years
Last time it was covered in tears
Said, "I'm so sorry, " but then you disappeared
God, I missed that face for a couple of years
Last time it was covered in tears
Said, "I'm so sorry, " but then you disappeared
[…]
I say, "Oh, hello!
Haven't seen you for a long time
How you been, how you been, how you been? Say
How you been, how you been, how you been? Say"
Haven't seen you for a long time
How you been, how you been, how you been? Say
How you been, how you been, how you been? Say"
Hello, hello, hello
I know it's been a long time, my friend
I swear it's good to see you again
Hello, hello, hello
I know it's been a long time, my friend
I swear it's good to see you again
Hello, hello, hello
(Nico Santos - Oh hello)
Es
ist erst wenige Tage her, als ich das Lied zum ersten Mal gehört habe. Im
Prinzip gibt es absolut keinen Grund, es mit dem Dorf in der Ferne zu
verknüpfen. Und dennoch erinnert es mich irgendwie immer an den letzten
Frühling - die erste Begegnung zwischen dem Neuro – Oberdoc und mir seit ein
paar Jahren.Und irgendwie bewegt es mich bei jedem Hören. Stößt alles wieder an.
So
lange hatte ich mich auf diesen Moment gefreut und es war so schön, ihn wieder
zu sehen.
Wer
jetzt keine Nerven für Gedankenchaos, Sprünge und Negativität hat, hört jetzt
besser auf zu lesen – der Rest darf sich gern durch mein Wirrwarr schlagen.
Vielleicht lösche ich den Blogpost auch bald wieder, um meinen eigenen Blog
nicht vermüllen zu lassen. Aber es ist nun mal das, was gerade los ist.
Kann sich
noch jemand an den Blogpost „A reminder to myself“ erinnern? 👉 Kompletter Blogpost
"Ich
glaube, das größte Problem an den depressiven Phasen ist tatsächlich, dass man
glaubt, dass es nie mehr besser wird. Dass man die dunklen Tage für die
Wirklichkeit hält, anzweifelt, dass es die hellen Tage je gegeben hat und sie
eher für eine nachträgliche Idealisierung hält.
Vielleicht
ist es das, was die Depression für alle Beteiligten so schwierig macht. Ich als
Betroffene muss darauf vertrauen, dass die Menschen, die mich durch die
Dunkelheit führen Recht haben und es wieder besser wird. Und diejenigen die
mich halten, müssen die Negativität aushalten.
Ich
hoffe, dass ich mir selbst glauben kann, wenn die Tage wieder dunkler werden
und ich den Text lese. Und das nicht nur für eine Reihe von euphorischen
Hirngespinsten halte. Irgendwann wird auf die dunklen Tage immer ein Licht
folgen. Vielleicht läuft es manchmal nicht, wie ich das geplant hatte und wie
ich es mir wünschen würde. Aber egal wo und wie es nun auch weiter geht: Es
wird heller. Und das ist das, was am Ende zählt."
Meine
eigenen Worte. Und irgendwie kann ich das wirklich nicht glauben. Dass es diese
guten Tage je gegeben hat. Zeiten, in denen ich wie ein Wiesel über die
Stationen gehastet bin. Teil eines Teams. Nachmittage, die ich im Park verbracht habe. Augen für die Natur,
die ich versucht habe mit Fotos einzufangen.
Zumindest
streckenweise die Person, die ich immer sein wollte.
Ich
hatte heute Therapie. Im Vorfeld habe ich lange überlegt, was ich aus der
Stunde mache. Ich habe unzählige Male versucht einen Text zu schreiben, zu
erfassen, was in mir selbst gerade los ist. Aber es hatte absolut keinen
Erfolg.
Es
ist wie ein eingeeistes Fahrradschloss – der Gedanke kam mir letztens, als ich
morgens um kurz nach 6 in der Früh mal wieder mit dem Schloss kämpfte. Es gab
lange nicht mehr so viel Negativität, so viel „entrückt sein“ – im Fachjargon
auch Derealisation bezeichnet – von der Welt. So viel Gleichgültigkeit und
gleichzeitig Angst. Der sinnlose Versuch davor zu fliehen und Garantien
aufzustellen, wo keine sein können. Die Angst vor dem nächsten Morgen war lang
nicht mehr so groß, Suizidgedanken gab es schon eine Weile nicht mehr in der
Form.
Ich
habe mir überlegt, ob ich ihr einfach sage: „Ich kann nicht mehr.“ Denn so
fühlt es sich an. Aber was hätte das für einen Sinn? Was soll sie da machen?
Ich muss weiter gehen – das ist klar. Also kann ich die Stunde auch für „produktive“
Dinge nutzen.
Und
außerdem habe ich Angst, sie mit meiner Negativität einfach nur zu nerven.
Erstmal
habe ich deshalb meine OP – Erfahrung letzten Freitag zum Thema gemacht. Und,
dass mich die Chirurgie seitdem noch mehr stresst, weil ich Angst habe, dass es
nochmal passiert. Wir haben lange darüber geredet und sie hat mir erklärt, dass
ich nun mal das Pech habe, die Unerfahrenste im OP zu sein. Natürlich mache ich
Dinge falsch. Konstruktive Kritik ist da sicher richtig, aber nicht so ein
undifferenziertes, verbales Überfahren. Vermutlich war es einfach meine
Position im OP, die mich alles abbekommen hat lassen. Das wäre jedem anderen
Studenten auch so gegangen. Es war keine Kritik an mir persönlich, sondern eher
eine Methode den eigenen Druck auf Kosten von anderen etwas zu reduzieren. Ich
soll mir demnächst ein Schutzschild zwischen dem Professor und mir vorstellen, das
solche Sachen abfängt. Den Gedanken fand ich gut – das werde ich probieren.
Ansonsten
bin ich – befürchte ich – aktuell ein bisschen therapieunfähig. Mein Reden ist
leise geworden, meine Gedanken rennen immer dieselben Schleifen. Ich weiß,
dass ich mal Pause machen muss, wenn die medizinischen Fachbegriffe ohnehin vor
meinen Augen verschwimmen. Ich weiß, dass ich raus an die frische Luft gehen
sollte, dass ich Freunde treffen sollte, dass ich zumindest telefonieren sollte
und hin und wieder ein paar Achtsamkeitsübungen einbauen sollte.
Aber
ich bin einfach nur müde. Ich weiß, dass es so nicht besser wird, habe ich habe
einfach keine Kraft. Für nichts. Nicht mal für ein bisschen Selbstfürsorge. Mal
einen Kakao kochen oder so… - es geht einfach nicht. Und glaubt jemand, ich hätte
seitdem ich zurück bin, mal den Kochlöffel geschwungen? Ich habe immer noch
zwei Süßkartoffeln hier, die ich mal kochen könnte.
Ich
hätte mich zumindest mal um meine Medikamente kümmern müssen. Eines war nämlich
in der Apotheke nicht lieferbar, aber das Rezept wollten sie mir auch nicht zurückgeben.
Sie meinten, ich solle mir ein neues Rezept mit einem anderen Präparat
ausstellen lassen. Der Plan war, heute in der Ambulanz anzurufen und die zu
fragen, ob die eins unterschreiben – das nehme ich dann am Nachmittag gleich
mit. Glaubt ihr, ich hätte das gemacht? Man muss mit denen halt immer
diskutieren, weil die eigentlich keine Rezepte unterschreiben, ohne den
Patienten zu sehen und dafür hatte ich keine Kraft. Allerdings auch nicht, um
irgendwo dazwischen geschoben noch mit einem Psychiater zu reden.
Ich
halte das nicht aus, zurück zu gehen. So komplett. Auch gedanklich. Zu wissen,
dass es da so viele Gegensätze gibt. Dass ich Dinge zulassen konnte, die mir
hier wieder Angst machen. Das Thema Beziehungen zum Beispiel. Ich glaube, bis
dieses Familienproblem mal gelöst ist, wird es nie möglich sein, dass ich mal
einen Freund habe. Ich werde darin immer ein bisschen den Familienersatz suchen
Das kann nicht funktionieren und ich möchte mir ungern noch eine Baustelle
zulegen. Deshalb macht mir hier jeder Distanzverlust Angst und ich achte sehr
genau darauf, dass es dazu möglichst nicht kommt.
In
der Ferne ist die Familiensituation zum Einen etwas in den Hintergrund gerückt,
zum Anderen hatte ich meine Bezugspersonen dort.
Ich
kann mich an viele Situationen mit einem Kollegen erinnern, die ich sogar schön
fand, die ich hier niemals zulassen würde. Eine Beziehung wäre dort okay
gewesen. Deshalb waren viele Situationen, die eine gewisse Distanzgrenze
überschritten haben, auch kein Problem. Auch, wenn es keine Beziehung geworden
ist.
Auch
sonst war es ein komplett anderes Lebensgefühl und es fällt mir schwer zu
akzeptieren, dass ich das gerade wieder abgegeben habe. Ich war streckenweise
so viel motivierter, hatte viel mehr Energie, vielmehr Lust auf Dinge, viel
mehr Ruhe, Gelassenheit. Ich würde es so gern noch einmal fühlen. Zumindest
kurzzeitig. Sagen wir für eine Stunde.
Abends
hatte ich so gute Laune, dass ich manchmal mit Kopfhörern durch die Wohnung
getanzt bin. Eben komplett anders. Und manchmal frage ich mich, wer ich wäre,
wenn die Lebenseinstellung mal langfristig meine Realität werden würde.
Im
Moment bin ich so gefangen in mir selbst und obwohl ich weiß, dass das viele
Jahre meine Realität war, ist es einfach schwieriger das zu akzeptieren, wenn
man diese „innere Freiheit“ und das Gefühl so viel tun und erleben zu können,
schon mal hatte.
Ich
kann das alles wirklich nicht in Worte verpacken, was aktuell los ist.
Im
Endeffekt weiß ich es einfach nicht. Wohin mit mir, meinem Kopf und meinen
Gedanken. Wie ich die nächsten Wochen überstehen soll, obwohl es keine wirkliche
Alternative gibt. Am liebsten würde ich sagen: „Es ist mir egal was passiert,
Hauptsache das hier hört auf…“, aber das bringt mich auch nicht weiter. Es war genau das, wovon ich damals im Büro des Neuro - Oberdocs sprach und wovor ich so viel Angst hatte. Denn irgendwie isoliert man sich damit auch selbst. Vielleicht ist es nicht mal so, dass niemand da wäre. Aber wenn die Kraft gerade für das Existieren reicht...
Ich
weiß nicht, wer oder was mich aktuell voran bringen kann. Ich bin echt dankbar
die Therapeutin noch zu haben, auch wenn sie mich da derzeit auch nicht
rausholen kann. Aber es vermittelt zumindest ein klein wenig Sicherheit.
Ich
weiß nicht, ob in nächster Zeit hier so viel kommen wird. Denn selbst das
Schreiben fällt mir schwer. Und obwohl der Blog „mein Raum“ ist, möchte ich
nicht, dass er mit diesen Inhalten gefüllt wird.
Ich
möchte den Lesern wieder andere Sachen präsentieren können. Von spannenden
Tagen, die mitreißen oder zwischenmenschlichen Begegnungen, die einfach ein
bisschen Wärme vermitteln.
Morgen ist der letzte Tag der Woche. Hofft man, dass ich es irgendwie schaffe.
Mondkind
P.S. Ich hoffe ich finde irgendwann Gelegenheit und Motivation, neue Bilder zu machen.
Bildquelle: Pixabay
Kommentare
Kommentar veröffentlichen