A reminder to myself



I hope you still feel small when you stand beside the ocean
Whenever one door closes I hope one more opens
Promise me that you'll give faith a fighting chance
And when you get the choice to sit it out or dance

I hope you dance

(Lee Ann Womack - I hope you dance)


Es ist gut so, wie es ist.
Das kommt selten vor. Es sind diese wenigen hellen Tage im Jahr. Die den dunklen Tagen zahlenmäßig weit unterlegen sind. Und die meistens nicht allzulang Einzug in mein Leben halten. Ein bisschen schwingt vom Beginn an die Sorge mit, wie lange das Licht wohl diesmal bleiben wird.

Siehst Du es? Das Glitzern der Sonne in den Bäumen? Die bunten Blätter, die auf den Boden segeln. Die vielen Farben, die die Baumkronen tragen? Dass die Welt viel farbenfroher und der graue Schleier verschwunden ist?
Fühlst Du es? Die Wärme der Sonne in Dir? Ein bisschen weniger Schwere? Die Möglichkeit, tiefer Luft zu holen? Mehr zu tun, als einfach nur zu atmen?
Hörst Du es? Das Rascheln des Windes, in den Bäumen? Die Musik in Deinen Ohren?
Merkst Du, dass Du die Dinge anders interpretierst? Ein „Mondkind, ich bin nur wegen Dir in die Röntgenbesprechung gekommen“, hört sich irgendwie anders an. Du fühlst Dich nicht grundsätzlich veräppelt, ohne darüber nachzudenken, sondern fragst Dich, was Dir der Satz jetzt sagen soll?
Merkst Du, dass Du viel mehr Kraft hast? Dass Dich eine Tour zum Supermarkt nicht mehr umhaut, sondern Du es ohne Probleme noch ein zweites Mal in die Stadt und auch noch den Budenzauber schaffst?
Merkst Du, wie es in Dir wieder etwas wie Interesse gibt? Dass Du die Neuro eigentlich schon sehr magst, dass es interessante Tage sind? Dass Du Dich abends ohne das Gefühl es tun zu müssen, noch an den Laptop setzt und Leitlinien liest?
Spürst Du dieses „Es wird schon“? Du weißt zwar noch nicht wie, aber bisher hat es immer geklappt. Sogar hier, wo Du Anfang Mai noch glaubtest, dass Dich niemand halten wirst, wenn Du fällst. Du konntest ja nicht wissen, dass es jemanden gibt, der sich mit Dir regelmäßig in die Kapelle setzt und mit völlig neuen Ansätzen versucht, Dir zu helfen.
Spürst Du das Stück Freiheit in Dir? Dass Du den Tag so gestalten kannst, wie Du es möchtest, weil Du wieder etwas mehr Kraft hast? Weil Du wieder in bisschen mutiger bist? Weil Dir ein bisschen gleichgültiger ist, was die Leute von Dir denken? Und weil das okay ist, mit Kopfhörern auf der Bank im Park zu liegen und Musik zu hören. Nichts, was „verboten“ wäre, oder für das man sich schämen müsste. 





Ich glaube, das größte Problem an den depressiven Phasen ist tatsächlich, dass man glaubt, dass es nie mehr besser wird. Dass man die dunklen Tage für die Wirklichkeit hält, anzweifelt, dass es die hellen Tage je gegeben hat und sie eher für eine nachträgliche Idealisierung hält.
Vielleicht ist es das, was die Depression für alle Beteiligten so schwierig macht. Ich als Betroffene muss darauf vertrauen, das die Menschen, die mich durch die Dunkelheit führen Recht haben und es wieder besser wird. Und diejenigen die mich halten, müssen die Negativität, die vermeintliche Alternativlosigkeit aushalten und die Überzeugung, dass die Klinik es am Ende noch schlimmer macht, weil sie verhindert, dass ich den Weg weiter gehe, der mich in meiner Vorstellung irgendwann in Richtung des Lichtes führen wird.

Heute kann ich sagen, dass ich es hoffentlich in den dunklen Tagen immer schaffe ehrlich zu den Menschen zu sein, die mich dadurch führen, wenn es zu schwierig wird. Und dass diese Menschen dann hoffentlich die Reißleine ziehen – wenn nötig auch über meinen Kopf hinweg. Denn das, was da so unüberwindbar scheint, ist nicht die Wirklichkeit. Ob es nun aus der belastenden Lebenssituation der vergangenen Jahre entstanden ist, oder ob da tatsächlich die Chemie im Kopf nicht stimmt, oder ob es beides ist, das weiß ich nicht. Aber heute weiß ich: Es gibt immer Hoffnung, auch wenn ich sie manchmal nicht sehe. Und es gibt noch so viel da draußen, das ich noch nicht gesehen und nicht erlebt habe. Und ich habe das nicht all die Jahre irgendwie überstanden, um am Ende doch daran zu scheitern.

Ich hoffe, dass ich mir selbst glauben kann, wenn die Tage wieder dunkler werden und ich den Text lese. Und das nicht nur für eine Reihe von euphorischen Hirngespinsten halte. Irgendwann wird auf die dunklen Tage immer ein Licht folgen. Vielleicht läuft es manchmal nicht, wie ich das geplant hatte und wie ich es mir wünschen würde. Aber egal wo und wie es nun auch weiter geht: Es wird heller: Und das ist das, was am Ende zählt.

Mondkind


P.S. Update zur Neuro kommt noch. Aber der Text war erstmal wichtiger. Die guten Momente muss ich einfangen. Und da ich nicht weiß, wie lange es so bleibt wie es jetzt ist, kann ich das nicht allzulang schieben... 

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