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Es werden Posts vom 2024 angezeigt.

Vom Knall am letzten Tag des Jahres

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Der Jahresrückblick braucht noch kurz. Wenn es gut läuft, morgen. Wenn es schlecht läuft, bis Ende der Woche. Der Tag gestern hat das Vorhaben ziemlich aus dem Takt gebracht. Dass der Kardiochirurg und ich nochmal reden müssen, war schon Weihnachten klar. Aber ich wollte diese Tage nicht für eine Auseinandersetzung nutzen. Dann vielleicht Anfang nächsten Jahres, wenn die Feiertage alle durch sind. Leider wurde dieser Plan vorher torpediert. Als ich über den Jahresrückblick nachgedacht habe ist mir eingefallen, dass er bei allen sozialen Events seitdem wir uns kennen,  – wenn man das so nennen kann – maximal marginal anwesend war und dann auch eher physisch. Letztes Jahr Weihnachten war eine Katastrophe, über Silvester habe ich extra einen Dienst übernommen, damit wir zusammen in der Klinik sein würden. Über Ostern haben wir uns nicht gesehen, weil der in der Zeit Nachtdienstwoche hatte und dann immer vollkommen von der Bildfläche verschwindet. Zu meinem Geburtstag hätte er eigentli...

Rollenverständnis

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 Samstagabend. Wir hatten beide Dienst. Ich auf der Neuro – IC – Station, er auf der Intensivstation. Am Nachmittag hatte er gesagt, dass er am Abend mit seinen Freunden telefonieren möchte, deshalb hatte ich mich schon damit abgefunden, heute bei mir zu bleiben. Nicht ohne anzumerken, dass es schon schön wäre, wenn wir das vorher besprechen könnten, weil ich dann meine Sachen von ihm mitgenommen hätte – ich wollte nämlich am Sonntag eigentlich Wäsche machen, aber das bringt nichts, wenn die Hälfte der dreckigen Wäsche bei ihm ist. Am Abend kommt er dann auf die Idee, dass ich doch vorbei kommen könnte, aber der Kühlschrank sei leer, etwas zu essen müsste ich vielleicht mitbringen. Ich wollte eigentlich Sonntag Pfannenlasagne machen, aber das kann man ja auch Samstag machen und ich könnte die dafür benötigten Zutaten einfach mitbringen. Wenig später sitze ich im Auto und bin wieder auf dem Weg zu ihm. Als ich komme liegt er auf dem Sofa, hat die Decke bis zur Nasenspitze gezogen un...

Weihnachten 2024

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23. Dezember 2024 Dienst. Wenn der vorbei ist, ist quasi Weihnachten. Die Idee, dass alle Menschen sich auf Weihnachten freuen und in ihrem Bett liegen und schlafen, geht allerdings nicht so auf. Wenn man nachts um vier Uhr vier Patienten zu betreuen hat – davon zwei Schockräume – weiß man, dass man in dieser Nacht wohl eher kein Auge mehr zu tun wird. Der Kardiochirurg hat auch Dienst – wir sehen uns allerdings nicht viel in dieser Nacht, weil jeder seinen eigenen Krempel abarbeitet. 24. Dezember Ich fahre so gegen kurz vor Mittag in Richtung Heimat. Den Weihnachtseinkauf habe ich zum Glück schon am Samstag zuvor erledigt, sodass jetzt nichts mehr zu tun ist, außer ins Bett zu fallen. (Naja – ein paar wenige Geschenke sind noch einzupacken, da ich nach fünf Jahren in diesem Verein die fixe Idee hatte, ich könnte doch die Geschenke nach dem Dienst einpacken, weil ich bestimmt geschlafen habe und Weihnachtskarten im Dienst schreiben. Ähm… - nein).  Den Wecker stelle ich mal auf 17 U...

Bis es uns zerreißt...

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 „Sag wie weit wollen wir auseinander gehen, bis es uns zerreißt, ja Vielleicht können wir uns erinnern dran was es eigentlich heißt ein Mensch zu sein“ - Florian Künstler - Es musste uns zerreißen. Es gab keine andere Möglichkeit. Nach all den Jahren. Nach all den Versuchen. Die selbst mit professioneller Unterstützung nicht zielführend waren. Das was im Außen mit dieser Familie passiert ist ist das, was im Inneren schon vor so vielen Jahren passiert ist. Das spürbar war. Sehr deutlich. Nur hinschauen wollte Keiner. Dass die Antennen jahrelang Alarm geschlagen haben, ist völlig untergegangen. Es ist immer komisch, wenn meine Schwester hier ist. Weil es Erinnerung und Vision gleichzeitig ist. Es erinnert ein bisschen an die Unbeschwertheit aus frühen Kindertagen, die es irgendwann mal gegeben haben muss. Als wir dachten, uns wird nie irgendetwas trennen können. Und gleichzeitig ist es die Idee von Zukunft. Wenn die Strukturen aus dem Gestern nicht tragen, müssen wir vielleicht die ...

Vom Versuch eines Sortierens

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Start in die zweite Urlaubswoche in diesem Monat. Natürlich wieder alleine. Und entgegen dem was der Freund und ich mal besprochen hatten (oder von dem ich zumindest geglaubt hatte, dass wir das besprochen haben), arbeitet er bis Ende des Jahres quasi durch. Ich kann die Tage, die ich dieses Jahr noch arbeiten muss, zählen. Und hoffe, dass ich trotz der Lernerei ein bisschen zur Ruhe kommen kann. Heute war ich erstmal zu gar nicht so viel fähig. Vier Dienste in einer Woche, davon drei 24 – Stunden – Dienste mit durchgerannter Nacht und Null Minuten Schlaf fordern dann vielleicht doch ihren Tribut. Ich sehe zu, dass ich ab morgen wieder weiter machen kann und heute habe ich immerhin den Wintergarten winterfest gemacht und die Pflanzen, die den Winter nicht überleben werden zum Grünabfall gebracht. Nur um den Boden muss ich mich irgendwie noch kümmern; der ist irgendwie ziemlich siffig geworden. Ich glaube, die letzten Tage und Wochen habe ich mich ein bisschen verloren. Höchst selten ma...

Von einem Telefonat

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Streifzug durch meine Wohnung. Ich glaube, es ist das erste Mal seit Jahren, dass es hier im Ansatz weihnachtlich aussieht. Wohnung selbst gestalten. Manchmal fühlt es sich immer noch an, wie erwachsen werden. Oder wie „wieder erwachsen werden.“ Ich laufe ins Arbeitszimmer, das man jetzt mal so langsam wirklich als Arbeitszimmer und nicht mehr als zweite Abstellkammer bezeichnen kann. Sammle meine Kaffeetasse ein, die dort noch steht vom Telefonat mit der ehemaligen Frau Therapeutin am Freitag. Manchmal machen mich allein Szenen nachdenklich. Ich glaube, zwischenzeitlich hätte keiner von uns beiden gedacht, dass wir das eines Tages mal so erleben. Ich kann leider nicht in der Studienstadt sein an diesem Freitag, aber ich sitze weit weg in meiner eigenen Wohnung und sinniere über den Facharzt.   Zum warmwerden. Oder so. „Nach dem Facharzt gehen Sie ja zurück in die Psychosomatik…“, postuliert sie. „Weiß ich nicht“, unterbreche ich sie. Ich kann die Fragezeichen in ihrem Kopf fast hö...

53 Monate - von Briefen, Urlaub und dem Wir

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Mein lieber Freund, dritter des Monats heißt, dass ein Brief fällig ist. Wie geht es Dir auf der anderen Seite des Seins?  Manchmal weiß ich schon gar nicht mehr, was ich schreiben soll, weil ich denke, dass sich unsere Leben mittlerweile doch ganz schön weit auseinander entwickelt haben müssen. Aber gestern hatte ich mal wieder so einen Moment, in dem ich mich gefragt habe, wie verrückt das Leben eigentlich ist. Wir haben gestern das Arbeitszimmer ein bisschen aufgeräumt. Ich habe mir überlegt, ich werde vielleicht mal versuchen, meinen Lernort zu verlagern. Langsam muss ich mir etwas einfallen lassen, um die Motivation ein bisschen bei der Stange zu halten. Im Großen und Ganzen mache ich das ja schon seit einem Jahr jetzt. (Meine Schwester wird nach dem Bestehen ihres Facharztes übrigens nicht müde davon zu berichten, wie SPONTAN sie jetzt wieder sein kann). Naja – jedenfalls habe ich früher oft interessante Neurobriefe ausgedruckt von Fällen, die entweder recht kompliziert oder ...

Was so los ist...

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Verrückte Zeiten. So oft habe ich in den letzten Wochen gedacht, dass ich gern mal wieder bloggen würde und so oft kam irgendetwas dazwischen. Meist, dass ich eigentlich noch hatte lernen wollen und wieder so spät nach Hause gekommen war, dass Beides zusammen irgendwie nicht machbar war. Deshalb nur ein paar Schnipsel… von dem, was gerade passiert. *** Und plötzlich wird mir klar, dass es in erster Linie um Angst geht. Nicht um mich oder um sie, sondern um ihn.   „Was ist, wenn sie sich nicht meldet?“ Ich sehe die Nachricht von seiner Schwester auf seinem Handy und mir wir schon fast schlecht. Die letzten Tage haben mich zurück katapultiert in Zeiten, die ich so, so ähnlich, oder doch irgendwie anders nie wieder erleben wollte. Aber jetzt sind sie da. Und selbst, wenn er es mir nicht erzählen würde, wüsste ich das. Er wischt die Nachricht zur Seite. „Das hat sie mir zuletzt geschrieben“, sagt er und öffnet den Chat auf seinem Handy. Wir liegen zusammen auf dem Sofa, aber ich habe g...

Von Visitendienst und ein paar Gedanken

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Samstag. Nach einer Spätdienstwoche, in der ich jeden Tag etwa 12 Stunden gearbeitet habe, stehe  ich in der Früh zum Visitendienst wieder auf der Matte. „Mondkind, ich habe es nicht geschafft, die Scores auf Station zu machen; das müsstest Du noch machen…“ „War viel los hier – hattest Du Patienten in der ZNA?“, frage ich. „Nein, aber ich habe es trotzdem nicht geschafft.“ Du möchtest wohl eher sagen: „Ich hatte keine Lust“ – das denke ich mir aber nur. Kurze Zeit später berichtet er von einem Patienten, den er heute Nacht mit stärksten Kopfschmerzen aufgenommen und nicht punktiert hat. Natürlich möchte der Oberarzt – der mittlerweile auch eingetroffen ist und zuhört – eine Punktion. „Das kannst Du dann ja auch machen“, sagt der Kollege. Sag mal – bin ich hier der Kehrdienst oder was? Wieso machen die ganzen neuen Kollegen bei uns eigentlich ihren Job nicht mehr? Ich überlege mir wirklich, ob ich das mit der Punktion nicht überhöre. Verantwortlich ist immerhin derjenige, der sie au...

Von einem Gespräch nach dem Dienst

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Ich weiß gar nicht wie spät es ist, als ich den Berg hinter der Klinik hinab laufe. Auf jeden Fall weit nach dem Mittag. Eigentlich hatte ich hier viel eher entlang laufen wollen. „Ich kann Dich heute leider nicht pünktlich gehen lassen – die Station ist voll“, hatte die Oberärztin um kurz vor 10 Uhr gesagt. Sie hatte Hintergrund bei meinem Dienst und weiß sehr gut, dass ich die ganze Nacht über alle Hände voll zu tun hatte. Ich mag solche Dienste, bei denen der Trubel erst um 21 Uhr los geht, nicht besonders. Aber immerhin hatte da mein Freund noch Zeit vorbei zu kommen und etwas zum Abendessen mitzubringen und das wiederum war sehr schön. Die Zeit hätten wir sonst nicht gehabt und ich habe in an diesem Abend mal irgendwie recht nahbar und weich erlebt, was zuletzt nicht oft vorkam. Ich fühle mich schon gar nicht mehr so richtig wie Teil dieser Welt, als ich durch das Gebäude husche und mich wenig später im Büro auf einen Stuhl fallen lasse. „Sie sehen wirklich erledigt aus. Wie war d...