Schnipsel
Irgendwo.
Zwischen zu vielen Überstunden auf der Arbeit
Zwischen dem Versuch, noch irgendwie die Facharztlernerei dazwischen zu quetschen, was ungefähr täglich scheitert.
Zwischen einem erschöpft ins Bett fallen, dem Versuch zu Reflektieren, zwischen zu viel und zu wenig fühlen gleichzeitig.
Letztes Wochenende.
Das erste freie, gemeinsame Wochenende seit ewigen Zeiten.
Und irgendwie konnte ich mich sogar einigermaßen entspannen. Eigentlich hätten wir weg fahren wollen an diesem Wochenende, sodass es aus dem Lernen quasi ausgeplant war. Am Ende haben wir nur wieder nicht geplant, es lag zu wenig Schnee in der näheren Umgebung, um in den Schnee zu fahren und ich war darüber hinaus Freitag und Samstag so erschöpft und müde, dass mir eigentlich alles egal war.
Sonntag. Heute sind wir mal wieder ins Umland gefahren, wandern auf einen Berg in den Resten des Schnees, der dort noch liegt. Sitzen da oben auf den Felsen und genießen die Aussicht. Schauen uns den Nebel an, der noch im Tal hängt, aufsteigende Rauchschwaden von Dörfern rings herum, sehen die Spitzen der umliegenden Berge in der Sonne glänzen und den Lieblingsberg in der Ferne. Es ist so warm, dass man fast ein Gefühl von Frühling bekommt.
Und irgendwie spüre ich das erste Mal seit langer Zeit eine eigenartige Ruhe in mir. Irgendein Gefühl von „vielleicht kriegen wir es doch eines Tages hin.“ Die Beziehung, den Facharzt, die Karriere, so wie ich sie mir für mich wünsche. Vielleicht können wir ankommen, wenn wir nur Geduld haben und beharrlich dran bleiben.
„Ey Du da oben“, kommt mir in den Sinn, als ich quer rüber schaue zum Lieblingsberg. Ich glaube, dieser Berg, der schon vorher der Lieblingsberg war, wird immer ein besonderer Ort bleiben.
Zwischen zu vielen Überstunden auf der Arbeit
Zwischen dem Versuch, noch irgendwie die Facharztlernerei dazwischen zu quetschen, was ungefähr täglich scheitert.
Zwischen einem erschöpft ins Bett fallen, dem Versuch zu Reflektieren, zwischen zu viel und zu wenig fühlen gleichzeitig.
Letztes Wochenende.
Das erste freie, gemeinsame Wochenende seit ewigen Zeiten.
Und irgendwie konnte ich mich sogar einigermaßen entspannen. Eigentlich hätten wir weg fahren wollen an diesem Wochenende, sodass es aus dem Lernen quasi ausgeplant war. Am Ende haben wir nur wieder nicht geplant, es lag zu wenig Schnee in der näheren Umgebung, um in den Schnee zu fahren und ich war darüber hinaus Freitag und Samstag so erschöpft und müde, dass mir eigentlich alles egal war.
Sonntag. Heute sind wir mal wieder ins Umland gefahren, wandern auf einen Berg in den Resten des Schnees, der dort noch liegt. Sitzen da oben auf den Felsen und genießen die Aussicht. Schauen uns den Nebel an, der noch im Tal hängt, aufsteigende Rauchschwaden von Dörfern rings herum, sehen die Spitzen der umliegenden Berge in der Sonne glänzen und den Lieblingsberg in der Ferne. Es ist so warm, dass man fast ein Gefühl von Frühling bekommt.
Und irgendwie spüre ich das erste Mal seit langer Zeit eine eigenartige Ruhe in mir. Irgendein Gefühl von „vielleicht kriegen wir es doch eines Tages hin.“ Die Beziehung, den Facharzt, die Karriere, so wie ich sie mir für mich wünsche. Vielleicht können wir ankommen, wenn wir nur Geduld haben und beharrlich dran bleiben.
„Ey Du da oben“, kommt mir in den Sinn, als ich quer rüber schaue zum Lieblingsberg. Ich glaube, dieser Berg, der schon vorher der Lieblingsberg war, wird immer ein besonderer Ort bleiben.
***
„Schatzi, ich muss los jetzt“, sagt er, setzt den Rucksack auf seinen Rücken, ich spüre einen Kuss auf meinen Lippen und dann rast er in den Flur. Wenig später fällt die Tür zu. Ich bleibe kurz nachdenklich an der Theke sitzen, bis ich auch ins Bad rasen muss, um mich fertig zu machen.
Ich weiß nicht genau, ob er schon jemals „Schatzi“ gesagt hat und ich weiß auch nicht genau, wie das gemeint war…
Ich halte kurz inne, spüre so Vieles gleichzeitig und ein paar Tränen in den Augenwinkeln, ehe ich aufspringe, die Küche zumindest ganz grob aufräume und ins Bad haste.
Ich glaube, da passiert gerade etwas zwischen uns. Man soll dem Frieden nach allem was war wahrscheinlich nicht zu früh trauen, aber ich habe gerade den Eindruck, wir bewegen uns ein paar Schritte aufeinander zu, spüren mehr Nähe, geben mehr aufeinander Acht.
Das sind Kleinigkeiten. Es sind oft nicht die großen Dinge, sondern eben das, was zwischen den Zeilen passiert und manchmal sogar ungesagt bleibt. Ich erlebe zumindest, dass er sich bemüht. Dieses Wochenende möchte er wieder unterwegs sein, aber er fängt zumindest mal an das abzusprechen, nachzufragen, ob es für mich okay wäre. Und wenn ich ohnehin Dienst habe, oder nach einer Woche Spätdienst und täglich 12 Stunden auf der Arbeit und im Stress erstmal die Wohnung wieder aufräumen muss, einkaufen gehen muss und vielleicht zumindest mal ein bisschen Neuro lernen sollte, kann er auch mal einen Tag etwas anderes machen – solange er mir das nicht fünf Minuten vorher sagt und mir zumindest das Gefühl gibt, mich einzubeziehen.
Letztens hat er irgendwann mal Berliner vom Bäcker mitgebracht und wir haben darüber gesprochen, dass es bei meiner Schwester und mir in der Kindheit manchmal welche mit Schokolade gefüllt gab und die schon sehr lecker waren. Und vor ein paar Tagen stand er dann mit Schokoberlinern auf der Matte. Und das sind solche Dinge, die so viel mehr sind als das; die nämlich auch vermitteln: Du bist fest in meinem Alltag verwoben und ich denke an Dich, auch wenn wir uns manchmal eine Weile nicht sehen können.
Ich genieße es gerade sehr, dass er sich auch mal anfängt von selbst zu melden, für uns beide Verantwortung zu übernehmen und zu denken und nicht immer an ihm ziehen muss.
Mal sehen, wie lange das anhält.
***
Freitagabend.
Ich hatte Spätdienst, er hat Hausdienst.
Irgendwann am späten Nachmittag hat er mal angerufen. Irgendeine von den kardiochirurgischen Stationen bestellt Essen und er fragt, ob ich auch etwas möchte. Da ich irgendwie die Hälfte meines Proviantes zu Hause vergessen habe, kommt mir das ziemlich gelegen.
Es wird erst gegen 22:30 Uhr ruhig, sodass ich den Spätdienst langsam beenden kann. Ich laufe hoch zu seinem Dienstzimmer und wenig später sitzen wir gemeinsam auf dem Bett und essen zu Abend, ehe er noch Briefe schreiben muss und ich langsam nach Hause gehe.
Und manchmal denke ich mir, vielleicht sind das eben die Momente, die wir aufspüren und nutzen müssen. Wir werden es nicht ändern, dass unsere Leben sind, wie sie eben sind. Dass wir zu unchristlichen Zeiten in Diensten herum hängen, dass wir unsere Wochenenden zwischen piependen Monitoren verbringen. Aber wir können die Gelegenheiten nutzen, die wir eben trotzdem haben und wenn das ein gemeinsames Abendessen im Dienst ist, dann ist es eben so.
Zwischendurch berichtet er, dass er sich im nächsten Winter für den Facharzt anmelden möchte. Also können wir uns diesbezüglich wahrscheinlich wirklich die Klinke in die Hand geben.
Auf dem Heimweg denke ich noch ein bisschen nach. Sollten wir je heiraten, werde ich bis dahin Fachärztin für Neurologie sein und er Facharzt für Kardiochirurgie. Und wenn wir irgendwann mal Kinder haben sollten, dann werden die als Kinder eines Ärzteehepaares aufwachsen. Ich denke darüber nach, was mein Ich von vor fünf Jahren dazu gesagt hat. Ich habe mich ja nie in so einer Arztfamilie gesehen ehrlich gesagt und ich frage mich auch immer noch, ob das ein Konzept ist, das am Ende des Tages für mich passt. Unabhängig davon, ob wir uns lieben oder nicht. Ich denke an meine Kollegin, die auch mit einem Kardiochirurgen verheiratet ist und ein Kind hat und das Kind in der Psychosomatikzeit bisweilen mit in den Dienst gebracht hat, weil sich das alles irgendwie nicht organisieren ließ. Der Ehemann kam nicht aus dem OP, das Kind musste aber aus dem Kindergarten abgeholt werden; zum Glück gab es in der Psychosomatik eine Doppelbesetzung, sodass das möglich war. Ich frage mich immer noch, ob das alles funktionieren kann. Ob es in einer Branche, in der es so viel um Leistung, Einsatz, Können und Weiterbilden geht möglich sein kann, den Fokus so sehr auf die Familie zu legen, wie sie das bräuchte. Ob es möglich sein kann, sich als Paar zu entwickeln und nicht nur nebeneinander her zu leben. Und ich merke, dass mich diese Fragen unsicher machen.
***
Ansonsten spüre ich aber gerade auch sehr, sehr viel Erschöpfung.
Und das ist nicht nur eine körperliche Müdigkeit, sondern auch eine psychische Erschöpfung.
Ich habe eine Weile versucht zu überlegen woher das kommt, aber im Moment ist es für mich nicht richtig greifbar. Ich meine ja – das Pensum ist hoch, es gibt so einiges Belastungen; ich habe immer mal wieder das Bedürfnis mich zu sortieren und reflektieren und dafür gibt es aktuell wenige Anlaufstellen. Ich merke aber auch, dass ich die nicht mehr so proaktiv suche und da Vieles auch versuche mit mir selbst auszumachen. Rein rational gibt es einfach keinen Grund dafür, dass es mir gerade in einem relevanten Ausmaß psychisch nicht gut gehen könnte und eigentlich müsste ich mich nur ein bisschen besser organisieren… - denke ich so.
In jedem Fall führt das aber zu einer Menge Rückzug und zu Vermeidung von Dingen, die dann auch mal irgendwie zu vermeiden sind. Ich hätte diese Woche zum Beispiel vor dem Spätdienst noch schnell beim Freund vorbei gekonnt, weil er zu Hause war vor bzw. nach Dienst, aber ich konnte mich kaum aufraffen so pünktlich aufzustehen, dass ich alles einigermaßen stressfrei schaffe, dass es wirklich nicht ging.
Manchmal machen mir diese Entwicklungen etwas Sorge. Manchmal denke ich, es wird schon wieder, so wie diese Schwankungen immer irgendwie kommen und gehen. Und manchmal denke ich mir, vielleicht sollte ich diese Facharzt – Idee mal pausieren, bis ich zumindest die Unterschriften zusammen habe.
So… - jetzt schnell ins Bettchen, das Programm für das Wochenende ist schon wieder voll.
Mondkind
Ich weiß nicht genau, ob er schon jemals „Schatzi“ gesagt hat und ich weiß auch nicht genau, wie das gemeint war…
Ich halte kurz inne, spüre so Vieles gleichzeitig und ein paar Tränen in den Augenwinkeln, ehe ich aufspringe, die Küche zumindest ganz grob aufräume und ins Bad haste.
Ich glaube, da passiert gerade etwas zwischen uns. Man soll dem Frieden nach allem was war wahrscheinlich nicht zu früh trauen, aber ich habe gerade den Eindruck, wir bewegen uns ein paar Schritte aufeinander zu, spüren mehr Nähe, geben mehr aufeinander Acht.
Das sind Kleinigkeiten. Es sind oft nicht die großen Dinge, sondern eben das, was zwischen den Zeilen passiert und manchmal sogar ungesagt bleibt. Ich erlebe zumindest, dass er sich bemüht. Dieses Wochenende möchte er wieder unterwegs sein, aber er fängt zumindest mal an das abzusprechen, nachzufragen, ob es für mich okay wäre. Und wenn ich ohnehin Dienst habe, oder nach einer Woche Spätdienst und täglich 12 Stunden auf der Arbeit und im Stress erstmal die Wohnung wieder aufräumen muss, einkaufen gehen muss und vielleicht zumindest mal ein bisschen Neuro lernen sollte, kann er auch mal einen Tag etwas anderes machen – solange er mir das nicht fünf Minuten vorher sagt und mir zumindest das Gefühl gibt, mich einzubeziehen.
Letztens hat er irgendwann mal Berliner vom Bäcker mitgebracht und wir haben darüber gesprochen, dass es bei meiner Schwester und mir in der Kindheit manchmal welche mit Schokolade gefüllt gab und die schon sehr lecker waren. Und vor ein paar Tagen stand er dann mit Schokoberlinern auf der Matte. Und das sind solche Dinge, die so viel mehr sind als das; die nämlich auch vermitteln: Du bist fest in meinem Alltag verwoben und ich denke an Dich, auch wenn wir uns manchmal eine Weile nicht sehen können.
Ich genieße es gerade sehr, dass er sich auch mal anfängt von selbst zu melden, für uns beide Verantwortung zu übernehmen und zu denken und nicht immer an ihm ziehen muss.
Mal sehen, wie lange das anhält.
***
Freitagabend.
Ich hatte Spätdienst, er hat Hausdienst.
Irgendwann am späten Nachmittag hat er mal angerufen. Irgendeine von den kardiochirurgischen Stationen bestellt Essen und er fragt, ob ich auch etwas möchte. Da ich irgendwie die Hälfte meines Proviantes zu Hause vergessen habe, kommt mir das ziemlich gelegen.
Es wird erst gegen 22:30 Uhr ruhig, sodass ich den Spätdienst langsam beenden kann. Ich laufe hoch zu seinem Dienstzimmer und wenig später sitzen wir gemeinsam auf dem Bett und essen zu Abend, ehe er noch Briefe schreiben muss und ich langsam nach Hause gehe.
Und manchmal denke ich mir, vielleicht sind das eben die Momente, die wir aufspüren und nutzen müssen. Wir werden es nicht ändern, dass unsere Leben sind, wie sie eben sind. Dass wir zu unchristlichen Zeiten in Diensten herum hängen, dass wir unsere Wochenenden zwischen piependen Monitoren verbringen. Aber wir können die Gelegenheiten nutzen, die wir eben trotzdem haben und wenn das ein gemeinsames Abendessen im Dienst ist, dann ist es eben so.
Zwischendurch berichtet er, dass er sich im nächsten Winter für den Facharzt anmelden möchte. Also können wir uns diesbezüglich wahrscheinlich wirklich die Klinke in die Hand geben.
Auf dem Heimweg denke ich noch ein bisschen nach. Sollten wir je heiraten, werde ich bis dahin Fachärztin für Neurologie sein und er Facharzt für Kardiochirurgie. Und wenn wir irgendwann mal Kinder haben sollten, dann werden die als Kinder eines Ärzteehepaares aufwachsen. Ich denke darüber nach, was mein Ich von vor fünf Jahren dazu gesagt hat. Ich habe mich ja nie in so einer Arztfamilie gesehen ehrlich gesagt und ich frage mich auch immer noch, ob das ein Konzept ist, das am Ende des Tages für mich passt. Unabhängig davon, ob wir uns lieben oder nicht. Ich denke an meine Kollegin, die auch mit einem Kardiochirurgen verheiratet ist und ein Kind hat und das Kind in der Psychosomatikzeit bisweilen mit in den Dienst gebracht hat, weil sich das alles irgendwie nicht organisieren ließ. Der Ehemann kam nicht aus dem OP, das Kind musste aber aus dem Kindergarten abgeholt werden; zum Glück gab es in der Psychosomatik eine Doppelbesetzung, sodass das möglich war. Ich frage mich immer noch, ob das alles funktionieren kann. Ob es in einer Branche, in der es so viel um Leistung, Einsatz, Können und Weiterbilden geht möglich sein kann, den Fokus so sehr auf die Familie zu legen, wie sie das bräuchte. Ob es möglich sein kann, sich als Paar zu entwickeln und nicht nur nebeneinander her zu leben. Und ich merke, dass mich diese Fragen unsicher machen.
***
Ansonsten spüre ich aber gerade auch sehr, sehr viel Erschöpfung.
Und das ist nicht nur eine körperliche Müdigkeit, sondern auch eine psychische Erschöpfung.
Ich habe eine Weile versucht zu überlegen woher das kommt, aber im Moment ist es für mich nicht richtig greifbar. Ich meine ja – das Pensum ist hoch, es gibt so einiges Belastungen; ich habe immer mal wieder das Bedürfnis mich zu sortieren und reflektieren und dafür gibt es aktuell wenige Anlaufstellen. Ich merke aber auch, dass ich die nicht mehr so proaktiv suche und da Vieles auch versuche mit mir selbst auszumachen. Rein rational gibt es einfach keinen Grund dafür, dass es mir gerade in einem relevanten Ausmaß psychisch nicht gut gehen könnte und eigentlich müsste ich mich nur ein bisschen besser organisieren… - denke ich so.
In jedem Fall führt das aber zu einer Menge Rückzug und zu Vermeidung von Dingen, die dann auch mal irgendwie zu vermeiden sind. Ich hätte diese Woche zum Beispiel vor dem Spätdienst noch schnell beim Freund vorbei gekonnt, weil er zu Hause war vor bzw. nach Dienst, aber ich konnte mich kaum aufraffen so pünktlich aufzustehen, dass ich alles einigermaßen stressfrei schaffe, dass es wirklich nicht ging.
Manchmal machen mir diese Entwicklungen etwas Sorge. Manchmal denke ich, es wird schon wieder, so wie diese Schwankungen immer irgendwie kommen und gehen. Und manchmal denke ich mir, vielleicht sollte ich diese Facharzt – Idee mal pausieren, bis ich zumindest die Unterschriften zusammen habe.
So… - jetzt schnell ins Bettchen, das Programm für das Wochenende ist schon wieder voll.
Mondkind
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