Psychiatrie #3


Stippvisite zu Hause.
Und wenn man einmal den weiten Weg auf sich genommen hat: Kaffee, endlich mal wieder eine Laugenbrezel und bloggen. Das kann ich in der Klinik natürlich nicht erzählen.
Ein bisschen Freiheit in dem engen Rahmen, mit dem auch mein Kopf aktuell leben kann.

Plan war es, den neuen Schlüssel und Transponder bei der Hausverwaltung abzuholen, weil unsere Schlösser bald getauscht werden. Und den Mietvertrag für die Wohnung im Ort in der Ferne aus dem Briefkasten fischen. Beides hat geklappt.

Die Vermieterin im Ort in der Ferne geht übrigens felsenfest davon aus, dass ich den Vertrag unterschreibe. Das geht aus einer Mail hervor, die sie dem jetzigen Mieter geschrieben hat und bei der sie mich auf Copy gesetzt hat. Und ich… - ich weiß immer noch nicht, wie ich das finanzieren soll.
Heute Abend telefoniere ich (hoffentlich) noch mit einem sehr lieben Menschen über das Thema. Ich hoffe, er findet Zeit. Bleibt er doch als einer der ganz wenigen Unbeteiligten übrig.

***

Aufenthaltsraum

Manchmal ist Teilnahmslosigkeit alles was bleibt.
Dieses Mal wird es hier einfach nichts.

„Ich glaube, ich bin noch zu sehr im „Funktionier – Modus““, erkläre ich dem Team. „Ich nehme an, dass das daher kommt, dass ich immer sehr große Schwierigkeiten damit habe Vertrauen aufzubauen und noch nicht ganz darauf bauen kann, dass das Team das erstmal halten kann, wenn das Funktionieren vorbei ist und das was dahinter kommt, möglicherweise zum Zusammenbruch führt.“

Ich höre, dass ich mein Leben schließlich auch selbst leben muss. Was langfristig gesehen sicher richtig ist, aber weil das gerade nicht so gut klappt, bin ich ja eigentlich aktuell in einem geschützten Rahmen.
Das sieht man hier scheinbar anders.

Ich ringe um Verständnis. Immer noch. Und vermutlich wird das so bald auch nicht aufhören. Bisher wurden die wenigsten Dinge angesprochen. Immer noch würde ich eigentlich ganz gern nach Hause. Nur würde mich das auch nicht weiter bringen. Denn was mache ich da… ? Außer irgendwelchen Blödsinn…

Was mir fehlt, ist Raum zum Sein. Dass Einer aus dem Team mal für mich Zeit findet. Nicht nur zwischen Türen und Angeln. Jemand, der einfach mal zuhört. Der Verzweiflung mal kurz Raum gibt. Denn mittlerweile muss ich nicht mehr suchen, was mir fehlt. Das habe ich letztes Jahr gelernt. Ich habe nur keine Ahnung, wie ich diese emotionalen Löcher stopfen kann. Wie ich jemals alleine stehen und gehen soll, wenn am Ende doch alles in der Sinnlosigkeit bleibt.

Irgendwie fehlt mir Frau Therapeutin. Eine Stunde in der Woche Sein. Eine Stunde in der Woche ein Ohr für mich. Gelegentlich überlege ich schon, ob ich ihr nicht einfach mal eine Mail schreibe. Aber irgendwie glaube ich, dass sie das nicht wollen würde. Also lässt man es besser.

Ich muss wieder losziehen. Mit dem Mietvertrag im Gepäck. Von dem ich immer sicherer glaube, dass außer den zu unterschreiben, nicht mehr viel bleibt. Ist es doch auch das einzige Interesse meiner Eltern, die ich unterrichten musste, als ich mich nochmal nach der finanziellen Lage erkundigen musste. „Hast Du den Vertrag schon unterschrieben?“ und „Wie lange willst Du denn jetzt noch in der Klinik bleiben?“, ist alles, was ich höre.
Lange nicht mehr. Wenn ich im August umziehen muss, bleibt nicht mehr viel Zeit. Und wenn ich ab August vollendst alleine gehen muss – ohne Klinik und Frau Therapeutin… - fragt mich nicht, wie das gehen soll…

Vielleicht schaue ich am Wochenende wieder kurz hier vorbei.
Bis dahin wünsche ich allen eine schöne Restwoche!

Mondkind

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