Von Wert und Leistung

 „Ich bin nur dann ein wertvoller Mensch, wenn ich etwas leiste…“
Tauschgeschäft, wie alles in der Welt. Ich bringe eine eins mit nach Hause und Du nimmst mich dafür wahr. Aber wehe denn, es ist eine schlechte Note. Dann gibt es zwei Szenarien. Entweder schleiche ich tagelang wie ein Geist durchs Haus und werde nicht gesehen, oder ich darf mir tagelang anhören, dass ich ohnehin viel zu doof bin, ich eigentlich auf eine Hauptschule gehört hätte, man ja von mir gar nichts anderes erwartet habe, dass ich eine Enttäuschung bin und es generell und überhaupt nie zu irgendetwas bringen werde. Und – natürlich – dass ich mehr lernen muss und man sicher noch irgendwo ein Zipfelchen Freizeitaktivität findet, die ich einsparen kann.

Ich kann mich an ganze Sommerurlaube erinnern, in denen ich von früh bis spät mit den Vokabelkarten am Strand saß. Lernplatzverlagerung. An die Gesichter der Security am Flughafen, wenn sie den Rucksack kontrolliert haben und da eigentlich nur Lernsachen und ein Stofftier drin waren. Ich kann mich daran erinnern, dass das Kinderlachen von den Straßen früh im Herzen weh getan hat, weil ich nie teilnehmen konnte. Ich kann mich erinnern, dass ich im Sommer abends oft das Fenster sperrangelweit offen hatte, um in den Abendstunden zumindest die Sommerluft riechen zu können.

„Du bist es nur wert geliebt, gesehen und respektiert zu werden, wenn Du Deine Leistung bringst. Sonst nicht. Und weil das quasi so Gesetz ist, musst Du Dich dann von allen Menschen selbstständig entfernen, die Dir eigentlich gut tun. Und warten, bis sie von selbst wieder einen Schritt auf Dich zugehen. Bis sie wieder bereit sind Jemanden in ihrem Leben zu akzeptieren, die es einfach nicht auf die Reihe bekommt…“

 

Das habe ich gefunden, als ich auf der Suche nach dem Leben vor dem Tod des Freundes war. Und obwohl ich den Kinderschuhen längst entwachsen bin, prägt es mich bis heute. Ich konnte nicht mehr nachvollziehen, wie mich dieses Studium quasi dauerüberfordern konnte. Wie da nur Angst sein konnte, wieso ich bei der Therapeutin ständig dekompensiert bin, obwohl ich doch nicht mal Verantwortung für Patienten hatte. Wieso ich so fest davon überzeugt war, den Freund so oft nicht sehen zu können.
Jede Klausur hätte mich entwerten können. Mit jeder Klausur hätte es sein können, dass ich Freundschaften aufgeben muss, dass Cafè – Dates nicht mehr stattfinden dürfen. Dass ich einsehen muss, dass ich dem Leben unter der Brücke doch näher bin, als ich denke.

Eigentlich führe ich diesen Deal bis heute mit jeder Person in meinem Leben fort und glaube, dass jeder Mensch meine Spielregeln versteht. Wenn ich denke, dass die potentielle Bezugsperson befindet, dass ich irgendetwas verbockt habe, habe ich mich zurück zu ziehen. Leiste ich nicht genug, muss ich den einzigen Ankerpunkt verlieren, den ich habe. Umgekehrt sind Dinge wie Blumen umtopfen nur mit Menschen erlaubt, bei denen ich mir „abgucken“ kann, dass diese Tätigkeit erlaubt ist.
Und genau deshalb machen mich die Notaufnahme und die Dienste so ohnmächtig. Es gibt Fälle, die sind kacke. Es gibt Dinge, die können nur schief gehen. Es gibt Entscheidungen, die in dem Moment, in dem ich sie treffe anhand der Informationen die ich habe, richtig zu sein scheinen und im Nachgang doch falsch sind.

Stationsarbeit ist etwas vorhersehbarer, aber die Notaufnahme und die Dienste – da weiß ich nie, ob ich als wertvoller Mensch nach Hause komme.

Die Klinik war da jedes Mal ein bisschen Verschnaufspause. Eine Welt, in der ich nicht gleichzeitig leisten und den Kopf unter Kontrolle haben musste. Eine Welt, in der mein Wert nicht zwingend an meiner Leistung hing. (Naja doch, vielleicht am Therapieerfolg, der nie so richtig ausreichend war).
Für mich war die Klinik hauptsächlich ein Zipfelchen Leben. Ein Fliehen vor der Welt mit ihren Anforderungen, denen ich gefühlt nie gewachsen bin.

Aber es war auch immer klar, dass ein therapeutisches Akzeptieren meiner Person unter der künstlich geschaffenen Welt einer Käseglocke niemals die Überzeugungen, die draußen entstanden sind, aufheben kann. So klug bin ich dann doch.
Und deshalb war es so unendlich viel wert zumindest mal temporär geschützt vor diesen Anforderungen leben zu dürfen, Wertschätzung zu fühlen, obwohl ich gerade nichts leiste; immer wieder die Bestätigung zu hören: Es ist okay.

Und was vor den Entlassungen mutmaßlich die Panik war, ist genau das, was ich jetzt erlebe: Ich weiß, ich gehe zurück. Es ist eine Frage von Monaten, bis die Batterien leer sind. Bis ich wieder wochenlang so müde bin, dass ich manchmal kaum noch stehen kann. Bis das Leben wieder unendlich viel Quälerei wird. So viel, dass die MTA letztens festgestellt hat, dass ich ziemlich aggressiv sei. Ich hätte explodieren können, bei jeder weiteren Aufgabe, die sich in der ZNA noch ergeben hat. Weil ich einfach müde bin. Da muss ich mich echt bemühen.
Ich wusste, ich werde diese Entlastung von mir selbst einfach unfassbar doll vermissen. Und ich vermisse sie. Jedes Mal.

Meine Eltern und meine Schwester fahren diesen Film bis heute. Die erste Aussage im Telefonat, die neulich von meiner Oma kam war, dass meine Schwester ja nun bald ihren Doktortitel habe und wie weit ich denn da so sei und mich da doch mal rein hängen soll. Genauso wie in die Facharztweiterbildung. Und meine Schwester erzählt auch immer zuerst, was sie alles für die Arbeit / Doktorarbeit gemacht hat und ich bekomme jedes Mal Panik.
Ich sage nicht, dass mir meine Ausbildung egal ist, aber ich kann dieses Leben so einfach nicht mehr. Corona ist mir eigentlich hinsichtlich der Einschränkungen piepegal, weil ich kein anderes Leben kannte. Ich habe immer so gelebt. Und das möchte ich nicht mehr. Ich möchte leben und mich verlieben, ohne mich dabei schlecht zu fühlen. Cafè - Dates erleben, ohne auf die Uhr schauen zu müssen, weil ich die Zeit nachholen muss. Ich möchte wieder die Wochenenden auf der Straße verbringen, die Leute treffen die ich liebe, die Studienstadt unsicher machen. Sonnenauf- und Sonnenuntergänge am Fluss erleben, Erinnerungen schaffen.
Nur dass all das mit dem wichtigsten Menschen nicht mehr geht. Die Erkenntnis kommt zu spät.

 


Ansonsten….
Nächster Donnerstag.

22. April. Dein Geburtstag.
Hätte mir jemand vor einem Jahr erzählt, dass ich an diesen Tag einen Brief für Dich schreibe, Deine Kerze hoffentlich zumindest ein paar Minuten anzünde, dass Du nicht mehr hier bist, dass ich ausgerechnet an dem Tag die erste lange Nacht in der Klinik als einzige Neurologin verbringe und dass – nur so am Rande, das komplette Helfersystem auch nicht mehr existiert – ich glaube, das hätte ich nicht für möglich gehalten. Ich könnte schon jetzt weinen, wenn ich nur dran denke.

Ich bin an dem Tag aushilfsweise sogar morgens noch auf der Stroke Unit, bevor ich dann nachmittags in die Notaufnahme wechsle und dort bis zum nächsten Morgen bleibe, ehe ich gegen Mittag des nächsten Tages nochmal eine Oberarztvisite auf der Stroke Unit absolvieren muss (ich hoffe, ich kann da noch irgendwie klar denken).
Also was ich sagen will: Theoretisch ist die potentielle Bezugsperson sogar ganz nah dran, könnte wenigstens ein paar aufbauende Worte zwischen Tür und Angeln da lassen. Aber ich kenne seine Meinung zu dem Thema und vermutlich wird es sehr schwierig sein und sehr schmerzhaft für das Herz, die Bedeutung dieses Tages ihm gegenüber zu ignorieren. Ich brauche keine Eskalation vor meiner ersten Dienstnacht. Ich hoffe nur mein Kopf und die Tränen, für die hoffentlich auch irgendwann an diesem Tag Platz ist, haben das auch verstanden. 

So... - und jetzt gehe ich nach einem Sonntag wo... ?  - im Krankenhaus, wo sonst... - auch ins Bett... 

 

Mondkind

Kommentare

  1. Als normalerweise stiller Mitleser möchte ich einmal etwas ansprechen. Ich hoffe dass du das jetzt Geschriebene nicht falsch verstehst.

    Ich weiß nicht genau wie viele Geschwister du hast (ich glaube eime Schwester) und ob es sich immer um dieselbe Schwester handelt aber du berichtest häufig über Dinge die dich an ihr stören. Ich frage mich insbesondere wenn du über deine Kindheit berichtest warum euch das nicht eher zusammenschweißen hat lassen.

    Auf der anderen Seite und das ist dann wahrscheinlich der Grund war da eine große Konkurrenz zwischen euch beiden. ich meine dass du das auch mal berichtet hättest. Ich habe auch Geschwister und zwischen uns gab es früher gewissermaßen immer einen Konkurrenzkampf. Letztendlich war da immer ein gewisser Neid auf den anderen. Dies lag ebenfalls an meinem Elternhaus. Das hat unsere Beziehung untereinander sehr belastet.
    Gegenseitige Wertschätzung hat nicht existiert und schon gar nicht war es denkbar dass man sich für den anderen freut wenn bei ihm mal etwas besser geklappt hat.

    Mittlerweile führe ich ein selbständiges Leben und habe mich gewissermaßen aus den familiären Verstrickungen frei gekämpft. Insbesondere bei meiner Arbeit habe ich viele Kollegen kennengelernt die einem genau diese Wertschätzung entgegenbringen die ich lange vermisst habe. Irgendwie war mir auch gar nicht so ganz klar, dass es noch ein anderes Gefühl außer diesen Neid bzw. diese Konkurrenz gibt. Das konnte ich aber damals so nicht benennen sondern erst im Nachhinein. Heute weiß ich dass dieser Neid den ich damals hatte mich nur von innen aufgefressen hat. Insbesondere hat er die Beziehung zu meinen Geschwistern sehr belastet.

    Ich will dir jetzt nicht vorwerfen, dass bei dir auch soetwas besteht aber ich frage mich, was hat die Doktorarbeit deiner Schwester mit dir zu tun. Sie macht dich nicht zu einem besseren oder schlechteren Menschen. Dein Glück oder Erfolg ist insbesondere bei der räumlichen Distanz zu deiner Schwester nicht von ihrem Erfolg abhängig. Letztendlich kann sie nichts ändern wenn deine Oma dich darauf anspricht. Vielleicht, könntest Fu sogar eines Tages stolz auf sie sein und dich für sie freuen. Aber diese Einsicht dauert... Hat sie bei mir auch.

    Ich habe immer mehr das Gefühl das einfach ihr beide euch zusammenraufen solltet weil ihr das gleiche Schicksal erlebt habt und sie vielleicht die Schulter ist die du so dringend brauchst. Und vielleicht sagt sie es nicht und wirkt nach außen stark aber würde so gerne ihren Weg mit deinem teilen.

    So... es tut mir leid für die lange Ausführung und ich hoffe du verstehst mich richtig aber irgendwie habe ich immer das Gefühl dass ihr der Schlüssel für das Schloss des jeweils anderen seid.

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    1. Hey,
      Danke Dir erstmal für die Mühe und Dein langes Kommentar.

      Grundsätzlich stimme ich Dir schon zu, dass diese Beziehung mutmaßlich anders lufen sollte. Allerdings ist jahrelange Geschwisterkonkurrenz halt tatsächlich nicht so einfach weg zu zaubern. Was war das zu Schulzeiten noch schlimm - der eine hat dem anderen teilweise nicht mal die Luft zum Atmen gegönnt. Hat man eine Minute nicht aufgepasst, waren die Lernzettel weg; wurden nie wieder gesehen.
      Heute denke ich mir: Wir waren Kinder. Wir haben nicht verstanden, dass wir uns durchaus auch zusammen gegen die Eltern verbünden konnten. Damals ging es darum, dass jeder zumindest ein bisschen elterliche Liebe haben wollte und da konnte man auch eine 1 mitbringen, wenn das Schwesterchen die höhere Punktzahl hatte, war die 1 leider nicht viel wert. Und deshlb war es hautpsächlich ein erbitterter Kampf zwischen uns.
      Ich habe immer gehofft, dass es vielleicht nach der Schule besser wird, aber dann haben wir auch noch dasselbe Fach studiert...

      Ich muss ehrlich zugeben, dass ich zwischenzeitlich schon ein bisschen stolz auf mich war. Ich war zu Hause ausgezogen, habe mir und allen anderen bewiesen, dass ich unabhängig sein konnte, dass ich - dadurch, dass ich mir meinen zwischenmenschlichen Halt woanders gesucht habe - diese ganzen Beziehungen im Elternhaus nicht mehr wirklich brauche, ich habe mein Studium durchgezogen und mir zumindest eingebildet, dass ich die Doktorarbeit schon auch noch irgendwie rette.

      Aber seitdem der Freund nicht mehr da ist... - meine Schwester lebt mittlerweile auch alleine und unabhängig, ist fast fertig mit ihrer Doktorarbeit, investiert viel Energie (mehr als ich je haben könnte) und tatsächlich auch Freude in ihre Ausbildung und ich bin irgendwie sehr, sehr weit abgehängt mittlerweile.

      Manchmal wünschte ich wirklich, wir könnten dieses Geschwisterband mehr fühlen, mehr füreinander da sein. Und... - ich weiß nicht, ob das jetzt irgendwie komisch ist, dass ich solche Gedanken habe - aber ich denke manchmal: Wenn sie jetzt sterben würde - würde ich mir dann nicht ewig Vorwürfe machen, dass wir so unendlich viel miteinander verpasst haben.

      Vielleicht sollten wir darüber einfach nochmal sprechen. Zumal ich letzens mal irgendwo gelesen habe, dass man seine Geschwister mal rein zeitlich betrachtet am längsten mit auf dem Lebensweg hat. Und wenn man so drüber nachdenkt... - den Partner lernt man erst später kennen, die Eltern sterben irgendwann... - stimmt das schon. Also danke Dir für Deine Gedankenanregung.

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  2. Auch ich möchte dir nicht zu nahe treten ...

    Ich glaube das dein Bedürfnis nach Anerkennung, Wertschätzung und "da sein/mittragen" und die gleichzeitige Sorge vor Ablehnung, nicht-gut-genug sein auch bei deinem Gegenüber immer wieder Irritationen auslösen wird. Manche Menschen können damit umgehen, andere Menschen verunsichert dies dann auch und sie ziehen sich zurück.
    Ich glaube, dass du nur Anschluss, Freunde, Beziehungen (zu wem auch immer) finden kannst, wenn du mit dir glücklich bist und du dich trösten kannst- quasi dir selbst eine gute Mutter / beste Freundin sein. Dann ist es wunderschön andere Menschen um einen herum zu wissen, aber es ist auch in Ordnung, wenn mal niemand da ist.

    Ich möchte dir die Trauer um deinen Freund überhaupt nicht absprechen. Es ist furchtbar was passiert ist. Ich glaube, dass es ist wichtig, dass du die Erinnerungen in eine gedankliche Truhe packst und in ruhigen Momenten anschaust, in den Zeiten in denen du in der Klinik bist die Truhe aber auch geschlossen sein darf. So wie es sich momentan nämlich anhört ist sie noch dauer offen oder?

    Ich wünsche dir, dass du dir selbst eine gute Freundin sein kannst und du dich stabilisierst und merken kannst, wie wunderschön das Leben sein kann - fernab von Leistungen ...

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    1. Hallo,
      Danke Dir auch erstmal für das liebe Kommentar.

      Puh... - ja, das geht ja wieder in die Richtung von dem Seelsorger und auch dem, was der Herr Kliniktherapeut mal gesagt hat: "Sie müssen gute Eltern für sich selbst sein." Und ich habe ehrlich gesagt bis heute nicht verstanden, wie das funktionieren soll. Ich kann doch nicht zwei in eins sein, sozusagen. Manchmal braucht man einfach einen Menschen, der einen in den Arm nimmt, ein offenes Ohr hat, oder dergleichen.
      Und das heißt ja nicht mal, dass das zwingend im Rahmen einer vertikalen Beziehung (wie therapeutische Beziehung oder ähnliches) statt finden muss. Der Freund und ich waren ja zum Beispiel auch wechselseitig füreinander da, haben uns aufgefangen, unterstützt, Hilfe angeboten. Klar funktioniert das nicht, wenn es nur einseitig ist. Ich glaube immer, dass der Mensch halt nicht fürs Allein mit sich sein gemacht ist.
      (Die Bezugsperson redet halt auch super wenig über das Privatleben und das ist auch okay und ich respektiere das; frage aber schon hin und wieder mal nach um zu signalisieren: Ich will nicht nur was von Dir. Ich akzeptiere aber auch, wenn er das nicht möchte sehe aber schon die Problematik, dass es bei ihm halt vertikal ist).

      Vielleicht sollte ich das irgendwann in einer eventuellen Therapie, so es die je gibt, nochmal ansprechen. Vielleicht muss mir nochmal jemand erklären, wie das geht. Ich glaube, dass es durchaus beruhigend sein kann, sich in letzter Instanz immer auf sich selbst verlassen zu können, zu wissen, dass man alles händeln kann - aber aktuell kann ich das nicht von mir sagen.

      Zu dem Freund und dem Bild mit der Truhe: Vermutlich ist sie aktuell wirklich andauernd geöffnet. Und klar leide ich darunter ziemlich - denn wenn die Arbeit leidet, leide ich schon auch mit - aber ich habe extrem große Angst ihn zu vergessen, davor, dass er einen weniger großen Platz in meinem Leben einnimmt, dass ich nur auf den Gedanken kommen könnte, dass da wieder Raum für wen anders sein könnte. (Meine Kollegen ziehen mich gerade mit so einem Neurochirurgen auf, der letztens explizit wollte, dass ich mit ihm ein Doppler mache und ich werde da mittlerweile schon richtig sauer, aber hauptsächlich, weil es mir Angst macht, dass ich das in Erwägung ziehen könnte, mich mit ihm irgendwie länger zu unterhalten...).

      Ich glaube, das ist noch ein ganz, ganz langer Weg. Und ich habe absolut noch keine Ahnung, wie ich den gehen soll.

      Mondkind

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    2. Liebe Mondkind,
      man braucht auf jedenfall jemanden, der einen mal in den Arm nimmt, zuhört, einfach da ist. Ich glaube, dass es aber auch sehr wichtig ist, dass man sich selbst in jeder Situation gut versorgen und trösten kann, um nicht in eine Abhängigkeit von anderen zu kommen - das birgt dann nämlich auch wieder die Gefahr von verletzt/enttäuscht werden und die ganze "Kette", die bei dir und ganz sicher auch bei vielen anderen dranhängt.
      Ich kann mir vorstellen und ich wünsche es dir, dass dieses Thema in einer guten Therapie nochmal aufkommen darf und du für dich einen guten Weg finden wirst.

      Zu deinem Freund ... Das war mit der Kiste nur so ein Sinnbild ... Ich denke, dass nur weil du die während der Arbeitszeit gut gesichert und geschützt wegstellst, heißt das überhaupt nicht, dass du ihn vergisst oder er weniger wichtig wird. Sondern ich finde es heißt, dass du für dich und damit auch ein Stück für euch beide weiterlebst. Und würdest du deiner besten Freundin sagen, dass es verboten ist mit einem anderen Mann zu sprechen und zwischendurch mal eine schöne Zeit zu haben und Kollegen kennenzulernen und daraus vielleicht Freundschaften wachsen zu lassen?

      Dein Freund wird immer ein Teil von dir bleiben und die Kiste wird dich ein Leben lang begleiten, du kannst sie immer gut gesichert mitnehmen und dich immer an den schönen Momenten erfreuen, die ihr hattet. Vielleicht ist das hilfreich, dir nochmal bewusst zu machen, wie viele schöne Momente da waren und nicht den Fokus darauf zu legen, was jetzt alles nicht mehr geht. Das ist wirklich sehr traurig und gleichzeitig darfst du weiterleben und es dir schön machen.

      Ich wünsche dir alles Liebe!

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    3. Danke Dir...

      Ich habe das Sinnbild mit der Kiste jetzt auch gar nicht negativ aufgefasst. Ich verstehe schon, dass das Sinn macht, was die Menschen da von mir wollen. Klar kann ich auf der Arbeit nicht einfach ständig an ihn denken, das was mir die Patienten erzählen, mit meiner eigenen Geschichte vermischen. Und auch gut für sich selbst sorgen zu können ist sicherlich sehr sinnvoll - aber wie gesagt, ich weiß noch nicht, wie ich das konkret machen kann. Aber Du hast Recht, das wären sicher zwei sehr gute Themen für die Therapie und ich werde es - ich hoffe wir kriegen das demnächst hin - sicher im Hinterkopf behalten; danke Dir.

      Zu den schönen Momenten: Ich habe mal gelesen, dass das im Trauerprozess lange dauert, bis man von diesen Schrecken am Ende weg kommt und sich überhaupt wieder an die guten Zeiten erinnern kann. Ich merke, dass mir da manchmal gewisse Situationen, die mich an damals erinnern, oder Bilder aus der Studienstadt gut helfen. Und ich hoffe, dass ich irgendwann leichter an diese - im Moment für mich wirklich sehr verschütteten Erinnerungen - komme. Im Moment kommt mir mein Hirn im Bezug darauf nämlich vor, wie ein Schweizer Käse - ich habe tatsächlich einfach kaum noch Erinnerungen daran (vielleicht an die Situation selbst schon noch, aber nicht, wie ich mich damals gefühlt habe) und das macht mir schon ein bisschen Angst, weil ich das nicht verlieren möchte.

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