Psychiatrie #8



Hallo Ihr Lieben,



wenn alles nach Plan läuft beginnt hier heute meine letzte Woche. Zu Beginn hätte ich nicht gedacht, dass ich das mal sagen werde, aber langsam beginnt es mich alles ein wenig zu nerven auf Station.

Es ist nicht so, dass das Team dort nicht nett wäre – nein, so ist es nicht -, aber es ist nun mal trotz allem ein Krankenhaus. Und gleichzeitig bin ich irgendwie froh auch noch dort sein zu dürfen, weil es natürlich auch ganz viel Schutz bietet und auch immer einen Ansprechpartner, wenn es mir nicht gut geht.



Ich habe mittlerweile eine neue Zimmernachbarin bekommen. Vom Alter her passt das ungefähr zusammen und von der Problematik sind – zumindest von dem, was ich bisher mitbekommen habe – auch durchaus Prallelen vorhanden. Sie meinte schon, dass sie es schade findet, dass ich nächste Woche gehe…



Ansonsten habe ich letztes Wochenende die ersten Vorbereitungen für den Umzug getroffen.

Eine Kommilitonen und ihr Freund, die ein Auto haben, haben mich zum Glück begleitet, sodass ich nicht alles schleppen musste und außerdem haben die die Sachen bei sich gelagert, weil ich in der Klinik nun wirklich keinen Platz mehr habe.



Neben lila Farbe und weißer Farbe zum Ausbessern, Kreppband und Folie, habe ich auch noch Haken organisiert, um mein Ergotherapie – projekt aufzuhängen und ein Wandtattoo mit der Aufschrift „home“. Letzteres war eigentlich gar nicht im Plan, aber es ist mir ins Auge gesprungen und weil ich mit der Begrifflichkeit ja so arge Probleme habe, erschien es mir irgendwie passend, das in meinem eigenen kleinen Bereich aufzuhängen.



Ich habe mittlerweile schon einen genauen Plan, wie es da aussehen soll. (Eigentlich hatte ich den ja schon länger, aber jetzt habe ich eben Gelegenheit den umzusetzen). Ich werde auf jeden Fall Fotos machen, wenn alles fertig ist ;)

***

Ansonsten war das Wochenende irgendwie relativ anstrengend. Das Thema von Dienstag hing mir immer noch ordentlich nach und weder der Psychologe noch der Arzt – auf den ich Freitag extra noch bis 23 Uhr gewartet hatte (er hatte Nachtschicht…), waren in irgendeiner Weise darauf eingegangen.

Und der Schuh drückt nun mal gerade nicht dort, wo Arzt und Psychologe das gern hätten. Der Psychologe meint, dass der Umzug gerade ordentlich auf die Stimmung drückt und ich daraus zu viel Stress mache. Ich solle doch erst mal die ganzen Kisten hinein stellen und dann sei es ja kein Problem ein paar Wochen im Chaos zu leben.



Wenn ich mir so sein Büro ansehe, kann ich mir schon vorstellen, dass er damit kein Problem hat, aber warum sollte ich es mir nicht gleich ein wenig hübsch machen? So viel Mehraufwand ist ein bisschen Streichen, ein paar Gegenstände an die Wand hängen und die ein oder andere Pflanze organisieren nun auch nicht. Und gerade wenn ich solche Probleme habe, meinen Ort zu finden, so ist das glaube ich irgendwie wichtig dem Raum ein bisschen Persönlichkeit zu geben.

Ich war dann am Wochenende bei der Pflege und diese Menschen haben den unglaublichen Vorteil, dass sie einfach mal zuhören können. Ja wir drehen uns hier nur noch im Kreis und dann ist es vielleicht wirklich Zeit zu gehen und das ist denke ich auch wirklich besser so.



Und dann kamen wir irgendwie nochmal auf den Kurs vom Dienstag zu sprechen und dann hat sie mich gefragt, ob mit dem Kurs für mich eine Grenze gefallen ist. „Irgendwie schon, ja“, habe ich geantwortet. „Es ist einfach viel zu einfach und selbst wenn ich Medizin studiere, habe ich mich damit nie beschäftigt.“



Über das Thema Suizidgedanken reden zu dürfen, war unglaublich entlastend. Ich hätte das nicht mit jedem von der Pflege getan – zu einigen hat man nun mal einen besseren Draht, das ist ja immer so.

Sie hat mich kritisiert, dass ich das Thema bis jetzt nie direkt angesprochen habe – jedenfalls nicht nachdrücklich genug und dann habe ich ihr erklärt, dass das für mich ein absolutes Tabu – Thema ist. Ich habe nun mal die Erfahrung gemacht, dass meine Schwester diese Option als Instrument genutzt hat und ich weiß dadurch auch, was diese Andeutungen beim Gegenüber auslösen, selbst dann wenn man sich quasi hundert prozentig sicher ist, dass das jetzt eine Maßnahme zum erpressen ist. Am Ende springt man dann doch, wie das Gegenüber es gern hätte.

Ich habe erklärt, dass ich nicht möchte, dass sich die Menschen zu viele Sorgen machen oder dass mir vorgeworfen wird, das Thema zu instrumentalisieren. Denn irgendwo im Hintergrund läuft es immer ab – ich glaube, es gibt keinen Tag, wo es keine Suizidgedanken gibt, auch wenn das nicht immer so konkret ist.



Dass ich das langfristig plane, das glaube ich gar nicht mal, aber vor möglichen Kurzschlussreaktionen habe ich schon Angst und das wäre nochmal ein konkretes Thema, an das ich mit den Ärzten dran könnte. Da würde ich halt nur nochmal ein riesen Fass aufmachen.

Naja… - heute morgen sitze ich erstmal in der Uni und ich bin mal gespannt, ob mich heute Nachmittag jemand auf Station einsammelt und mich nochmal zu dem Thema befragt… Irgendwie wäre es erleichternd, aber auf der anderen Seite weiß ich, dass jegliche Gespräche darüber unglaublich schwierig sind und ich dann manchmal minutenlang brauche, um einen Satz zu basteln.

Alles Liebe
Mondkind

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