Psychiatrie #10



"Oh ist der Sommer vorrüber,
Oh – oh kann die Erde sich dreh’n"

Die Zeilen stammen nicht von mir. Sind aus einem Lied…
Ich löse viel über die Musik momentan.

So langsam ist alles in trockenen Tüchern. Am Wochenende werde ich umziehen, muss die ganze Sache aber aus strukturellen Angelegenheit bis Samstagabend über die Bühne bringen.

Heute wasche ich – wenn ich es schaffe – noch eine Maschine. Demnächst kostet jedes Waschen 2,50 Euro, da fange ich doch mal mit einem gewaschenen Repertoire an.

Und dann werde ich morgen nach der Uni packen, abends holt mich ein ehemaliger Mitpatient ab und wir bringen die meisten Sachen aus der Klinik in die Wohnung. Nur das Nötigste bleibt noch bis Montag hier.

Samstag wird dann gestrichen und wir fahren noch ein paar Touren und holen meinen ganzen Krempel in meine neue Wohnung.

Und wenn die Klinik es erlaubt, könnte ich Sonntag in der Wohnung bleiben und aufräumen. Das wäre auch nochmal eine gute Übung, ob das wirklich klappt.
Wobei das irgendwie auch hinfällig ist, weil es klar ist, dass ich Montag gehe.

Mein Ergo – Projekt ist leider nicht fertig geworden. Irgendwie hat der Ergotherapeut gestern mit der gesamten Gruppe über meinen Umzug geredet und Probleme gesehen, wo gar keine sind. Ich habe ihn auch leider nicht herunter bekommen von der Schiene.
Ich habe mal in meinem Tagebuch gesucht. Seit Mitte Mai steht das Projekt schon in dem jetzigen Zustand in der Ecke. Er muss mir halt helfen, um das fertig zu machen – schon mal allein, weil ich nicht weiß, wo die Farben stehen, die ich noch brauche.
Ich finde es wirklich ein bisschen schade. Ich hatte darauf gefreut, das bei mir zu haben. Es vereint meine letzten 10 Jahre in einem einzigen Bild. Für andere mag das relativ unscheinbar erscheinen, aber mir bedeutet es so viel.
Naja… ich weiß ja, wie ich das gemacht habe. Ich kann es in den Semesterferien nochmal angehen. Dann werde ich wohl auch statt der Holzpaletten, eine Leinwand nehmen. Dann ist das mit dem Aufhängen auch einfacher, denn so einfach hängt man zwei Holzpaletten nun mal doch nicht an die Wand.

Ansonsten… - es ist okay, dass ich gehe. Das nützt hier alles nichts mehr, wir drehen uns unaufhörlich im Kreis und jeglicher Versuch einer Kommunikation, in der ich versuche zu erklären, was los ist, scheitert.
Ich hätte mir das einfach anders vorgestellt nach 10 Wochen Klinik.
Im Prinzip geht es jetzt – zumindest emotional gesehen – genauso weiter wie vor der Klinik. Das kann mir nur keiner abnehmen und die haben da auch keine Zeit, das einfach mal mit mir auszuhalten. Diese Schwere auf den Tagen, von denen ich nicht so recht weiß, woher sie kommt. Ich komme mir einfach verschaukelt vor, wenn es dann heißt: „Es wird schon besser.“ Oder „Sie müssen sich Freunde suchen.“ Oder „Sie dürfen sich später im Job nicht ausnutzen lassen.“ Das ist alles nicht der Punkt, worum es geht.
Hätte ich gestern das Tavor noch gehabt (das noch an meinem alten Wohnort steht), hätte ich mich glaube ich einfach versucht ein bisschen abzuschießen und dann ins Bett zu gehen. Jeder der meint, dass das alles so einfach ist, soll das einfach mal eine Stunde aushalten und dann können wir weiter reden.

Mal sehen, ob ich heute den Psychologen nochmal antreffe – dann müsste ich eine halbe Stunde eher aus dem Seminar verschwinden und dann ist das halt auch echt keine Garantie. Der hat immer mehr als genug zu tun.

Ansonsten ist mir gestern ein Satz des Oberarztes wieder eingefallen. Er meint auch, dass nach dem Studium alles auf wundersame Art und Weise besser wird. „Es ist nur wichtig, dass Sie sich bis dahin nicht umbringen.“

Am Anfang fand ich diesen Satz ziemlich taktlos. Aber er hat Recht. Nicht zu sterben ist das vorrangige Ziel – auch nach 10 Wochen Klinik.

Alles Liebe
Mondkind

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