Psychiatrie #4
Hi Ihr Lieben,
Jeden Freitag gibt es zu einem festgesetzten Zeitpunkt eine
Runde, in der die Gruppenregeln noch mal erläutert werden.
Manche Dinge davon, habe ich bis heute nicht verstanden. Im
Fall eines Brandes, ist unser Sammelpunkt auf der Nachbarstation. Blöd nur,
dass das eine geschützte Station ist.
Andere Regeln sind beispielsweise, dass wir nicht über
Suizid, Alkohol, Drogen, Gewalt und Sexualität reden.
Auch eine Regel – die wohl kaum einer beachtet - ist, dass
wir keine Handynummern austauschen sollen.
Am Anfang war ich damit auch eher vorsichtig. Wenn ich jetzt
allerdings in meine whatsApp – Verläufe schaue, sind die aktuellsten
Diskussionen mit Mitpatienten. Wir haben mittlerweile sogar eine „Klapsengruppe“
gegründet. Da sind auch viele drin, die mittlerweile schon nicht mehr da sind.
Bezüglich Hilfen für meinem Umzug kann das aber ganz
praktisch werden. Es gibt Viele, die angeboten haben zu helfen und wenn davon
nur ein paar Zeit haben, wird schon Vieles einfacher werden.
Die Gruppe befindet sich im ständigen Umbau und wir hatten
eine Zeit, in der wir ein wahnsinnig gutes Gruppenklima hatten. Mittlerweile
ist das ein wenig anders, aber durch die Gruppe gibt es immer noch einen regen
Austausch.
Und manchmal ist es auch einfach gut für organisatorischen
Krempel.
Gestern Abend beispielsweise hatte ich ein ganz ordentliches
Tief. Es heißt immer, dass wir in dem Fall auf der Station anrufen sollen, oder
zurück kommen sollen. Zurück kommen geht in meinem Fall nicht, da ich aus dem
Kaff in dem mein Vater wohnt, gar nicht weg komme.
Es kann aber auch sein, dass wir eine Aushilfe auf Station
haben oder eine Pflege, mit der ich gar nicht zurecht komme, oder von der ich
weiß, dass sie ein wenig überreagiert.
Unsere Diskussion von gestern Abend
Ich: Ihr Lieben,
ist einer von Euch auf Station und weiß, wer heute Spätdienst hat?
Mitpatientin: Frau X
Ich: Danke. Hast Du aus dem BEN schonmal auf
Station angerufen, wenn es Dir nicht gut ging? Was machen die dann? Ich komme
aus dem Kaff hier ja nicht weg…
MP: Ja hab ich. Die sagen dann, dass Du Skills
anwenden sollst, Dich ablenken und wenn es gar nicht geht, zurück kommen
Ich: (Nach dem
ersten Telefonversuch): Na im Stationszimmer ist sie offensichtlich nicht.
MP: Ich schau mal
– Moment.
Mh…
vielleicht auf der Nachbarstation… :/
Die ist
grad nicht da und die anderen wissen auch nicht, wo sie ist
Ich
warte grad
Sie ist
da.
Nee,
jetzt geht sie auf Klo
Sie ist
im Pflegezimmer
Ich: Okay danke,
ich schaue mal, ob ich mich hier jetzt grad mal abseilen kann.
MP: Wenn ich Bescheid sage, kriege ich Ärger.
Du musst irgendwie versuchen anzurufen. Geh auf Klo oder so…
Letzten
Endes hat das Telefonat dann funktioniert. Es ist halt ziemlich blöd am
Wochenende vor Der Entlassung
noch auf der Station anrufen zu müssen, weil es einem
so schlecht geht. Aber
wir haben als
Gruppe schon einen erstaunlichen
Zusammenhalt.Vielleicht, weil wir irgendwo
alle doch im selben
Boot sitzen.
Hallo Mandy ♥
AntwortenLöschenvielen Dank für deine lieben Worte.
Es freut mich, dass dich meine Texte bewegen und ich es vielleicht ein wenig schaffe, die entsprechende Stimmung rüber zu bringen. ♥
Ich hoffe auch, dass ich es schaffen werde, irgendwann besser damit zu leben. Eigentlich war es sogar schon besser.. Aber wahrscheinlich ist es normal, dass dieser Prozess ein Auf und Ab ist, solange die Tendenz nach oben geht und ich denke das tut sie.
Danke, dass du schreibst, ich hätte viel erreicht. Ich weiß nicht, ob es "viel" ist.. ich habe immer das Gefühl, dass die meisten Menschen viel viel mehr können und leisten als ich. Aber um ehrlich zu sein ist es wirklich mehr, als ich geglaubt hätte, erreichen zu können. Ich weiß auch bis heute nicht, wie ich es überhaupt schaffen konnte trotz all dem, was in meiner Oberstufenzeit passiert ist, einen solche Abischnitt zu schaffen. Ich bin einfach froh, dass mir all das nicht die Möglichkeit nehmen konnte Medizin zu studieren.
Ich habe gar nicht mitbekommen, dass du in eine Klinik gegangen bist. Tut mir leid, ich schaffe es zur Zeit nicht viel mitzulesen.. Wie lange bist du schon dort und wie kam es letztendlich doch zu der Entscheidung? Ich bin froh, dass du sie getroffen hast und ich wünsche dir von Herzen, dass dir der Aufenthalt helfen wird. Ist das eine Station auf der vorbestimmt ist, wie lange ein Aufenthalt dauert?
Ich durfte diesen Zusammenhalt, von dem du schreibst auch oft erleben und ich finde, dass er in solchen Zeiten wirklich unglaublich helfen kann. Leider habe ich die Erfahrung gemacht, dass nur wenige Freundschaften lange über die Klinikzeit hinaus halten :/ Aber eine gute Freundin, die ich in der Klinik kennen gelernt habe, habe ich noch heute :)
Wann und wohin wirst du umziehen? Es klingt toll, dass dir dafür Hilfe angeboten wurde :)
Alles Liebe,
Lia
Hallo Lia,
AntwortenLöschendanke für Deinen Kommentar.
Ich bin jetzt seit sieben Wochen in der Klinik. Schon schräg. Als ich dort angekommen bin, war April - genau da, als es nochmal so kalt war. Als ich letztens meine Wintersachen aus der Klinik mitgenommen habe, kam es mir vor, als wäre ich schon irre lange da.
Letzten Endes war das so eine Spontanentscheidung. Vor Ostern ging gar nichts mehr und in der ersten Uniwoche war ich zu nicht mehr in der Lage, als physisch anwesend zu sein. Ich konnte keine zwei Sätze mehr lesen, nichts mehr zusammen fassen, nicht mehr lernen und dann kamen mit der Zeit konkrete Suizidfantasien. Nicht so schlimm, dass man mich hätte zwangseinweisen müssen, aber doch so, dass die eine Akuteinweisung veranlasst haben, die Entscheidung aber bei mir gelassen haben. Wobei Entscheidung relativ ist. Die hatten ein Bett frei und haben mir das fünf Minuten vor 12 Uhr gesagt und das Bett war bis 12 Uhr geblockt... und dann habe ich einfach gedacht: Wenn Du Dir selbst nicht mehr helfen kannst, aber es auch nicht zulassen kannst Dir selbst zu helfen, wird das wohl nicht mehr lange gut gehen.
Ich ziehe jetzt in meine Studienstadt. Ich kann dann sogar mit dem Rad zur Uni fahren. Ich glaube, das wird wirklich cool. Ansonsten... tja - wird man es sehen. Ich habe etwas Angst dort zu vereinsamen.