Lost again...


„Was ist jetzt mit dem Sono morgen? Soll ich das streichen?“, fragt die Schwester.
Ich stehe mit beiden Armen auf dem Tisch aufgestützt neben ihr.
„Ich weiß es nicht“, flüstere ich kaum hörbar. „Entscheiden wir morgen früh.“
„Mondkind…?“
„Es ist alles okay…“
Und etwas lauter und möglichst freundlich zum Patienten „Kommen Sie, ich bringe Sie wieder hoch.“
Letzte Handlung für heute. 



Es gibt sie. Diese Zeiten und Tage. In denen die Stille zu laut ist. In denen man selbst in Gesellschaft verloren ist. In denen die Welt grauer erscheint, als sonst. In denen die Tage nicht enden und die Nächte auch nicht. Jedes Wort, das man sprechen muss, zu viel ist.
Zeiten, in denen man alles anzweifelt. In denen ich mich frage, warum ich überhaupt hier bin. Was ich hier mache. Wie ich gedenke, dass eine Zukunft aussieht. Zeiten in denen ich mich frage, wie ich zwischen dem Gestern und dem Morgen, zwischen den Welten, zwischen meiner Studienstadt und hier überleben soll. Diese Zerrissenheit, die sich überall wieder findet.

Zeiten, in denen man so viel telefonieren kann, wie man will. In denen ich so oft durch den Park gehen kann, wie ich mag. Zeiten, in denen selbst sonst gern gesehene Menschen zu viel sind.
Zeiten, in denen nichts und niemand diese Schwere von den Tagen nehmen kann, die sich hinter einer freundlich lächelnden Mondkind verbirgt.

Ich habe in den letzten Tagen so sehr versucht, mich dagegen zu wehren. Und gehofft, dass es nicht so kommt. Und jetzt ist es soweit. Es wird mindestens ein paar Tage dauern, bis es besser wird. Die ich hier irgendwie packen muss.

Ganz kleine Schritte. Erstmal nur aufstehen. Nur ins Bad gehen. Und dann nur Kaffee trinken. Und dann nur zum Krankenhaus fahren. Vor der Blutabnahme kommt noch umziehen. Du kannst  bis dahin nicht viel verkehrt machen. Keine bedrohliche Situation. Niemand, der das nicht existierende Gleichgewicht stören kann. So geht es den ganzen Tag. Ein Fuß vor den anderen. Langsam.

Und nicht fragen, wo das im Zweifel enden soll. Die Möglichkeiten hier Hilfe zu bekommen, sind ja nun eher begrenzt. Und nicht überlegen, wie lange das auszuhalten ist. Gefühlt funktioniert das keine zwei Stunden mehr. Aber irgendwie geht es ja doch. Immer.
Ob das nun Fluch oder Segen ist… - darüber lässt sich streiten.

Mondkind

Bildquelle: Pixabay

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