Die erste Fortbildung - Erfahrungsbericht und Reflektion
Wie man sieht, hat die Zeit nicht ausgereicht, um zwischenzeitlich mal
ein paar Zeilen zu verfassen.
Die letzten Tage hatten ein unglaublich hohes Tempo.
Der Reihe nach.
Dienstag, 11.02.2020
Ich bin nach dem Tagdienst zu Hause. Das Telefon klingelt „Mondkind,
ich bin da. Kannst Du runter kommen?“
Also schnappe ich meinen Rucksack und meinen Koffer und dann beginnt
das Abenteuer. Nachdem die Kollegin mich eingesammelt hat, holen wir noch den
Kollegen ab und dann brechen wir – schon in der Dunkelheit – auf. Vier Stunden
später sind wir da.
„Jetzt gehen wir aber noch in die Stadt…“, beschließt der Kollege. Eigentlich
möchte ich nur mein Bett, denke ich mir so. Es ist schon fast Zeit zum Schlafen
gehen und immerhin habe ich schon einen ganzen Arbeitstag hinter mir. Aber ich
fürchte… - man muss sich integrieren.
„Ich würde vorschlagen, wir gehen in ein Brauhaus“, beschließt der
Kollege. Nächstes Problem. Natürlich wollen die beiden Bier trinken gehen und
ich weiß ehrlich gesagt nicht, wann ich das letzte Mal Alkohol getrunken habe. Allerdings
habe ich jetzt aber auch keine Lust die „Mondkind, warum trinkst Du keinen
Alkohol?“ – Nummer wieder aufleben zu lassen. Das mag ein bisschen inkonsequent
sein, aber ein Bier wird mich sicher nicht umbringen. Und dafür gehöre ich dann,
ohne Diskussionen, mal ganz unkompliziert dazu. Als Teil einer Gruppe. Nicht
die Mondkind mit den grünen Ohren, die immer irgendwie anders ist.
Am Ende merke ich das Bier doch. Aber die anderen wahrscheinlich auch.
Neueste Geschichten aus der Klinik, die man im nüchternen Zustand sicher nicht
hören würde. Kann amüsant sein. Und ich lerne, dass ich vielleicht doch nicht
zu den größten Idioten in dieser Klinik gehöre.
Es ist weit nach Mitternacht, als ich das Zimmer unter der Dachschräge
aufschließe und fast die Krise bekomme. Bis zum Klingeln des Weckers ist es
nicht mehr weit und vor uns liegen drei Tage Programm.
Mittwoch, 12.02.2020
Das Frühstücksbuffett des Hotels lassen wir aufgrund eines
indiskutablen hohen Preises weg und gehen stattdessen zum Bäcker um die Ecke.
Es ist schon am Morgen unglaublich laut. Die Obsthändler füllen ihre Kisten mit
den Waren auf, LKWs donnern durch die Straßen, um die Läden pünktlich zu
beliefern. An jeder Ecke sieht man junge Menschen auf klapprigen Fahrrädern und
bis zum Bäcker wird man schon drei Mal fast umgerannt. Ich werde nie wieder in
die Großstadt ziehen…
Aber nach einem Kaffee und einem Käsebrötchen sieht die Welt schon ein
bisschen entspannter aus.
Im Anschluss machen wir uns auf den Weg zur Psychiatrie, wo die EEG –
Tage stattfinden. Auf dem Weg dorthin ziehen die Kollegen mal wieder alle
Schubladen von Vorurteilen so auf, die es so gibt. Ich kommentiere das nicht
großartig. „Mondkind, Du musst auch noch ein Jahr in die Psychiatrie. Man kann
nicht früh genug anfangen, das Wesen der Psychiatrie kennen zu lernen“, ist die
Schlussfolgerung des Kollegen nach dem kleinen Exkurs. „Oh Leute, wenn Ihr wüsstet“,
denke ich mir.
Vor dem Gebäude stehen ein Krankenwagen und ein Polizeifahrzeug. Und
dann betreten wir das Gebäude. Irgendwie ist es ein ganz, ganz beklemmendes
Gefühl – vielleicht werden Psychiatrien das immer sein, weil es immer
Erinnerungen wecken wird. Ein bisschen herunter gekommen sieht es hier schon
aus in diesem alten Gebäude mit den langen, weißen Fluren und den schweren,
alten Türen. Ein bisschen erinnert mich das an eine Führung, die mir mal ein
Psychiatrie – Oberarzt in einer Famulatur durch ein altes Psychiatrie – Gebäude
gegeben hat, in dem es tatsächlich ziemlich unzumutbar aussah.
Unser Weg führt uns aber in den Hörsaal. Nächstes Déjà vu. So lange
ist es doch noch nicht her, dass man in einem Hörsaal gesessen hat. Aber irgendwie
legt sich eine eigenartige Ruhe über mich „Nur sitzen und zuhören Mondkind. Du
kannst heute keinen Patienten umbringen. Es ist nicht möglich…“
Und dann startet auch schon die erste der dreißig Veranstaltungen der
nächsten drei Tage.
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Fast wie zu Studenten - Zeiten...🎓 |
Der erste Tag ist sehr psychiatrielastig. Sehr interessant ist die
Idee Biomarker zu finden, die die Wirksamkeit von Therapien bei Depressionen im
EEG voraussagen soll. Bei einem ausgeprägten Alpharhythmus rechtsfrontal sollen
Frauen beispielsweise gut aus SSRIs ansprechen. Ich bin gespannt, was da noch
kommt in den nächsten Jahren.
Auch der Vortrag über die rTMS ist spannend. Bisher fehlte mir da
immer ein bisschen die Rationale. Was genau soll das im Gehirn bewirken. Das
hat sich mir jetzt erschlossen und auch, wie man rTMS bei vielen anderen
neurologischen Krankheitsbildern – selbst im Stroke – Geschäft, einsetzen
könnte.
Auch der Vortrag zur Früherkennung von Schizophrenie war interessant –
vor allen Dingen, weil die Uni an der ich studiert habe auch ein
Früherkennungszentrum hat, durch das die mich auch mal durchgenudelt haben
(nicht, weil sie glaubten, dass ich eine Schizophrenie habe, sondern damit ich
noch ein paar Termine in der Ambulanz bekommen habe…) und die haben so völlig
andere Marker und Methoden vorgestellt, sodass ich mich still gefragt habe, ob
die Unis wohl von den jeweils anderen Arbeiten wissen.
Es gibt auch einen Vortrag über ADHS und dass man Lernen im Sinn einer
Alpha – Theta – Kopplung im EEG sehen kann. Interessant, was man mit dem EEG
alles sehen kann.
Auf jeden Fall waren die ganzen Psychiatriethemen auch persönlich sehr
bereichernd.
Abends gab es noch einen Worhshop zum Thema EEG – Montage und
Ableitung, den ich gern noch mitgenommen hätte, weil ich im Dienst keine Ahnung
habe, wie ich sowas überhaupt technisch mache, aber der war so überfüllt, dass
wir dann etwas eher gegangen sind.
Im strömenden Regen sind wir dann nochmal in die Innenstadt gezogen.
Ich war noch nie hier und es ist schade, dass es so geregnet hat und so dunkel
war – da hat man echt wenig gesehen von der Stadt.
Der Abend endete in einen Brauhaus – wo auch sonst. Aber die Kollegin
war auch sehr müde, sodass wir etwas früher nach Hause gegangen sind und
tatsächlich kurz vor Mitternacht in unseren Betten lagen.
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Ich habe in einem Hotel auch noch nie unter einer Dachschräge gelebt... 😏 |
Donnerstag, 13.02.2020
Der Tag beginnt auch heute beim Bäcker um die Ecke.
Fast schon routiniert laufen wir danach in Richtung Psychiatrie. Kaum
einen Tag hier, kennen wir uns aus, in unseren zwei Querstraßen, innerhalb
derer sich tagsüber unser Leben abspielt.
Der Tag heute ist dann wirklich Neuro- / EEG – lastig.
Es geht um die Entstehung des EEGs, um die Differentialdiagnostik von
epilepsietypischen Potentialen und um ein Update in der Therapie eines Status
epilepticus.
Es ist, wie in der Uni – Zeit. Ich schreibe so schnell es geht mit, um
alle Infos aufzusaugen. Links und rechts von mir sitzen die Kollegen – alleine in
der Reihe zu sitzen, fand ich immer sehr unangenehm. Und dann merke ich, wie
ich die Zeit völlig vergesse. Ich hätte ja nie gedacht, dass ich das so
spannend finden könnte und es ist definitiv gut, dass ich schon ein bisschen
etwas zum EEG gelesen habe, sonst wäre es tatsächlich schwierig geworden – aber
ich komme wirklich mit. Und manchmal habe ich die gesuchte Zacke im EEG schon
gefunden, bevor der Dozent dazu kommt sie mit seinem Pointer zu umfahren.
Am Abend haben wir noch einen Vortrag aus der pädiatrischen
Epileptologie, in der uns allerhand kindliche Epilepsien vorgestellt werden,
was wirklich sehr spannend ist.
Und wenn ich kurz in mich selbst hinein horche, dann stelle ich etwas
sehr Interessantes und sehr Vertrautes fest: Ich finde die Themen immer noch
sehr interessant. Neuro und Psychiatrie sind wahrscheinlich immer noch „meine
Fächer“. Aber es ist wie in den alten Zeiten, in denen ich immer froh war, wenn
die Famulaturen und Praktikums – Wochen vorbei waren. Ich bin nicht der große
Praktiker. Eher so der Theoretiker. Vom ersten Semester an habe ich gefühlt,
dass das mir irgendwann ein Bein stellen wird. Tut es auch sehr verlässlich.
Aber bis jetzt habe ich es trotzdem geschafft mit dem Klinikalltag.
Es gibt auch noch Nicht – Epilepsie – Vorträge an diesem Tag. Der Hilfreichste
ist wahrscheinlich der zur Schmerztherapie bei zentralem Schmerzsyndrom nach
Schlaganfall – auch wenn ich ja nicht mehr lange auf der Stroke Unit bin.
Auch zur Elektromyographie hören wir eine Menge, aber da habe ich mich
bislang zu wenig gebildet, um wirklich alles zu verstehen, was gesagt wird.
Der Abend endet – natürlich – in einem Brauhaus und heute bleiben wir
wirklich lange. Gesprächsthema unter anderem ist heute, wie wir alle dazu
gekommen sind, Medizin zu studieren. Keiner von uns hatte das wirklich als Plan
– und vielleicht ist es dann okay, dass auch ich nicht schon seit dem
Kleinkindalter wusste, dass ich unbedingt Medizin studieren muss – und
stattdessen einfach hinein gerutscht bin, weil es damals keine andere Lösung
mehr gab. Aber das heißt nicht, dass sich jede Begeisterung für dieses Fach
jetzt falsch anfühlen muss, weil es nicht meine Idee war. Ich hätte mit
Sicherheit auch woanders meine Nische gefunden. Sich jetzt für ein Fach
innerhalb der Medizin zu begeistern, ist kein Verrat gegenüber mir selbst.
Mitten in der Nacht wasche ich meine Haare, um nicht morgens ganz so
früh hoch hüpfen zu müssen und dann dürfen endlich die Augen geschlossen
werden.
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Die Decke vom Brauhaus, in dem wir waren. Ich war ehrlich gesagt noch nie in solchen Locations. War schon eine Erfahrung... |
Freitag, 14.02.2020
Der Plan war eigentlich, am Morgen die Koffer schon zum Auto zu bringen
und dann noch in die Bäckerei zu gehen. Der Plan konnte nicht funktionieren,
weil wir nur zehn Minuten eher aufgestanden sind, der Parkplatz aber entgegen
der Richtung des Bäckers war und man bis zum Auto in eine Richtung zehn Minuten
läuft.
Also muss uns heute Morgen die Psychiatrie mit Kaffee versorgen. So… -
nebenbefundlich stelle ich fest, dass die ganz nett designte Kaffeetassen
haben. Nicht so diese üblichen Klinik – Kaffeetassen, mit denen die
Psychosomatik – Patienten hier auch immer durch den Kurpark spazieren.
Der Tag heute steht nochmal zum Großteil im Zeichen des EEGs. Es geht
um die Pharmakotherapie der Epilepsie, um den Stellenwert von Langzeit- und
Video – EEGs, sowie Pharmakotherapie – Effekte auf das EEG und im Anschluss
gibt es ein EEG – Quiz. Logisch ist wohl, dass ich davon nicht alles
beantworten kann – so viel geballtes Wissen der letzten Tage kann man ja gar
nicht mit einem Mal aufnehmen.
Aber ich erkenne schon mehr als vorher und irgendwie fällt es mir auch
gar nicht auf, dass der Typ eine halbe Stunde überzieht und unsere Mittagspause
dadurch vernichtet. Es ist schon extrem spannend mit dem EEG – auch, wenn ich
immer noch Angst habe, nicht schnell genug alles zu können. Immerhin weiß der
Kollege ja jetzt, was ich alles können muss; er saß ja neben mir.
Die Letzten der dreißig Vorträge sind nochmal von den Psychiatern. Im
letzten Vortrag geht es um neurobiologische Veränderungen im Rahmen von Psychotherapie,
die man mit EEG und Bildgebung festgehalten hat. Dazu hat einer der
vortragenden Professoren ein sehr schönes Statement gefunden: „Psychiatrische
Erkrankungen sind eine organische Erkrankung des Gehirns. Da ist ja logisch und
naheliegend, dass man da im Rahmen von Psychotherapie auch Veränderung und
Modulation im Gehirn erkennen kann…“
Das nimmt diesem ganzen Thema psychische Erkrankungen, das alle drei
Tage über von den beiden Kollegen heiß diskutiert wurde und dabei selten
verständnisvoll beleuchtet wurde, ein bisschen die Willkür.
Am späten Nachmittag sind wir auf dem Weg heim. Und während wir im
Stau stehen, möchte der Kollege und spätere Vorgesetzte von mir eine
Zusammenfassung über die generalisierten Epilepsien. Er testet mich schon. Und
ich glaube, ich brauche nicht nur ein EEG – Buch, sondern auch eine gute
Zusammenfassung über Epilepsien, die mehr als die Leitlinien her gibt…
Auf dem Heimweg reflektiere ich ein wenig. „Die erste Fortbildung
bleibt einem im Gedächtnis Mondkind“, erklärte der Kollege irgendwann in den
letzten Tagen. Ich glaube, es hat tatsächlich einfach gut gepasst. Die Themen
waren spannend, bringen mich sicher im Klinikalltag weiter und haben mir
persönlich aber auch noch einige neue Perspektiven aufgezeigt. Auf jeden Fall
werden diese drei Tage wohl im nächsten Jahresrückblick erwähnt werden.
Irgendwie war es streckenweise ein merkwürdiges Gefühl im Untergrund,
sich wieder in die Studentenzeit zurück versetzt zu sehen. Es geht gar nicht
darum, dass das Leben da einfacher war – war es nicht. Durch die ständigen
Prüfungen, durch die Staatsexamen im fünften und sechsten Jahr, war es
durchgehend Stress und davor war die Wohnsituation der Stressfaktor. Aber es
war auf einer anderen Ebene sicherer. Dem konnte ich nochmal nachspüren. Kein
Job, in dem man täglich bewertet wird, in dem ein Mal die Woche die
Chefarztvisite perfekt zu funktionieren hat, in dem man mit einem Fehler
Jemanden umbringen kann und eventuell schon verklagt wurde, ohne das zu wissen.
(So paranoid ist das nicht – es gibt da so einige Storys, habe ich von den
Kollegen erfahren, weil Gesundheit natürlich ein hochsensibles Feld ist). Und
daneben hatte ich auch so meine
persönlichen Sicherheiten. Die Ambulanz auf dem Uni – Gelände, die Therapeutin,
die sich im Notfall um zeitnahe Gesprächstermine gekümmert hat – meist noch am
selben Tag. Und sollte es mal gar nicht mehr gehen das Wissen, dass die Klinik
nicht weit weg ist und ich da auch selbst hinkomme. Solche absolute
Hilflosigkeit in Krisensituationen, habe ich dort nie gefühlt. Und so häufig
waren sie auch nicht, weil wir mit den wöchentlichen Gesprächen viel abgefangen
haben, bevor es überhaupt richtig akut wurde. Mir war schon klar, dass das
anders wird, wenn ich in die Ferne gehe. Und ich wusste nicht, ob ich es
überhaupt schaffe. Aber diese Sicherheiten vermisse ich schon. Eine Krise nach
der anderen, ist nämlich wirklich nicht schön.
Und dann… - dann komme ich auch zu der Überlegung, dass mich im
Klinikalltag die Angst wahrscheinlich mehr behindert, als ich mir so eingestehe
und vermutlich auf der Arbeit ein größeres Problem, als die depressive
Symptomatik ist. Vor allen Dingen, weil ich mich dann auch immer mehr einigle,
denke, dass alle mich sowieso für absolut inkompetent halten und dann nicht mal
mehr die Kollegen anrufen und um Rat bitten kann, was mich dann noch panischer
macht, wenn ich manche Dinge einfach nicht weiß. Und während ich da so im
Hörsaal sitze überlege ich, dass ich doch einfach nur ein Leben haben möchte,
das auch ab und an mal schön ist. Und, ob man nicht irgendetwas ändern kann,
mit dem ich trotzdem noch Neuro, aber ohne so viel Verantwortung für Patienten
haben kann. Oder, ob man das wohl irgendwie entschleunigen kann. Denn auch die
Kollegen befinden, dass es viel ist, was man mir zumutet. Drei Stationen im
ersten halben Berufsjahr, die Dienste, mit denen man mir im Nacken hängt.
Hausdienste am Wochenende, ohne, dass ich überhaupt Blut transfundieren darf
oder dergleichen. Und dann immer die Angst im Hintergrund: „Scheiße, was machst
Du, wenn etwas passiert? Du darfst ja nicht mal etwas tun…“ Wenn bei der
Transfusion – auch ohne, dass ich etwas falsch gemacht habe – etwas schief
geht, dann verliere ich die Approbation, wenn ich die Unterschrift nicht habe,
das tun zu dürfen.
Solange immer alles irgendwie funktioniert – was eben auch die
Erwartungshaltung ist – wird niemand auf die Idee kommen, dass es zu schnell
und zu viel ist. Aber… - nach der Geschichte vom Dezember – möchte ich auch
nicht nochmal versuchen den Vorgesetzen zu erklären, dass auch ich Grenzen
habe. Verstanden wird es nicht. Wie hochfunktional eine psychische Erkrankung
sein kann – wobei das Tempo eben auch für gesunde Menschen an der Schmerzgrenze
wäre – ist glaube ich den wenigsten Menschen klar.
Jedenfalls… - auch wenn ich sagen kann, dass ich gerade aus der akuten
Situation raus bin, habe ich wirklich Angst an der Sache zu sterben, bevor ich
eine Lösung finden kann. Mit ein bisschen Abstand zur Klinik – räumlich und
gedanklich – sehe ich nämlich tatsächlich, dass das Leben vielleicht doch noch
etwas mehr zu bieten hat. Nur wird spätestens Montag der Kopf wieder aus seinem
Blick in die weite Welt herausgeholt, wenn ich wieder bis ewig in der Klinik
sitze und die Chefarztvisite für den Dienstag vorbereite. Und spätestens Ende
des Monats werde ich – wie wir ja auch schon letzte Woche festgestellt haben –
mit dem Rücken zur Wand stehen, wenn es dann um die Notaufnahme geht.
„Weißt Du Mondkind, ich habe viel Energie in diese Karriere investiert
– ich wollte das wirklich“, erklärte mir der Kollege während der Fortbildung
über seinen früheren Job. „Aber irgendwann habe ich gemerkt: Das wird einfach
nichts. Das ist kein Weg, den ich gehen sollte. Und dann habe ich Medizin
studiert. Da habe ich wesentlich weniger Energie investiert und war viel
erfolgreicher. Manchmal ist das so…“
Das gibt mir zu denken. Vielleicht muss auch ich irgendwann einsehen,
dass es so nicht geht. Dass ich unglaublich viel Energie investiere, ohne dass
ich das Gefühl habe, dass es mir irgendetwas nützt.
Jetzt bin ich mal gespannt, wie das Wochenende verlaufen wird. Ich
hüte das Handy. Eventuell ergibt sich da etwas.
Ansonsten wird es – nachdem der Blog letzte Woche mal wieder ins
kritische Visier, unter anderen der Therapeutin geraten ist, (sie hat die Adresse
nicht, weiß aber, dass es ihn gibt und manchmal vermute ich, dass diese „black
box“ ständig für so viel Aufruhr sorgt) noch einen Blogeintrag geben mit der
Fragestellung, warum ich überhaupt noch blogge. Da muss ich mir mal Gedanken
machen…
Mondkind
Kann rTMS auch bei Depressionen helfen? Kann es Nebenwirkungen geben?
AntwortenLöschenHi,
LöschenJa, die rTMS kann auch bei Depressionen helfen - ist sogar für die Depressionsbehandlung meines Wissens nach mit am Besten erforscht. Natürlich ist das jetzt nicht der erste Therapieversuch - meist legt man damit los, wenn psychotherapeutische und medikamentöse Behandlungsversuche, nicht den gewünschen Erfolg haben.
Ich habe hier nochmal eine relativ aktuelle Übersichtsarbeit heraus gesucht, die viele Aspekte darstellt:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5846193/
Zum Thema Nebenwirkung: Jede Therapie hat - auch nach Ausschluss von Kontraindikationen - Nebenwirkungen. Allerdings scheint das Nebenwirkungsprofil relativ günstig zu sein - am häufigsten sind Kopfschmerzen. In ganz seltenen Fällen können wohl epileptische Anfälle ausgelöst werden (was ja auch irgendwie logisch ist, wenn man die Zellen ein bisschen "stört"...)
Dazu hier nochmal ein paar Zeilen.
http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Klinik-und-Poliklinik-fuer-Psychiatrie-und-Psychotherapie/de/patient_besuch/therapie/hstimulation/index.html
Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen :)
Mondkind