Erkenntnisse vom Wochenende


Ich lebe noch. Das war am Freitag nicht so klar. Ehrlich gesagt.
Aber die Suizidgedanken auch.

Es ist nicht viel passiert, dieses Wochenende.
Ich habe versucht, mich tagsüber ein bisschen zu erholen, zwischen den schlaflosen Nächten. Und mich das erste Mal seit Wochen nicht gezwungen, EEG zu lernen.
Weil es ohnehin keinen Sinn gehabt hätte.

Ich konnte mich zum Glück aufraffen, ein bisschen spazieren zu gehen.
Und ein bisschen zu reflektieren.

Im Prinzip ist keine von den Situationen, die diese Woche anstehen, unlösbar. Selbst, wenn man alle anderen Menschen raus lässt.
Einen Tag Notaufnahme, werde ich wohl schaffen. Das ist ja noch gar nichts im Vergleich zu dem, was da auf mich zukommt. Und selbst wenn sie mir um die Ohren fliegt – dann ist es eben mal ein schlechter Tag, ein schlechtes Bild, das ich abgebe.
Eine schlecht vorbereitete Chefarztvisite ist zwar ungünstig, aber auch noch kein Drama. Überlebt man irgendwie. Irgendwann hört der Chef auf wieder auf zu schreien.
Und ein Mal Fortbildung wird man wohl auch irgendwie schaffen. Wenngleich ich im Moment im Igelmodus bin und mich sehr werde bemühen müssen, interessiert und forsch zu wirken. Und es nicht unbedingt drei Tage hätten sein müssen mit Dienst am Wochenende danach.

Aber alles auf einen Haufen und in einer Woche ist dann eben doch zu viel. Und eine schlechte Chefarztvisite, wenn man in der Woche drei Tage wegen Fortbildung fehlen möchte, ist irgendwie auch blöd. Das ist das Problem. 

Lange nicht mehr hier gewesen...
 
Ich kann mich noch erinnern – als ich noch in der Studienstadt gelebt habe, es mir sehr schlecht ging und ich bei der Therapeutin saß, kam öfter mal: „Also Frau Mondkind, wir können Sie auch mal ein paar Tage krankschreiben, um den akuten Druck etwas raus zu nehmen. Das ist gar kein Problem…“
Irgendwie hat sie jedes Mal vergessen, dass Krankschreibungen im Studium nie gezählt haben und es im Prinzip völlig egal war, warum man gefehlt hat. Wenn das Fehlen Konsequenzen hatte (manche Kurse fanden so selten im Semester statt, dass man zu hundert Prozent der Termine anwesend sein musste, da man sonst den Kurs in dem Semester nicht bestanden hätte), dann gab es die mit oder ohne Krankschreibung.
Heute könnte ich mich mal ein oder zwei Tage ohne Drama krankschreiben lassen. Und das wäre tatsächlich genau jetzt sinnvoll. Nachdem ich seit Wochen keine Nacht mehr durch geschlafen habe, einfach noch mal zwei Tage Kräfte sammeln, statt die wenigen Ressourcen die noch da sind, weiter zu verbrauchen und dann zumindest mit dem Status Quo auf Fortbildung fahren. Das würde jetzt den Druck raus nehmen und damit die Suizidalität drastisch reduzieren.
Aber da ich hier noch keine Gelegenheit hatte, irgendwelche Ärzte aufzusuchen, habe ich auch niemanden, der mich mal einen Tag krankschreibt. (Wer jetzt mitdenkt merkt folgerichtig, dass ich hier auch keinen Psychiater und damit keinen habe, der mal ein Rezpt unterschreibt und was das bedeutet, dürfte auch klar sein). 
Die Situation ist also genau andersherum, als in der Studienstadt.

Es ist Sonntagabend. Ich habe immer noch keinen Plan, wie ich durch die Woche komme. Aber ich versuche mir zu sagen, dass es einfach nur zu viel ist. Aber grundsätzlich nicht unmöglich. Und, dass der Tod im Prinzip keine Lösung ist für etwas, das man grundsätzlich lösen kann.

Versucht man, weiterhin tapfer zu sein. Für was auch immer. (Und hofft vielleicht, dass es andere Menschen gibt, die vielleicht mal etwas sehen und es mir versuchen, ein bisschen einfacher zu machen. Ein bisschen Illusion – aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt…)
Atmen. Und einen Fuß vor den anderen. Und weiterhin versuchen, das Helfersystem anzuschmeißen. Vielleicht kann doch noch wer unterstützen. Und wenn es nur ein paar liebe Worte sind, die den Panik - Kopf beruhigen.

Mondkind

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