Geburtstag

Ich hätte viel zu erzählen gehabt die letzten Tage.
Es passiert so viel auf der Arbeit.
Aber meistens falle ich abends einfach nur ins Bett.

Geburtstag.
Heute.
„Die Mondkind ist jetzt auch mal in ihren 30ern angekommen“, sagt der ZNA – Oberarzt zum Chef.
Die Kollegen haben ein kleines Geschenk vorbereitet und ich bin davon sehr berührt.
Neuro – Familie halt.
Die ist all die Jahre über irgendwie geblieben. Während das Privatleben immer und immer wieder zusammen gefallen ist. Vielleicht sind es eben manchmal nicht die Menschen, von denen man sich wünscht, dass sie bleiben. Sondern die Menschen, die es eben wirklich einfach tun. Und ja, das ist einfacher, weil es alles distanzierte Beziehungen sind. Aber es tut gut zu hören „Alles Liebe zum Geburtstag Mondkind. Und bleib einfach, wie Du bist.“


Ich freue mich wirklich sehr über die Mini - Orchidee... Tatsächlich wollte ich schon immer mal eine haben; ich habe die nämlich eine zeitlang auch mal gern verschenkt, aber mir nie selbst eine mitgenommen



In den letzten Tagen habe ich mir ein paar Gedanken gemacht.
Wo sollte man stehen mit 30 Jahren? Wie viel Zeit gibt es noch, die Ziele zu erreichen?
Der Freund von meiner Schwester hat mir heute Morgen auch geschrieben und zum Geburtstag gratuliert und hat seine Nachricht mit den Worten „Liebe Schwägerin in Spe“ begonnen. Irgendwie klingt das langsam so, als würden meine Schwester und er – spätestens wenn sie ihren Facharzt hat – zusammen ziehen, heiraten, eine Familie gründen und ziemlich glücklich werden, während ich immer noch keinen Plan habe, wo ich bleiben soll.
(„Ich wünsche Dir, dass Du irgendwann eine Familie gründen wirst“, sagte heute eine Kollegin beim Mittagessen und der Intensiv – Oberarzt (der mit dem ich mir mal im PJ das Büro geteilt habe) hat gleich nachgefragt: „Bist Du schwanger Mondkind?“ (Überhaupt nicht indiskret), woraufhin ich erstmal entgegnet habe: „Ich hab nicht mal einen Freund – wie soll das gehen?“. Und während es leise aus einer Ecke raunte, dass man dazu schließlich nicht unbedingt einen Freund brauche, kam ein „Es tut mir leid“, seitens des Oberarztes)

In den letzten 10 Jahren stand das Leben fast ausschließlich im Zeichen der Medizin. Mit 20 Jahren habe ich schon rund ein Jahr lang studiert gehabt und begriffen, dass das hier alles kein Zuckerschlecken wird. Und manchmal habe ich mich gefragt, ob das alles so richtig ist. Ob es das wirklich wert ist so viel hinten anzustellen, um eine gute Medizinerin zu werden.
Und dann ist viel passiert. Nicht nur drei Examen und mittlerweile dreieinhalb Jahre Joberfahrung. Auch der erste Freund kam mir über den Weg gelaufen, mittlerweile ist er schon gestorben. Selten haben wir die Abende am Fluss gesessen, haben darüber sinniert, wer und was wir werden wollen. Dazwischen war die Situation privat unendlich schwierig, ich habe so viel gekämpft, mich mehrfach gefragt, ob ich das schaffe und überlebe. Bin drei Mal in der Psychiatrie gelandet und zuletzt in der Psychosomatik. Und letztes Jahr um diese Zeit wusste ich noch nicht, dass der Sommer meines Lebens auf mich wartet. Das habe ich dann auch mal noch in meinen Zwanzigern geschafft. Bis über beide Ohren verliebt, irgendwie konnte ich dann die Medizin doch mal etwas weiter hinten einsortieren und das erste Mal seit langer, langer Zeit durfte ich wieder träumen. Von zu Hause, Familie, Zweisamkeit und einer Zukunft, ich glaube vielleicht habe ich zum ersten Mal überhaupt verstanden, was „Leben“ bedeutet, wenn man mal kurzzeitig die Sorgen über Bord schmeißt, ganz langsam ein Grundvertrauen in sich selbst und das Leben zu entwickeln beginnt und mal für ein paar Wochen daran glauben kann, dass irgendwann am Ende doch noch alles gut wird.

Ich bin gespannt, wie die nächsten 10 Jahre werden. Wann ich meinen Facharzt mache. Ob es dann bei der Neuro bleibt, oder ob ich doch noch einen anderen Facharzt dazu mache. Ob ich mich in 10 Jahren noch in der Klinik bewege oder doch irgendwo im ambulanten Bereich unter gekommen bin. Ob ich den Mann gefunden habe, mit dem ich alt werden möchte und eine Familie gegründet habe? Ob ich noch hier lebe, oder ob es mich dann – vielleicht durch die Partnerschaft – woanders hin verschlagen hat? Wie mein Blick auf die Welt wohl sein wird? Am Meisten wünsche ich mir, dass ich irgendwann mal wirklich glücklich werde, dass ich irgendwann mal zurück schauen und sagen werde, dass es sich gelohnt hat, im Leben zu bleiben.





***

Ich hab drüber nachgedacht, wie der Geburtstag wohl verlaufen wäre, wären der ehemalige Freund und ich noch zusammen. Heute ist sein freier Tag und ich denke für den Geburtstag hätte ich mir auch frei nehmen können. Auch, wenn es ein einzelner Tag mitten in der Woche ist.
Ich weiß nicht, was wir gemacht hätten, aber wahrscheinlich wäre nebeneinander wach werden schon ein schönes Geschenk gewesen. Ich habe mich damals – als wir in den letzten Herbsttagen des letzten Jahres seinen Geburtstag gefeiert haben – gefragt, wie wir diesen Tag wohl verbringen werden und – weil es ja damals schon immer wieder ordentlich zwischen uns gekracht hat und es schon ein Wunder war, dass wir mal einen Tag ohne Meinungsverschiedenheiten geschafft hatten – gehofft, dass wir bis dahin noch zusammen sind.
Und manchmal tut das immer noch sehr weh.
Es soll okay sein jetzt, immerhin teilen wir auch unser Leben nicht mehr.
Aber von manchen Menschen wünscht man sich eben doch, dass gerade die so manche Dinge nicht vergessen.

Mondkind

Kommentare

  1. Liebe Mondkind, alles Liebe und Gute für deinen Geburtstag!

    AntwortenLöschen
  2. Die Dinge, auf die du wartest und auf die du hoffst, kommen in den unerwartetsten Momenten... Alles alles Liebe zum Geburtstag :)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke Dir...
      Wahrscheinlich ja. Tatsächlich kamen die Dinge, die das Leben gewendet haben immer in den Momenten, in denen ich am wenigsten damit gerechnet habe; das hast Du wohl Recht... Danke für die Erinnerung ;)

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Drittes Staatsexamen - ein Erfahrungsbericht

Reise - Tagebuch #2

Von einem Gespräch mit dem Kardiochirurgen