Ein paar Gedanken zum Osterfest
Ich hoffe, alle meine Leser verbringen
ein frohes Osterfest!
Wer jetzt den „perfekten
Osterblogpost“ erwartet, ist hier ein bisschen falsch und liest am Besten gar
nicht weiter.
Und der Rest… - willkommen in
Mondkinds Chaos… - aber es wird auch hoffentlich irgendwann wieder besser und
es wird wieder spannende Posts über lange Tage auf der Neuro geben.
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Das ist zugegebenermaßen ein Bild aus dem letzten Jahr - aber ich musste etwas Frühling auf den Blog bringen... 🌺 |
Mein Ostergeschenk an mich selbst ist dieses Jahr ein „Neuro –
Wochenende“. Das hört sich jetzt vielleicht total negativ oder bescheuert an –
ist es aber eigentlich gar nicht. Ich lerne Neuro wirklich gerne und habe auch
das Gefühl hier nicht nur etwas fürs Examen, sondern auch für meine Zukunft zu
tun. Man stellt bei jeder Lernrunde irgendwelche neuen Aspekte oder Verknüpfungen
fest, die einem vorher noch nicht so bewusst waren.
Im Prinizp ist es dieses Jahr eine selbstgewählte „Oster –
Einsamkeit“, aufgrund des Examens. Und irgendwie ist das eigentlich auch ganz
angenehm. Nicht die Tatsache an sich, sondern weil es sonst eben auch nicht
sehr viel anders gewesen wäre. Ein Freund hat mich sogar gefragt, ob er vorbei
kommen solle, dem ich absagen musste – also hätte ich die Wahl gehabt, hier
nicht alleine zu sitzen – aber ein Ostern mit der Familie wäre es sicher nicht
geworden. Auch unter normalen Umständen.
Das gab es irgendwie nicht mehr so richtig seit diesem einen Ostern,
als wir noch zur Schule gegangen sind. Da hatten meine Mutter und meine Oma am
späten Samstagabend noch beschlossen, dass sie am Ostersonntag einen Ausflug
machen wollen – ohne die Kinder. Das war aber auch für uns zu spät, um noch
großartig etwas anderes zu planen. Einen Führerschein hatten wir damals auch
noch nicht – also war es auch schwer aus unserem Kaff irgendwohin zu kommen,
wenn die öffentlichen Verkehrsmittel am Feiertag noch weniger fahren als sonst
– also auf dem Dorf überhaupt nicht mehr.
Ich kann mich erinnern, dass meine Schwester und ich am Ostersonntag
vor meinem Bett saßen und wir uns gefragt haben, was zur Hölle eigentlich aus
dieser Familie geworden ist. Ich glaube, das war wirklich das traurigste
Ostern, weil es auch so unerwartet war. Irgendwann gewöhnte man sich ja an
solche Aktionen. Jedenfalls… - eigentlich ist doch heute alles gut. Solche
Situationen waren aufgrund der aktuellen Umstände dieses Jahr nicht möglich.
Ein Blick auf das Datum hat mir heute Früh verraten, dass die
Einweisung in die Psychiatrie heute genau zwei Jahre her ist. Nochmal ein
Zeitpunkt, um darüber kurz nachzudenken.
"Und
plötzlich… ist alles anders.
Also
wirklich ganz anders.
Ich kann
noch gar nicht so viel darüber schreiben, außer, dass ich eben voll überfordert
bin"
Das waren damals die ersten Sätze, die mein Tagebuch zu lesen bekommen
hatte.Und irgendwie… - der tägliche Wahnsinn hatte erstmal Pause. Aber wie es weiter gehen sollte, wusste auch keiner. Sobald meine Eltern das spitz bekommen hatten (und das war durch meine Schwester sehr schnell), bombardierten sie das Stationszimmer abwechselnd mit Anrufen. „Also Frau Mondkind, so etwas hatten wir hier auch selten“, kommentierte der Oberarzt das wenige Stunden später. Und nach einem etwas entsetzten Blick meinerseits: „Aber es kommt schon hin und wieder vor – machen Sie sich keine Sorgen, die Pflege hält Ihre Eltern in Schach…“ Sie haben mir nur immer Bescheid gesagt, wann wer angerufen hat, haben aber die Thematik ein bisschen von mir abgeschirmt. Was am Ende auch nicht viel genützt hat, weil dann völlig verzweifelt meine Schwester auf meinem Handy angerufen und vermeldet hat, dass jetzt mehr oder weniger Krieg ausgebrochen ist zu Hause. Bis heute tragen alle Beteiligten die Wunden. Auch zwei Jahre später hat es sich noch nicht normalisiert.
Zum Glück gab es damals eine andere Patientin auf der Station, die ein paar Jahre jünger war als ich und deren Eltern ungefähr dasselbe Theater veranstalteten. Da war ich wenigstens nicht allein.
Der Tagebucheintrag ging dann noch ein bisschen weiter und aus
heutiger Sicht sehr amüsant ist ja die Stelle, an der der Oberarzt mich gefragt
hat, was denn aktuell mein größtes Problem ist. Die Uni ist das Problem,
erklärte ich ihm. Ich kann keine Klausuren schieben, weil ich das Examen nicht
schieben kann, denn da gibt es ja die Neuro und da möchte ich hin und
vielleicht bekomme ich als Externe den Platz ein halbes Jahr später nicht, wo
ich ihn doch sicher hatte. Und weil mich das alles so besorgt hat, hatte er mir
sogar erlaubt von Anfang an parallel Uni und Klinik zu machen, solange ich das
beides hinbekomme und in den Therapien nicht zu oft fehle. Vermutlich
wusste er von Anfang an, dass das unmöglich war, aber die hatten sowieso alle
Sorge, dass ich mich über das Wochenende wieder entlasse, weil ich das
nicht aushalte.
Die ersten Tage dort waren der Horror. Und ich glaube, das würden sie
auch diesmal wieder werden. Man fragt sich einfach ein bisschen, warum man so
ist, wie man ist, wie das alles so kommen konnte und warum man sein Leben nicht
auf die Reihe bekommt.
Und das wird ja nochmal krasser in ein paar Wochen. Andere fahren nach
dem Examen in den Urlaub, Mondkind legt erstmal einen Stopp in der Psychiatrie
ein. Dabei sollte man doch jetzt auf der anderen Seite des Systems loslegen.
Das stört mich schon jetzt. Aber Urlaub würde eben auch nichts bringen, weil da
emotional halt nichts ankommt. Das haben wir ja schon unzählige Male versucht.
Und ich würde diesmal – anders als beim letzten Mal, wo die Uni von Anfang an
viel behindert hat – wirklich versuchen komplett ehrlich zu sein. Und dann wäre
ich mir nicht mal sicher, ob die mich auf der offenen Station behalten würden.
Und ich bin ehrlich gesagt nicht erpricht darauf, die Kontrolle über meine
Eigenverantwortung abzugeben.
Allein loslassen zu können, wird aber hoffentlich eine gewisse Entlastung
bringen. Aber es wird sicher nicht der beste Sommer meines Lebens. Nicht so
gut, wie letztes Jahr. Das sollte mir auch klar sein.
Aber wenn das alles klappt, dann soll das diesmal etwas bringen. Dann
müssen wir mal unter die Deckel schauen, die seit Jahren eine Krise nach der
anderen auslösen und die jedes Mal ein bisschen weiter hoch gekocht werden.
Ich möchte im Frieden mit mir selbst im Herbst hier abreisen. In den
neuen Lebensabschnitt. Nicht gesund wahrscheinlich – da darf man sich nicht zu
viel von ein paar Wochen Psychiatrie erhoffen – aber mit einem geordneten Kopf,
vielleicht ein bisschen reflektierter, etwas weniger umhergeschoben von den
Umständen. Mit mir als Person, die nicht nur auf der Flucht vor sich selbst
sein muss. Die für ihre Arbeit brennen kann, die all ihre Kraft in die Neuro
stecken kann und sie nicht in den Kampf mit sich selbst investieren muss. Als
eine Person, die fern des alten Lebensmittelpunkts ein bisschen Frieden findet.
Ich kann es kaum erwarten…
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Hauptsache mal sechs Neuro - Bücher auf einem Tisch... 😀 |
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Ob das wohl die letzte Parkinson - Wiederholung war...? |
Ansonsten hoffe ich, dass schnell
Freitag wird. Mein Kopf spinnt ziemlich herum und es braucht viel Kraft, ihn im
Zaum zu halten. Eine Woche ohne Ambulanz haut leider immer ziemlich rein (was
mich immer wieder zu der Frage bringt, wie das in einem halben Jahr komplett
ohne Therapeutin gehen soll…). Den Seelsorger hatte ich vor Ostern auch nicht
mehr erreicht und somit bin ich nicht mit den besten Voraussetzungen in dieses
Osterwochenende gestartet. Aber die Neuro lenkt ein bisschen ab. Weckt hier und
da alte Erinnerungen. Und Hoffnung. Hoffnung, dass irgendwann, ganz am Ende,
vielleicht doch alle Zweifel unberechtigt sind. Der Oberdoc mit seiner Vision
Recht hat und es alles klappt, wie wir uns es wünschen. Und dass all diese Jahre
zwar irgendwo verlorene Zeit sind und bleiben, aber dass sie nur noch eine
graue Erinnerungen sind, die mir jeden Tag bewusst machen, wie sehr man gute
Zeiten schätzen sollte.
Mondkind
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