Diskretion... - oder auch nicht


Gestern.
Ich bin voll beschäftigt mit der Vorbereitung der Visite. Rase zu den Patienten, frage sie noch dies oder jenes, organisiere Befunde, telefoniere mit Hausärzten und Radiologen. Ich verlasse gerade schnellen Schrittes die Station, um ein Fax an der Rezeption abzuholen, als ich dem Seelsorger in die Arme laufe. „Sie habe ich gesucht…“, hält er mich auf. „Wieso das?“, frage ich ihn etwas verdattert. „Mir ist aufgefallen, wir haben gar keinen neuen Termin gemacht“, erklärt er. „Das ist mir auch schon aufgefallen“, entgegne ich, „allerdings dachte ich, dass ich Ihnen vielleicht langsam auf den Keks gehe und das beabsichtigt war.“ Er schaut mich an. „Also Manchmal finde ich Ihre Gedankengänge höchst spannend. Darauf, dass Sie als Mensch jemandem wichtig sein könnten, kommen Sie gar nicht, oder?“ Jedenfalls haben wir dann einen Termin gemacht – sogar für diesen Donnerstag, wofür ich echt dankbar bin, wenn schon die Fahrt in die Studienstadt ausfällt. Wenngleich ich nicht weiß, worüber wir reden sollen, denn die Hausaufgaben werde ich eher nicht erfüllt haben. Er fordert halt schon etwas.

Auf dem Rückweg wird mir klar, dass ich gerade nochmal Glück gehabt habe. Was wäre nun passiert, wenn er auf die Station gekommen und ans Arztzimmer geklopft hätte?

Vorbesprechung der Visite. Alle Stationsärzte sitzen im Arztzimmer und der Oberarzt kommt auch dazu. Durchquert einmal den Raum und setzt sich auf den Drehhocker. Schaut mich an. „Ach so Mondkind, hat Dich der Pfarrer erreicht? Er hat mich angerufen, weil er Deine Nummer nicht hatte. Was hast Du denn mit dem vor? Willst Du jetzt Sonntagmorgen die Predigt mit ihm halten...?" Kopf --> Tischplatte. Das kann nicht sein Ernst sein… Ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll.

Während der Visite kommt noch „mein“ Neuro – Oberdoc dazu. Als wir fertig sind, geleitet er mich kurz ins Treppenhaus. „Mondkind“, sagt er und schaut mich von der Seite an, „was wollte denn der Pfarrer von Dir?“ „Der hat Sie nicht etwa auch angerufen…?“, frage ich etwas verzweifelt. „Er hatte Deine Nummer nicht…" und nach kurzer Pause: "Also Mondkind, den mögen alle hier. Und der hält wirklich seinen Mund - darauf kannst Du vertrauen..."
Also Diskretion geht anders – ganz ehrlich…

Mittlerweile hat sich die Prüfung übrigens von Donnerstag auf Freitag vertagt. Ich hatte zwischendurch den Gedanken Donnerstagnacht doch Richtung Studienstadt zu fahren, aber das erübrigt sich dann ja auch.
Über die Prüfing selbst, hatten der Oberdoc und ich gestern auch nochmal eine Diskussion und ich habe ihm zum wiederholten Male erklärt, dass das nirgendwo in unserer Studienordnung steht, dass wir beim ärztlichen Direktor eine Prüfung ablegen müssen. "Ja warum machen wir das dann überhaupt?", fragt er am Ende... Kopf --> Tischplatte die zweite...  Wahrscheinlich hat er dann selbst bemerkt, dass die Frage etwas dämlich war und ergänzte dann sofort, dass ja jetzt alles organisiert sei... 

Ansonsten bin ich mal sehr auf das Telefonat mit der Therapeutin am Freitag gespannt und ich hoffe, dass es diesmal klappt, dass ich den Schlüssel zum Bereitschaftszimmer bekomme. Mir fällt es immer super schwer darüber zu reden, weil mir immer tausend Gründe einfallen, warum ich kein Recht darauf habe, einen Therapieplatz zu blockieren, aber nachdem nun klar ist, dass ich nach dem Examen theoretisch eine Lücke einbauen kann, weil ich einfach nur meinen Oberarzt anrufen muss für eine Stelle und selbst er sagt, dass er mir zu einer Pause raten würde, muss man überlegen, wie man es macht. Welche Fachrichtung es überhaupt werden soll: Psychiatrie oder Psychosomatik? Welche Therapieform? Und wenn Psychiatrie, ob man es irgendwie organisieren kann, dass ich bei dem Oberarzt von damals lande, auch wenn ich dann offiziell keine Studentin mehr bin, sondern maximal noch als Promotionsstudentin eingeschrieben bin? Und wie das überhaupt nach dem Studium dann finanziell laufen soll, wenn ich nicht gleich arbeite, darüber muss man sich auch Gedanken machen.
Und da das Ende des Jahres nun näher rückt… - ich habe mir vorgenommen zumindest zu fragen, ob man den Therapeutenwechsel noch ein bisschen schieben kann, damit nicht alle Säulen gleichzeitig einbrechen. Mir kommt es halt super undankbar vor weil ich weiß, dass die Therapeutin schon sehr viel für mich getan hat. Aber am Ende mache ich mich hier wieder die nächsten Wochen verrückt für nichts…
Wird also trotz Telefon ein schwieriger Termin für mich… 

Was dabei raus kommt, wird sich wohl im nächsten Blogeintrag wiederspiegeln.

Mondkind

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