Another life


Das Leben hier läuft irgendwie anders.
Weniger starr.
Ein bisschen eine andere Einstellung zum Leben hat Mondkind hier.
Vielleicht, weil sie sich das erhalten will. Das, was sie hier mal irgendwann begonnen hat, vor so langer Zeit. Alles anders machen.

Zwar stellt sie sich einen Wecker, aber sie legt keine Aufstehzeit fest. Wach ist sie ohnehin weit vor dem Wecker. Und wenn sie genug Musik gehört hat, holt sie sich das EKG – Buch ins Bett. Aber es gibt keine festgelegte Zeit, wann sie am Schreibtisch zu sitzen hat.
Wenn sie merkt, dass ihr Kopf eine Pause braucht, kocht sie sich einen Kaffee, holt sich ein Müsli dazu und fängt an die ersten Mails dieses Wochenende zu schreiben. 

Frühstück im Bett ist gemütlich und nett.. 😁😋

Und dann fällt ihr Blick aus dem Fenster. Schönes Wetter, Sonnenschein. Also nicht in der Wohnung verweilen, sondern ab in den Park. Und dass man draußen nicht lernen könne, ist doch Schmarn. Also Bücher einpacken und mitnehmen. Aber den mp3 – Player nicht vergessen, sodass zwischendurch Musik gehört werden kann.
Und so folgt im Park erst eine kleine Lern – session und danach legt sie sich auf die Bank und hört Musik. In ihrer Studienstadt wäre das nie in die Tüte gekommen. Wie kann man bitte faul auf der Bank liegen und Musik hören? Was sollen die Menschen denken? Nun ja, man arbeitet ja auch die ganze Woche. Und Mondkind muss sich für nichts und vor niemandem rechtfertigen.
Gegen Mittag geht sie mal kurz zu Hause vorbei. Da sie ja jetzt eine Küche hat, hat sie sich vorgenommen, sich dort ein wenig auszutoben. Aber dafür ist das Wetter zu schön. Also macht sie sich schnell einen Zitronenquark mit Banane. Für heute Abend schält und schneidet sie aber schon mal die Süßkartoffel und legt sie ins Wasserbad. Erst die Stärke raus ziehen und dann von außen vor dem Backen wieder auftragen soll helfen, damit die Süßkartoffeln im Ofen knuspriger werden. Das möchte Mondkind testen.
Aber dass sie sich aktiv Gedanken darüber macht, was sie essen möchte, ist neu. Und dass sie zum Mittag überhaupt etwas isst und das Essen nicht ausfallen lässt. Gerade in der Examenszeit hat sie wahrscheinlich viel zu wenig gegessen. 

Natürlich ist das hier eine andere Zeit. Nach dem Examen. Es ist auch nicht mehr so viel Druck dahinter. Und dennoch ist das hier ein bisschen ein anderes Lebensgefühl. Freier. Nicht so viel „Du musst“. Mehr in den Tag hinein leben. Zwar mit Plan, aber ohne starre Zeiten.
Ein bisschen mehr Selbstfürsorge und ein bisschen weniger „was die Leute wohl denken…“

Sie möchte ein normales Leben. Geschätzt werden wegen ihrer Arbeit und nicht geschützt werden, wegen ihrer Zerbrechlichkeit.
Ein bisschen forscher sein. Gut im Krankenhaus sein nicht weil sie rund um die Uhr lernt, sondern weil sie aufmerksam bei der Sache ist.
Große Ziele für Mondkind.

Mondkind kann eben nur ganz schwer einschätzen, wie sie auf andere wirkt.
"Die Aufmerksamkeit und Wertschätzung die wir Dir zukommen lassen, hast Du einfach durch Deine nette und sympathische Art hervorgerufen. Wir finden Dich einfach gut, Punkt."
Sätze, die Mondkind ihr Oberarzt letztens geschrieben hat. Sie weiß nicht, auf welche Art genau sie das hervor gerufen hat. Was sie getan hat. Aber das Leben hier unten scheint ihr zumindest äußerlich so gut zu tun, dass aus einem grauen Mäuschen, das sich gern in der hintersten Ecke des Vorlesungssaals versteckt, eine ehrgeizige und kompetente Studentin wird, von der man glaubt, dass sie später gut ins Team passen könnte.
Und das gilt es aufrecht zu erhalten.

Mondkind

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