Gedanken zur Woche
Eine sehr anstrengende Woche neigt sich dem Ende.
Personell ist es im Krankenhaus im Moment eine absolute Katastrophe.
Darüber hinaus sagen die Schwestern, dass die Notaufnahme quasi seit dem Tag an
dem ich gekommen bin, aus allen Nähten platzt. Das sei so eigentlich nicht
üblich.
„Kannst Du Dich an Deinen ersten Tag erinnern?“, fragte die Schwester.
Da musste ich erstmal eine Weile grübeln. „Da hat Dich die Oberärztin sofort
ins kalte Wasser geschmissen, weil so viel los war, dass wir es einfach nicht
geschafft haben…“
Umso mehr brauche ich immer das Wochenende. Das heißt, eigentlich mehr
den Sonntag. Samstags steht ja immer Budenzauber, Einkaufen und sonstige Erledigungen auf dem
Programm und sonntags ist dann wirklich mal Ruhe.
Liegen bleiben, im Bett frühstücken und nachmittags die Wäsche machen,
weil ich das samstags meistens nicht mehr schaffe.
Und morgen bekommt mich so früh, glaube ich, wirklich keiner aus dem
Bett. Wir hatten zu viele Gastroenteritis – Fälle diese Woche; irgendetwas
davon scheint mein Körper abbekommen zu haben, auch wenn es mir nicht so
schlecht, wie den meisten Patienten geht.
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Tägliche Abendrunde im Park... so schön...😏 |
Was die Therapie – Geschichte angeht, werde ich wohl hier nicht weiter
kommen.
Zwar habe ich jetzt echt mal die Liste beinahe abtelefoniert mit dem
Resultat, das ich erwartet hatte. Es ist unmöglich. Kurzfristig sowieso schon
mal nicht und wenn ich nur bis Ende des Jahres hier bin, auch nicht. Und dann
fragen die ja schon immer am Telefon, was denn so Sache ist. Und mit
Depressionen seit mehr als einem Jahrzehnt sehen die ihre Erfolgschancen glaube
ich recht gering.
Das mit der Suizidalität lasse ich ja schon weg; das würde es
wahrscheinlich sofort raus kegeln. Das würde ich ja auch hier nicht besprechen
wollen, sondern lieber mit der Therapeutin in der Studienstadt. Ich habe es
immerhin ganz gut im Griff einfach weil es mich schon so lange begleitet, aber
das glauben mir vielleicht Menschen, die mich nicht so gut kennen, nicht. Und
ich möchte jetzt nicht unbedingt, dass ich hier im PJ unfreiwillig eine Pause
einlege.
Ich habe mittlerweile auch mal die erste Fahrt
zurück in meine Studienstadt geplant. Zwar hatte ich meine Schwester gefragt,
ob sie mir behilflich sein kann, weil das mit dem Internet bei mir so schlecht
funktioniert, aber das hätte ich mir natürlich echt sparen können. Ich ärgere
mich auch, überhaupt gefragt zu haben. (Und so langsam könnten sich die Techniker doch mal bei mir melden...)
Mit viel Feingefühl und Geduld habe ich es dann
innerhalb von über zwei Stunden geschafft, die Fahrt zu buchen und ich hoffe
mal, die ziehen das jetzt nicht doppelt und dreifach von meinem Konto ab, weil
sich das Internet zwischendurch immer wieder weg gehangen hat.
Ich werde in der Zeit bei einer sehr guten Freundin
übernachten. Ich war ja wirklich gerührt, dass sie mich morgens um vier Uhr vom Busbahnhof
abholen will. Ich habe nichtmal gefragt, weil das wirklich kein Mensch für mich
machen muss. Sie hat gefragt, wann ich ankomme und ich habe gesagt, dass ich um vier Uhr da bin und dann aber erstmal ins Labor fahren werde. (Plan war es, den
MTA zu fragen, wo denn beim Umzug des Labors das Feldbett hingekommen ist und
dort noch ein paar Stunden zu schlafen, um dann später im Aufenthaltsraum
erstmal genug Kaffee zu trinken, um den Tag zu überstehen). Jedenfalls hat sie
darauf bestanden, mich abzuholen und sie richtet mir ein Schlaflager her,
sodass ich dann erstmal ein paar Stunden schlafen kann (wenn mir mein Körper da
keinen Strich durch die Rechnung macht…).
Das sind halt so Dinge, die gab es bei uns in der
Familie nie. Meine Oma war da – wie Omas so sind – ab und an mal noch eine
Ausnahme. Es gab ja mal eine kurze Zeit, in der wir wirklich gut miteinander
zurecht kamen.
Aber sonst… - wenn man sich nicht selbst um die
Dinge gekümmert hat, war man immer verloren. Und wenn man schon um den
kleinsten Gefallen gebeten hat, wurde das entweder mit Empörung aufgenommen,
oder sofort mit irgendeiner anderen Leistung, die man zu erbringen hatte,
gegengerechnet. Aber ein „ich mache etwas für Dich, weil Du es mir als Person
wert bist“ – das gab es nicht.
Auch mit der Therapeutin hatte ich nochmal Kontakt.
13. Juli; 14 Uhr. Zumindest mal einen Termin zu
haben – auch wenn es noch eine Weile bis hin ist – ist schon mal ein erster
Schritt. Ich muss nur gut planen, welche Punkte die Wichtigsten sind, die
angesprochen werden müssten.
Ich habe ihr dann doch auch mal erzählt, wie kompliziert sich die
Sache mit der Therapeutensuche gestaltet. Sie meinte, es wäre sicher nicht
verkehrt einige Gespräche führen zu können, glaubt aber auch, dass es schwierig
wird, solange bis Ruhe in mein ständiges Umziehen kommt. Und das ist ja
frühestens in einem Jahr soweit. Und dann kann ich nochmal 6 – 9 Monate
Wartezeit für die Therapie drauf rechnen. Bis ich also mal dazu komme, strukturiert weiter zu arbeiten, ist 2020…
Ansonsten stehe ich in regem Austausch mit dem
Neuro – Oberdoc. Ich hoffe, es nervt ihn nicht. Ein Mensch sagte mir mal: „Solange
ich oder auch andere Menschen Dir nicht sagen, dass Du etwas lassen solltest, darfst
Du es wohl ruhig tun.“ Vielleicht sollte ich das einfach annehmen.
Ich finde statt der ganzen Schreiberei, könnten wir
uns echt mal wieder in der Neuro treffen, aber das schlage ich besser nicht
vor. Er hat ja auch viel zu tun.
Er hat geschrieben, dass er stolz auf mich ist,
dass es so gut läuft in der Inneren. Und ich bin froh, dass ich die
Erwartungen, die ja schon recht hoch waren, nachdem er so viel Werbung gemacht
hat, erfüllen kann.
Und manchmal schaue ich zurück. Heute vor einem
Jahr war ich noch in der Psychiatrie und es ist nicht mehr weit hin gewesen bis
zu dem Tag, an dem ich das mit der Suizidalität doch nicht mehr so ganz unter
Kontrolle hatte; mir für diese „Entgleisung“, die eigentlich keiner mitbekommen
sollte, noch zwei Wochen Verlängerung eingehandelt habe und einige
Annehmlichkeiten und Freiheiten, die ich schon seit geraumer Zeit hatte, wieder
gestrichen wurden.
Und heute stehe ich hier. Bin so weit gekommen und
kann sagen, dass es sich gelohnt hat, so viel und so lange zu kämpfen. Damals
hätte das wohl keiner für möglich gehalten.
Mondkind
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