Von warten, hoffen und ein kleines bisschen Mut


Warten.
Wir warten, bis es besser wird. Bis einer von diesen Wendepunkten, die vorhergesagt waren, das tatsächlich mal wird. Bis dahin hoffen wir.
Wir warten, bis endlich mal jemand die entscheidenden Sätze sagt, die selbst das Mondkind – Hirn dazu bringen können einzusehen, sich nochmal behandeln zu lassen. Bis dahin hoffen wir.
Wir warten, dass die Tee – Momente mal wieder Realität werden. Bis dahin hoffen wir. Und zelebrieren sie alleine.
Wir warten, bis endlich mal Jemand auf die Idee kommt, vom „Sie“ zum „Du“ überzugehen. Bis wir endlich mal eine Mitte gefunden haben, in der wir sein dürfen und akzeptiert werden mit allem was ist und war. Bis dahin hoffen wir.
Wir warten, bis das Job – Leben besser wird, bis wir uns an das Arztdasein gewöhnt haben, an die vielen Schicksale und Patienten, um deren Bedürfnisse ich mich auch noch kümmern muss, wenn ich es schon mit mir selbst nicht schaffe. Bis dahin hoffen wir.
Wir warten, dass Jemand dieses Herz aus Glas sieht. Das durch all das was passiert ist, so oft gesprungen ist. Wir warten, dass Jemand es behutsam in beide Hände nimmt. Ein Stück trägt. Bis es trotz all der Narben wieder in den Takt gefunden hat. Bis das Licht auf den Scherben nicht mehr bricht, sondern ich weiß, wie ich es drehen muss, damit die Sonne wieder hinein scheint. Und bis dahin… - bis dahin hoffen wir.

Warten und hoffen. Meine Hauptbeschäftigung. Seit Jahren.
Während die Welt, so wie ich sie kenne, sich weiter dreht. Bis die Umstände sich soweit geändert haben, dass Dinge, die wir gehofft haben, die passieren könnten, einfach nicht mehr passieren können. Weil die Menschen verschwinden, weil wir die Orte wechseln, weil wir woanders gebunden sind. Weil es immer einen Grund gibt, gebunden zu sein. Weil eine Entscheidung auch immer ein „nein“ für Möglichkeiten ist. 



Was uns warten lässt, ist die große Sorge davor, mit einem im Takt schlagenden Herzen vor den Trümmern meiner Welt zu stehen. Vor den möglichen Chancen, die wir haben ziehen lassen und die ich im Zustand des Wartens sowieso nicht fühlen und so richtig sehen und nutzen konnte. Und damit nicht bewusst wahrnehmen konnte. Und von denen wir auch nicht wissen, ob die wirklich da sind. Oder ob wir nur hoffen darum.
Was uns warten lässt, ist die mögliche Trauer um verpasste berufliche Chancen. Weil das ja vermeintlich wichtig ist. Und die wir vielleicht gehabt hätten, hätten wir den Karriereplan verbissen durchgezogen. Aber ob wir das je im Herzen fühlen werden? Oder ob es immer nur ein Kampf jenseits der eigenen Grenzen bleiben wird? Weil das, so wie es ist, immer Angst bedeutet.
Was uns warten lässt, ist der fehlende Halt. Denn irgendwie erwarten die Menschen Entscheidungen. Aber die Richtigen. Für ihre Welt. Und deswegen stehen wir. Weil deren Meinung nicht die meine ist. Weil sie nicht fühlen und erleben, wie ich die Welt sehe. Weil emotionales Außenseiterdasein die Sache so schwer macht.

Und manchmal… - manchmal frage ich mich, ob nicht der innere Widerstand vor den Veränderungen das ist, das am Meisten quält. Mehr als die Gewissheit, dass es anders wird. Und mehr als die Einsicht, dass Veränderung auch heißen kann zu verlieren, wofür man jahrelang gekämpft hat. Weil man gehofft hat, dass es so wie es jetzt gerade ist besser wird und das aber eben auch nicht so recht wird.

Und vielleicht… - vielleicht machen wir uns auf den Weg. Tätigen den einen Anruf, den wir tun müssen. Seit Monaten schon. Und schließlich geht es nicht darum, unerlaubt auf die Malediven zu fliegen. Es geht darum, gesund zu werden. Irgendwann glücklich zu werden. Die Sonne in der Seele zu tragen. Zumindest manchmal.
Und vor allen Dingen hoffen wir, dass wir zwischenzeitlich nicht Kraft verlieren zu kämpfen. 

Mondkind

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