Rückschau und Psychiatrie - Telefonat


Heute vor genau einem Jahr.
Ich habe den Ort in der Ferne besucht – primär um mir eine Wohnung anzuschauen. Die, in der ich heute lebe.
Es war das erste Mal seit dem PJ, dass ich diesen Ort wieder gesehen habe. Das erste Mal, seitdem die potentielle Bezugsperson und ich an einem kalten Dezemberabend voreinander standen, uns noch einmal fest in den Arm genommen haben und nicht genau wussten, ob und wann wir uns wieder sehen.
Immerhin lag noch das Chirurgie – Tertial und das Examen vor mir. Und dann stand da auch noch die endgütige Entscheidung an, auf der Suche nach einem zu Hause wirklich durch halb Deutschland zu ziehen.

Es war der beste Tag des letzten Jahres.
(Wer den Blogeintrag nochmal lesen möchte: Stippvisite im Ort in der Ferne )
Es war der beste Tag, weil es so viel Hoffnung war. Es würde besser werden. Das war alles nur noch eine Frage der Zeit. Ich habe nie so sehr geglaubt wie an diesem Morgen, dass ich trotz aller Schwierigkeiten, die die ganze Situation mit sich bringt, auf dem richtigen Weg bin. 


Irgendwo unterwegs auf DER Landstraße


Ein Jahr später… Naja.
Ich habe mir so gedacht, dass doch heute aus gegebenen Anlass ein guter Tag wäre, um nochmal auf der Station in der Psychiatrie anzurufen, in der ich letztes Jahr in Behandlung war. Nur, um mich mal nach den Wartezeiten zu erkundigen. Ich würde die ganze Sache gern noch einmal versuchen mit der potentiellen Bezugsperson zu besprechen. Ein letztes Mal noch. Er hatte gesagt, wir können das mal machen und Mitte des Monats würde sich gegebenenfalls die Gelegenheit ergeben. Und dann würde ich gern wissen, worauf ich mich hinsichtlich der Wartezeit einstellen muss. Wann dieser Wahnsinn hier durch ist.
Denn immerhin versuche ich immer auf die Neuro Rücksicht zu nehmen – mit deren Dienstplänen und Epilepsie – Projekten.
Und was da so gesagt wurde, hat der Mondkind den Boden unter den Füßen ein bisschen weg gezogen. So einfach, wie der Herr Therapeut das postuliert hatte, ist es nicht. Da müsste ich erstmal ein Aufnahmegespräch führen - in einem ganz anderen Haus mit Menschen, die mich gar nicht kennen - zu dem ich in die Studienstadt müsste. Und dann würden die Wartezeiten so im Schnitt zwei bis drei Monate dauern. (Ehrlich gesagt hätte ich dieses Gespräch im Dezember beispielsweise nicht führen müssen – von daher sollte man Gelegenheiten gegebenenfalls beim Schopf packen, weil es sie nämlich sonst vielleicht nicht mehr geben wird…)
Das Aufnahmegespräch könnte ich frühestens in meinem Urlaub Ende Juli führen, so ich den bekomme. Und dann müsste ich bis Ende Oktober warten. Wie soll ich denn das machen…?
Im Prinzip hat man jetzt also sehr lange über eine Lösung nachgedacht, die gar nicht so richtig existent ist. Ich kann nicht mehr bis Ende Oktober. Das allermaximalste wäre es gewesen, das Neuro – Jahr voll zu machen; aber das wäre Mitte September gewesen. Und schon das ist die Frage, ob das hätte sein müssen.

Ich weiß es nicht. Ich bin einfach sehr, sehr verzweifelt mit dieser ganzen Situation. Und wie unfassbar gern ich die Zeit ein Jahr zurück drehen würde. Da hätte ich heute ein sehr gutes Gespräch auf meiner späteren Arbeitsstelle gehabt. Habe damals geglaubt, dass das richtig und gut wird, dorthin zu gehen. Und wenige Tage später hatte das ein Ende. Da hat die Psychiatrie den Kopf erstmal eingefangen. Ob ich ein drittes Mal dahin komme, weiß ich nicht. Ich bin so wahnsinnig müde. Von diesem ganzen Warten und Hoffen und Glauben und der Tatsache, dass es irgendwie nicht klappt. Und ich hier entweder alleine zurecht kommen muss, oder die Konsequenz des Scheiterns mich unmittelbar vor die Endlichkeit des Seins stellt. Hier zusammen zu brechen, heißt im Prinzip zu sterben.

Mondkind

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