Jahresrückblick 2021

Schon wieder haben sich alle Jahreszeiten ein Mal an uns vorüber gedreht. Schon wieder ist ein Jahr vergangen. Irgendwie habe ich das Gefühl, da fehlt dieses Jahr noch etwas. Und gerade in den letzten Tagen des Jahres stellen sich nochmal viele Weichen für das, was kommt.

Wie üblich – der Jahresrückblick auf diesem Blog. Was ist geworden aus den Ideen, Wünschen, Träumen? Was soll werden? Bin ich noch auf dem Weg…?

Schauen wir mal zurück. Auf den Eintrag 2020.

Irgendwelche Ideen für nächstes Jahr… ?
Puh… - bitte keine schweren Katastrophen. Bitte. Ein bisschen Ruhe wäre schön. Wenn ich nächstes Jahr einen kurzen Jahresrückblick schreibe, ist das auch kein Problem.     
Ich hoffe, die potentielle Bezugsperson und ich, wir haben jetzt endlich mal eine Richtung festgelegt, die wir beibehalten. Es wäre schön, auch nächstes Jahr noch ein paar gute Momente außerhalb der Arbeit zu erleben.      
Es wäre auch gut, endlich Mobilität zu erlangen (aber die potentielle Beuzgsperson drängelt da ganz gut). Mit einem Auto könnte ich in freien Stunden mal ins Moor fahren und eine Runde drehen. Endlich mal am Grab des Freundes vorbei, ihm all die Briefe bringen, ein Blümchen für ihn dort pflanzen, eine Kerze an sein Grab stellen. Das wäre mir sehr wichtig.               
Und hinsichtlich der Arbeit… - es wäre einfach schön, wenn ich sicherer werden würde. Ein mulmiges Gefühl ja, aber keine riesige Katastrophe vor jedem Dienst. Und auch bitte eine kurze Notaufnahme - Zeit, damit das bloße Existieren nicht zu lang wird.           
Ein bisschen mehr Energie wäre schön, ein bisschen mehr Freude im Leben, ein bisschen weniger Schuldgefühle. Vielleicht wäre endlich mal eine ambulante Therapie, mit einem Therapeuten, auf den ich mich nach allem was passiert ist auch einlassen kann, eine Überlegung.
Und – auch von der potentiellen Bezugsperson schon forciert – Haustiere. Zwei Katzen, sind so die Überlegung. Ich glaube, ich brauche endlich wieder Leben um mich herum. Da war zu viel Stille, zu viel Tod dieses Jahr. Ich brauche Farbe.
Ach so... - ich überlege tatsächlich, mir mein erstes Tattoo stechen zu lassen. Ein Semicolon am Handgelenk; ich glaube nach diesem Jahr wäre das mal an der Zeit. Wer kennt das Projekt Semicolon von Euch?
Und zum Schluss das Wichtigste: Ich wünsche mir sehr, dass alle Menschen die mir wichtig sind, nächstes Jahr um diese Zeit auch noch an meiner Seite sind. Und deren wichtigste Menschen auch. Oder, wenn das nicht möglich ist... - dass diese Menschen zumindest leben, atmen und auf ihre Weise glücklich sind. 

Der Anfang des Jahres war unerwartet holprig. Am ersten Arbeitstag im neuen Jahr wurde ich ganz kurzfristig wieder von der Normalstation zurück auf die Stroke Unit geholt. Mir wurde vorher nichts davon gesagt – ich kam nichtsahnend auf die Arbeit und dann hieß es, ich solle meine Sachen packen. Dass die Stroke Unit eher ein Parkplatz war, um mich schonmal räumlich näher an die Notaufnahme zu holen, war mir auch klar. Im Januar waren die Betten aufgrund von Covid noch reduziert; es wurden viele Menschen ungefragt in den Urlaub geschickt und da ich gerade sowieso „über“ war nach meiner Rotation traf es mich schon am Ende der ersten Woche. Freitagmittag habe ich erfahren, dass ich in der nächsten Woche zu Hause bleibe – und das natürlich als Urlaub zählt.
Soviel zum Thema: Im neuen Jahr wird es besser. Ich habe viel geweint, ich hasse es immer, wenn ich Zeit habe, mit der ich gerade nichts anfangen kann, weil ich so dringend Zeit brauche, aber im Lockdown bringt es alles nichts.
Meine Woche habe ich damit verbracht meinem Oberarzt zu helfen. Wir mussten einige Dokumente in unserem Intranet aktualisieren zum Thema Schlaganfall. Da war ich wenigstens ein bisschen nützlich und abgelenkt. 



 

Auch danach habe ich meinen Platz nicht so richtig finden können. Die Notaufnahme schwebte bedrohlich über mir. Ich wurde ständig hin und her geschoben zwischen Kurzliegerstation und Stroke Unit. Für einen Menschen der Verlässlichkeit und Beständigkeit braucht und psychisch ja ohnehin immer noch angeschlagen war, war das keine gute Kombination. Man konnte fast zuschauen, wie es mir immer schlechter ging.

Irgendwann Anfang Februar saß ich bei der potentiellen Bezugsperson und habe ihm erklärt, dass ich einfach nicht mehr kann und dass wir uns etwas einfallen lassen müssen. Eine Therapie gab es damals noch nicht. Der sozialpsychiatrische Dienst meiner Stadt war eher so eine leidliche Zwischenlösung. Herr Kliniktherapeut hat deutlich gemacht, dass er für mich nicht mehr da ist.
Die Idee der potentiellen Bezugsperson war es, mich nochmal zu einem Chef einer psychosomatischen Klinik zu schicken, den er aus seiner Karriere persönlich kannte – die beiden hatten mal zusammen gearbeitet. Also fand ich mich Mitte Februar auf dem Weg zu einer Stadt in der Nähe wieder. Genau in der Woche, in der es so viel geschneit hatte. Die Züge hatten alle Verspätung und obwohl ich schon mittags von der Arbeit nach Hause gegangen war und zwei Verbindungen eher genommen hatte, wäre ich fast zu spät gekommen. Das Gespräch was dann folgte, ist eines der Besten, die ich im professionellen Helfersystem je hatte. Wir hatten eine knappe Stunde Zeit und es war, als habe dieser Mensch auf den Boden meiner Seele geblickt. Ich habe ihm vom Freund erzählt, ein paar Eckpunkte aus meiner Vergangenheit. Als ich ihm erzählt habe, dass ich lediglich mit einem Koffer vor Jahren so mehr oder weniger ins Nichts ausgezogen bin, kann ich mich erinnern, wie er „Koffer“ auf seinen Notizzettel geschrieben hat und das Wort dick und umrahmt hat – als sei das ein Leitmotiv meines Lebens auf der bisher erfolglosen Suche nach einer Heimat. Ich musste ihm nichts mehr über eine längst überwundene Essstörung, über meine nicht vorhandenen Freizeitaktivitäten während des Studiums, über das Thema Suizidalität erzählen. Er hat das alles gewusst und geahnt und irgendwie hat es mich zutiefst berührt und bewegt gesehen zu werden. Es hat mich beruhigt, dass all das, was mit mir ist, scheinbar doch in Muster passt. Und dass das vielleicht nicht das Ergebnis einer Reihe von persönlichen Verfehlungen und Charakterschwäche ist, sondern einer Vergangenheit, die eben nicht einfach war.
Er hatte ein paar Ideen, wie er mich in diesem Psychotherapiesystem unter bekommen kann – ich habe auch selbst nochmal alle Therapeuten hier durchtelefoniert - aber im Endeffekt hat nichts davon funktioniert. Wir wohnen eben auf dem Land. Die letzte Idee war dann wohl mich bei seiner Frau unter zu bringen, von der ich – bis er mir den Vorschlag unterbreitete – gar nicht wusste, dass sie auch Therapeutin ist. 



 

 

Ende Februar bin ich auch zurück auf die Notaufnahme rotiert. Zumindest intermittierend. Bis ich dann ab Mitte März wieder ganz dort war. Es gab in diesen Zeiten aber viel Ärger auf der Arbeit. Unterbesetzung war nicht neu, aber diese massive Unterbesetzung schon. Ich hatte noch keinen festen Platz im Team und wenn man einen Schuldigen brauchte, dann war das gerne mal ich.
Mitte März habe ich mich nochmal auf die Suche nach Antworten hinsichtlich Fragen, die ich zum Freund habe, gemacht. Ich habe mich erinnert, dass er in der Psychiatrie in der ich war, nicht nur selbst einst Patient war, sondern selbst lange dort gearbeitet hat im Rahmen der Ausbildung zum Ex – In – Mitarbeiter. Ich habe der Ergotherapeutin, die seine liebste Kollegin war, nochmal eine Mail geschrieben und sie gefragt, ob sie mir ein bisschen was erzählen kann. Rückblickend war die Idee wahrscheinlich ziemlich dämlich. „Mondkind, die reden nicht mit Patienten über ihre Mitarbeiter“, hat mir die potentielle Bezugsperson erklärt, nachdem ich dann die Rückmeldung bekommen hatte, dass man mir nichts sagen wird. Mh ja, hätte ich auch selbst drauf kommen können.
Am Ende war diese Mail aber auch das Loskoppeln von der stationären Psychiatrie in der Studienstadt. Mittlerweile müsste dem Personal auch deutlich sein, dass die Verstrickungen zu tief sind. Weil dieser Mensch, dessen Verlust so abgetan wurde während ich dort war, auch ein Mensch aus ihrer Mitte war. Ich glaube, das ist dann – ohne dass sich die Frage zu dem Zeitpunkt aktiv nochmal gestellt hat – dass ich dort stationär nicht mehr behandelt werden kann. 

Daneben gab es weiterhin die ersten „ersten Dienste“ zu absolvieren – irgendwann im Januar oder Anfang Februar wartete meine erste Thrombektomie im Dienst auf mich. Nicht die Indikation zu stellen ist die Schwierigkeit gewesen, sondern die organisatorischen und politischen Abläufe. Ich hatte im letzten Jahr schon monatelang in der Notaufnahme gearbeitet, aber das hatte ich in all der Zeit nicht erlebt. Die Patientin hat es gut geschafft, aber danach wurde erstmal wieder an meiner Dienstfähigkeit gezweifelt. Vielleicht würde das hier wirklich das Ende werden? Vielleicht würde ich meinen Job doch nicht schaffen und damit meine Existenzberechtigung verlieren?
Der Personalmangel war dann allerdings so hoch, dass die sich das gar nicht leisten konnten und ich einfach weiter gemacht habe. Versucht habe mich zu beweisen, die Dinge richtig zu machen.
Genau am Geburtstag des Freundes – am 22. April – habe ich zum ersten Mal eine überregionale Stroke Unit, die neurologischen Normalstationen, die neurologische Notaufnahme und das kompletten Bettenhaus mit neurologischer Verantwortung für hunderte von Patienten durch die Nacht geführt. Ich kann mich erinnern, wie ich kurz nach Mitternacht nochmal draußen stand, nach oben geschaut habe, und leise gefragt habe: „Passt Du auf mich auf?“
Diese Nacht war der Durchbruch. Ich kann es. Das rettet mich nicht vor allem, passieren kann immer etwas. Aber vorläufig kann ich die ersten Dienst händeln, sie werden nicht das Ende, ich verliere vorläufig nicht meine Existenzberechtigung. Ich darf weiter leben.

 

Foto aus meinem ersten Nachtdienst. Dort stand ich und habe mit dem Freund geredet

Mitte April gab es nochmal ein Gespräch mit der potentiellen Bezugsperson.
„Mondkind, ich verstehe langsam, dass das zu viel ist, um das ambulant zu machen. Jeder, der irgendetwas versucht zu bewegen, wird Dein Feind. Sei das nun ich, weil mir mal die Hutschnur reißt, oder eine Therapeutin, die potentiell wirklich gut sein kann. Weil Du das Gefühl hast, man will Dir etwas weg nehmen, weil Du nicht noch mehr verlieren kannst. Den Freund, den Job, der neben dem Leid und der Angst, auch minimale Stabilität ist. Wenn du 24 / 7 alleine mit Dir wärst, da würden wir nach spätestens 48 Stunden ein Problem kriegen…“

Es war das erste Mal in diesem Jahr, dass es die Überlegung mit der Klinik gab. (Abgesehen vom Chef der Psychosomatik, der in dem Gespräch sogar die möglicherweise bestehende Notwendigkeit einer stationären psychiatrischen Behandlung eingeworfen hatte – was ich aber mal geflissentlich überhört habe). Aber kurz danach hat es sich erstmal stabilisiert und die Überlegungen waren vom Tisch. 

 


Im Frühling hatte ich oft Tulpen

Das Ende des Frühlings und der Anfang des Sommers waren die beste Zeit in diesem Jahr. Die potentielle Bezugsperson und ich hatten im Frühling unser „Tomaten – Projekt“ gestartet. Wir hatten einen Grund, dass ich öfter mal vorbei kommen und mich um die Tomaten kümmern konnte. Und manchmal ist es – wenn man die Realität ausblendet – als könnte die Zeit dort die Wunden ein bisschen heilen. Ein Zipfel Familienleben, einen Platz, den ich mal kurzzeitig habe, während ich dort bin. Akzeptiert in einer zwischenmenschlichen Mitte. Das, was mir so sehr fehlt. Ich kann mich erinnern, es gab einen Moment, in dem wir am Küchentisch saßen, die Tomaten, die zusammen in kleinen Papptöpfen zu wachsen begonnen hatten separieren mussten (es gibt einen Fachbegriff dafür, aber natürlich habe ich ihn vergessen), die Sonne schräg durch das Fenster geschienen hat, im Hintergrund „Blinding lights“ von The Weeknd lief und sich ein ganz tiefer Frieden über mich gelegt hat. Wir haben nicht viel geredet, unsere volle Aufmerksamkeit den Pflanzen gewidmet. Und das sind dann die Momente, die es in den Jahresrückblick schaffen. So einfach und so unendlich wertvoll. Ich glaube fast, es war der friedlichste Moment dieses Jahr. Still in mir. Eingebettet in einer Mitte.
Diese Momente haben Suchtpotential. Ich könnte sie jedes Wochenende erleben und hätte immer noch nicht genug davon. In der Realität sind sie auf maximal vier bis fünf Wochenenden pro Jahr beschränkt, die so viel Energie geben weiter durchzuhalten. 


 

Unterdessen hatte ich mich langsam mit der Notaufnahme angefreundet und habe dort einen Platz gefunden, der mir gehörte. „Hallo Mondkind“, rief die Pflege über den kompletten Flur, sobald man mich morgens auf dem Weg in die Neuro – Notaufnahme gesehen hatte mit meinem „externen Gehirn“ unter dem Arm. Kein Fall in der Notaufnahme ist gleich, aber mit Einiges an Übung kann man doch eher in Clustern denken. Man verinnerlicht, was zu tun ist bei Schlaganfall, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel. Lernt die Fallstricke kennen, weiß worauf man achten muss.
Daneben wurden die Dienste immer weiter aufgestockt. Ich bin öfter mal nachts auf dem Weg zu einem Patienten unterschiedlichster Fachrichtungen durch die oberen Etagen des Bettenhauses gefegt und dachte mir: „Mondkind, wer hätte je gedacht, dass Du das mal machen würdest? Dass Du das wirklich kannst?“ Dass die Nacht irgendwann zum Tag werden würde, es keine riesigen Katastrophen gegeben hat, niemand gesagt hat, dass die Dienste einer Mondkind nicht tragbar sind. Und doch habe ich in und nach jedem Dienst an den Freund gedacht. Habe daran gedacht, wie oft wir darüber debattiert haben, ob ich die Dienste wohl eines Tages schaffe oder nicht. Er hat immer an mich geglaubt, auch wenn ich das nicht mehr getan hätte. Und ich hätte ihm so oft gerne gesagt: „Hey, ich kanns mittlerweile. Und ich würde mir so sehr wünschen, dass Du das weißt.“
Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber am Ende habe ich mich pudelwohl in der Notaufnahme gefühlt. Und wäre am liebsten noch eine Weile dort geblieben, so wie das eigentlich laut Rotationsplan gedacht war. 

Meine Wenigkeit

Externes Gehirn am Start

Ende des Frühlings hat der sozialpsychiatrische Dienst auf AGUS aufmerksam gemacht. Ein Verein für Hinterbliebene, nachdem sich ein Mensch im Umfeld das Leben genommen hat. Es ist nicht das erste Mal gewesen, dass ich von diesem Verein gehört habe. Ich werde Monate später der Therapeutin erzählen, dass ich zwar schon in der Psychiatrie kurz nach dem Tod des Freundes mal kurzzeitig das Internet bemüht habe zum Thema Trauer nach Suizid, aber dadurch, dass mir das so abgesprochen wurde geglaubt habe, dass ich kein Recht habe mich damit zu beschäftigen. „Es gibt diese Menschen, die haben wirklich einen wichtigen Menschen verloren und die dürfen dann auch trauern, aber bei mir war es ja „nur“ ein Freund und jeder hat erwartet, dass das Leben weiter geht. Ich habe mich gefühlt, als würde ich all die Leute verhöhnen, die wirklich jemanden verloren haben. Und das brauchte ganz viel Mutmachen vom sozialpsychiatrischen Dienst und dann habe ich noch ewig mit der Gruppenleiterin dort telefoniert, bis ich anfangen konnte zu glauben: Meine Situation unterscheidet sich nicht von der anderer Menschen. Ich habe einen lieben Menschen verloren und ich darf ausprobieren, ob mir der Austausch mit anderen Menschen, die dasselbe erlebt haben, hilft.“
Ich schätze diese Gruppentreffen bis heute sehr. Ich habe noch nie einen von diesen Menschen live gesehen, das ist alles online und immer wieder ist die Rede davon, dass man diese Treffen gern wieder ins echte Leben verlagern würde, womit ich dann raus wäre, weil das knapp hundert Kilometer sind, die ich jeden dritten Freitagabend in eine Richtung fahren müsste. Aber noch kann ich teilnehmen.

Es hat alles eine Weile gedauert, weil es super schwierig war vorher ein nötiges Konsil zu organisieren, aber Richtung Sommer habe ich endlich regelmäßig die ersten Stunden mit der neuen Therapeutin verbracht. Mittwochmittags. Danach durfte ich in den ersten Wochen nach Hause gehen. Habe die Zeit manchmal genutzt, um durch den Park zu gehen, um ganz nah beim Freund zu sein. Sie ist nicht die beste Therapeutin meines Lebens, aber eine Wahl hatte ich ohnehin nicht. Also habe ich halt versucht so offen und ehrlich zu sein, wie es ging.
Und nachdem sich dann auch dort eine Art Routine etabliert hatte, ich mich doch entschieden hatte mich ein bisschen auf sie zu stützen und zu schauen, wohin mich die Therapie trägt, wurde das doch eine Säule, mit der ich rechnen konnte und die für ein kleines bisschen Frieden sorgte. Was ich sehr vermisst habe, waren die Post – Therapie – Café – Dates, weshalb die potentielle Bezugsperson mit seiner Erlaubnis nach jeder Stunde eine Mail bekommen hat. Zumindest am Anfang hat er die auch noch gelesen und gelegentlich etwas dazu gesagt.

Die guten Momente tragen immer auch ein bisschen Zweifel in sich. Wie lange kann das halten? Ich kenne mich doch. Weiß, dass das nie von Dauer ist. Auch, wenn ich es wirklich genossen habe, dieses Hoch des Jahres.
Ich habe geglaubt, dass ich noch bis November in der Notaufnahme verweilen darf – damit wäre ich das erste Mal in meiner Karriere länger als ein halbes Jahr an einem Arbeitsplatz geblieben. Mittags hat unser ZNA – Oberarzt immer unsere kleine „Gang“ aus dem Neubau zusammen getrommelt und dann sind wir gemeinsam Mittagessen gegangen. Damit war die Sehnsucht nach Socialising ganz gut gestillt. So sind dann auch manchmal die Verabredungen zum abendlichen Essen gehen mit den Kollegen entstanden. Die potentielle Bezugsperson und ich sind ganz gut miteinander zurecht gekommen, die Tomaten waren der Vorwand schlechthin, um bei ihm erscheinen zu dürfen. Daneben gab es endlich mal etwas wie therapeutische Stabilität.
Es war ein Sommer, der sehr geprägt von der Arbeit war und rückblickend kann ich nicht mal sagen, ob es wettertechnisch ein guter Sommer war, weil ich irgendwie den ganzen Sommer über keinen Urlaub hatte. Aber es war okay, wie es war. 

Sommer...

Juli. Schon im Vorfeld hatte ich mir überlegt, wie ich mit ein Backup schaffen kann für die Wiederholung dieser Katastrophe von 2020. Sehr erfolgreich war das nicht. „Naja Mondkind, eigentlich ist es ja ein Tag wie jeder andere.“ Na Danke für den Pragmatismus.
Es war ein Samstag und die neue Therapeutin – das rechne ich ihr sehr hoch an – hat mir erlaubt ausnahmsweise mal an einem Samstag vorbei zu kommen. Sie hat eine Kerze aufgestellt und ich war eine Stunde lang nicht alleine. Ich habe viel geweint und sie hat viel zugehört. Genau das sind diese Momente, die das Herz seltsam berühren, die Vertrauen entstehen lassen. Und dennoch ist der Vertrauensaufbau zu ihr auch mit viel Sorge behaftet und ich denke eine kleine Distanz wird aus reinem Selbstschutz bis zum Ende bleiben. Denn in spätestens einem halben Jahr werde ich in diesem Haus keinen sicheren Ort mehr finden können. So war das immer mit Plätzen und Menschen, die Sicherheit ausgestrahlt haben. Die kamen fast nie aus den eigenen Reihen – also hatte man auch keine Chance sie irgendwann loszulassen, wenn man sich bereit dafür gefühlt hat. Sie wurden mir immer wieder genommen, bevor ich bereit war. Ein Helfersystem ist auch ein permanentes Verlusterleben – natürlich teilweise auch von mir selbst ausgelöst, als ich die Studienstadt verlassen habe. Aber die ehemalige Therapeutin hätte mich nicht behalten können (was nicht heißt, dass ich mich nicht gelegentlich melden darf, was ich sehr schätze) und der sehr geschätzte Herr Psychiater hat dann den Privatpatienten – Sektor übernommen noch bevor ich von dort weg gegangen bin. 


 

Die Tage nach der Jährung des Verlusterlebnisses waren schwierig. Immer wieder ist mir in den Kopf gekommen, was ich damals vor einem Jahr gemacht hatte. Emotional war es nicht wirklich besser geworden, aber damals hatte man mir – sehr zähneknirschend, aber immerhin – eine Auszeit zugestanden, die ich jetzt nicht mehr hatte.
Es blieb dann auch nicht – wie es geplant war – dabei, dass ich bis November in der Notaufnahme bin und dann zurück auf die Stroke Unit rotiere. Es lief, wie Versetzungen in dieser Neuro fast immer laufen. Ich sollte einen Tag auf der Stroke Unit aushelfen und aus dem Tag wurde eine Woche. Danach wurde ich auf die Kurzliegerstation versetzt und einen Monat lang war es ein ständiges Hin und Her zwischen den Stationen, bis dann klar war, dass ich zurück in den Altbau rotieren werde.

Die ersten Tage dort waren anstrengend. Irgendwie konnte ich mich nicht mehr so richtig daran erinnern, dass ich nach der Klinik auch schon eine Weile dort wieder gearbeitet hatte. Die ersten Tage dort haben mich immer wieder in den Mai und Juni des Jahres 2020 zurück katapultiert – eine Zeit, die voller Sorge war, aber noch nichts im Vergleich zu dem, was kommen würde.
Ich habe mich nicht in dasselbe Arztzimmer, sondern in ein benachbartes Zimmer einquartiert und langsam habe ich mich wieder mehr dran gewöhnt. Auch daran, dass es einen Zusammenhalt wie auf den anderen Stationen nicht gibt. Es ist keine Zusammenarbeit zwischen Oberärzten und Assistenten. Man ist die Marionette seiner Oberärzte und auch der Laune der Oberärzte ausgeliefert. Wenn die sich erst um 17 uhr nachmittags blicken lassen, dann ist es so und dann arbeitet man seine Kurvenvisite eben danach aus.

Mit dem Zurückrotieren in den Altbau kam das Privatleben – wenn es vorher überhaupt eins gab – komplett zum Erliegen. Nicht mal die Sachen, die wichtig und hilfreich für mich waren, waren noch möglich. Termine beim sozialpsychiatrischen Dienst oder beim Seelsorger zu machen – bei Menschen, die man sich in Kenntnis des bevorstehenden Verlustes der Therapeutin warm halten sollte – war einfach nicht mehr möglich, weil ich nie wusste, ob ich die auch einhalten kann. Aktuell war es nicht so wichtig, man muss auch nicht an fünf Stellen gleichzeitig angedockt sein. Aber ich fürchte, ich werde mich noch sehr darüber ärgern, das gänzlich schleifen gelassen zu haben.

Irgendwann rückte das Ende des Jahres zumindest schonmal in die gedanklichen Planungen. Und mir wurde klar, dass ich für mich selbst noch fast nichts erreicht hatte. Es war mir noch nicht gelungen, seit dem Tod des Freundes mal wieder am Fluss in der Studienstadt zu sitzen. Ich hatte seine Mutter noch nicht besucht, obwohl wir schon ewig gesagt hatten, dass wir es mal machen wollen. „Mondkind, entweder Du planst es jetzt, oder es wird nicht mehr klappen“, ging es mir dann durch den Kopf.

Und so kam es, dass ich Mitte Oktober mit dem Zug auf dem Weg zurück in ein Leben war, das so weit weg erschien, dass man kaum glauben kann, dass ich es mal gelebt habe.
Wenn ich mir dieses Jahr noch etwas gewünscht hatte, dann war es nochmal dort am Fluss zu stehen. Dann, wenn es noch ein kleines bisschen warm ist.
Ich war selten mit dem Zug auf dem Weg in die Studienstadt gewesen – so wie dieses Mal, aber der Bahnhof, an dem ich umsteigen musste war derselbe, an dem ich immer bis tief in die Nacht auf den Bus gewartet habe. Ich bin nochmal vorbei gegangen, auf dem Bahnhofsvorplatz, an dem Bürgersteig, auf dem ich immer saß. Ich glaube das Herz wird an diesem Ort nie aufhören, weh zu tun. Ab und an haben wir uns auch direkt auf einem der Bahnsteige getroffen an diesem Bahnhof, wenn er mich besuchen kam.


Am ersten Tag habe ich es erstmal nur in die Nachbarstadt geschafft und schon das war mehr als genug. Der Ort, an dem wir vor so vielen Jahren auf der Schulbank gesessen haben. „Bloß gut hattest Du keine Ahnung was kommt“, dachte ich bei mir, als ich fast an der Schule vorbei gefahren bin.
Der zweite Tag hat mich endlich zurück an den Fluss gebracht. Es war selbst unter Pandemiebedingungen fast alles so, wie es immer gewesen ist. Die Sonne schien, es war für Mitte Oktober ein warmer Tag. Von der Promenade aus den Blick auf den Fernsehturm und den Medienhafen gerichtet – das war so oft der Blick, den wir hatten, wenn wir da saßen. Ich konnte nicht verhindern, dass ich – während ich dort stand und ging – die Leute gescannt habe auf der Suche nach dem Typen mit dem verschmitzen Grinsen und dem Rucksack über der Schulter. Es war so eine unglaubliche Nähe und Sehnsucht gleichzeitig, dass es kaum auszuhalten und doch wunderschön war. Es hat sich gelohnt. Wirklich. Ich war froh um diese Tour, auch wenn sie anstrengend war.

 
Am Tag danach war ich an der Uni. Habe meinem alten Fahrrad Hallo gesagt und war im Labor. Dort wurde ich vom MTA – wie jeden Morgen, wenn ich kam – erstmal in den Arm genommen, es gab Kaffee und wir haben gequatscht. Nur ob das Projekt Doktorarbeit noch zu einem Ende kommt, das ist mal die Frage. Im Anschluss war ich noch bei meiner ehemaligen und ersten Therapeutin – es war so schön sie zu sehen, dass ich mich wirklich sehr bemühen musste nicht zu weinen, was nicht ganz gelungen ist. Diese Frau ist eine der zuverlässigsten Personen, die ich kenne und egal was ich wieder veranstaltet oder erlebt hatte – sie hat es immer akzeptiert und aufgefangen, hat immer Lösungen gesucht, wo keine mehr zu sein schienen.
Tages darauf ging es mit allerhand Erfahrungen, Erkenntnissen und Erinnerungen im Gepäck, die erstmal verarbeitet werden mussten, zurück nach Hause. Dort hatte ich noch ein paar Tage frei, ehe es wieder auf die Arbeit ging.

 


Es war als müsste ich noch Bewegung in dieses Jahr bringen, das bisher so still gewesen war. So lange habe ich die Dinge, vor denen ich Angst hatte, vor mir her geschoben. Mit der Studienstadt war die erste Hürde genommen, aber ich hatte schon über einem Jahr der Mutter des Freundes zugesagt, ihr einen Besuch abzustatten. Und so habe ich mich irgendwann entschieden, auch diesen Schritt kurz danach noch zu gehen.
Es war ein kalter Novembermorgen, als ich das nächste Mal auf dem Bahnhof stand – dieses Mal auf dem Weg zur Mutter des Freundes und in eine Stadt neben dem Dorf, wo der Freund seine Kindheit verbracht hat. Solange wie wir uns kannten, waren wir nie dort gewesen.

„Mondkind, was machst Du hier?“, habe ich mich immer wieder gefragt, auf dem Weg zu dieser unbekannten Frau, die ja aber immerhin seine Mutter ist. Es ist schon komisch, wenn das Einzige was verbindet ein Mensch ist, der nicht mehr lebt, der nicht mehr vermitteln kann, der die Menschen einander nicht mehr vorstellen kann.

Am Nachmittag bin ich in der kleinen Wohnung angekommen und bei einem Tee und ein paar Keksen begann unser zwei Tage dauernder Erzählmarathon. Dass es emotional doch alles sehr anstrengend war, habe ich am ersten Abend gemerkt, als mir gegen 18 Uhr gefühlt das Hirn geplatzt ist und wir uns erstmal beide zwei Stunden hingelegt haben. An dem Abend habe ich auch entschieden, dass ich wohl um die Klinik nicht herum komme und habe dem dienstplanverantwortlichen Oberarzt eine längere Mail geschrieben, die ich im Vorhinein schon vorbereitet hatte. Es war klar, dass die Parallelität von diesem Schmerz und dem Job nicht mehr schaffbar war.

Seine Mum hat über die zwei Tage ein Bild von meinem Freund gemalt, das mir nochmal gezeigt hat, warum wir uns eigentlich blind verstanden haben. Sie berichtete von einem Leben, das wenig Kontinuität hatte, das viel zu wenig Glück enthielt. Sie hat mir von einem Menschen erzählt, der unter vielen Ängsten gelitten hat und mir trotzdem immer als starke Schulter zur Seite stand. Sie hat von einer aufrichtigen Liebe mir gegenüber gesprochen, ich war wohl oft Gesprächsthema, wenn er sie angerufen hat. Und ich – habe vielleicht zum ersten Mal wirklich gespürt, dass mich da jemand geliebt hat nicht wegen etwas, das ich erreicht oder geleistet habe, sondern einfach, weil ich ich selbst war. 

Mitbringsel für den Freund und seine Mutter

Sie hat mir in der Nacht ihr Schlafzimmer überlassen und neben ihrem Bett steht ein kleiner Tisch, auf dem neben einem Foto von ihm seine Ringe und Armbänder liegen, über die ich nach so langer Zeit vorsichtig drüber gestrichen habe. So viel von ihm hatte ich seit so vielen Monaten nicht mehr neben mir und es war ein Gefühl von ganz tiefer Verbundenheit, als ich in dieser Nacht eingeschlafen bin.
Und dennoch – als ich nach zwei Tagen wieder auf dem Heimweg war und bis nach Hause durchgängig nur geweint habe – hatte ich auch das Gefühl, wieder ein bisschen atmen zu können. So sehr, wie ich das Gefühl der Verbundenheit auch genossen habe, aber es ist auch so schwer, dass es mir ein bisschen die Luft genommen hat.

Auf dem Heimweg gab es auch eine Antwort von meinem dienstplanverantwortlichen Oberarzt: „du machst dir bitte keine Sorgen um den Dienstplan. Ich achte drauf, dass du ab dem 22.12 keine Dienste bekommst und deine Kollegen müssen erst auch nicht wissen warum.
"Du gehörst zum Kernteam hier und wir schätzen dich sehr, deswegen kannst du dich auch drauf verlassen, dass du nach dem Klinikaufenthalt wieder gut aufgenommen wirst.“

Und obwohl man sicher manchmal sehr auf den Laden schimpfen kann, aber diese Worte haben mich wirklich bewegt. Ich weiß, dass es eng bei denen ist und ich weiß, dass in letzter Instanz immer der Oberarzt den Unmut abbekommt – und er kann auch kein Personal her zaubern. Da zeugt es von einer Wertschätzung mir gegenüber mich trotz der Situation so sorglos wie es irgendwie geht, gehen zu lassen.

Die Zeiten wurden schwer. Noch schwerer, als ich es gewohnt war. Nachdem ich bei seiner Mutter war, wurde mir nochmal deutlich, was ich da verloren hatte. Und dass es eigentlich keinem zusteht das zu bewerten und all die Bewertungen meiner umstehenden Menschen uns absolut nicht gerecht geworden sind.
Auf der Arbeit wurde zunehmend klarer, dass ich so nicht mehr lange arbeiten kann. Die Kollegen haben versucht mich mit Kaffee bei Laune zu halten, die Therapeutin hat mir manchmal zwei Termine pro Woche gegeben, um irgendetwas aufzufangen und die potentielle Bezugsperson hatte Angst, dass es vor der Psychosomatik noch in der Psychiatrie endet. Ich habe es gerade so noch geschafft zu arbeiten, die Dienste zu machen, von denen der letzte „Dienst – Marathon“ mit drei Diensten in sechs Tage ein letztes Aufbäumen vor dem Fall war. Danach hatte ich Urlaub und dann würde es in die Klinik gehen. Ich habe mit letzter Kraft versucht, dieses Leben am Laufen zu halten, auch wenn ich es nicht mehr geschafft habe regelmäßig einkaufen zu gehen, zu putzen oder den Blog zu schreiben. Alles was sein musste ging irgendwie; aber mehr auch nicht. Eine ehemalige Freundin wartet heute noch auf ein Paket von mir.

 

Ausflug auf meinen Lieblingsberg

Und dann näherte sich auch schon der 21. Dezember. Auf der einen Seite habe ich gewartet, bis es endlich in die Klinik geht, auf der anderen Seite wollte ich bitte gar nicht erst hin. Und so lief das dann alles auch. Mal wieder. Komplette Überforderung am ersten Tag. Und dazu auch noch eine unbekannte Klinik, unbekannte Abläufe, unbekannte Menschen. An meiner alten Psychiatrie wusste ich ungefähr, worauf ich mich einlasse, das hier war absolutes Neuland.
Und rückblickend ist es vielleicht doch nicht so schlecht, dass ich kaum fünf Minuten meinen neuen Psychologen kannte, als die ersten Tränen flossen und ich gar nicht mehr aufhören konnte mit weinen. Fast anderthalb Jahre habe ich bei nahezu keinem Gespräch über dieses Thema geweint und jetzt war es, als sei der Staudamm nicht nur übergelaufen, sondern völlig eingebrochen. Und auch, wenn er nicht vom ersten Gespräch an der Sympathieträger schlechthin war, hat er doch vermittelt: Es ist okay.
Überhaupt war das bisher die wichtigste Erfahrung. Gesehen und gehört werden mit meiner Geschichte. Auch die Co – Therapeutin hat es vor Weihnachten noch mitbekommen und gut aufgefasst.
Ich bin auch immer noch bemüht, diesen Klinikaufenthalt ein bisschen anders aufzuziehen. Mutiger zu sein. Hilfe einzufordern, wenn ich sie brauche. Das System hier so gut es geht für mich zu nutzen, ohne Grenzen zu übertreten. Ich habe immer noch Angst zu sehr zu fallen hier, zu spüren, dass die Menschen das am Ende doch nicht halten, obwohl das Antesten, ob der Boden hier mich gerade trägt, gut funktioniert hat.

 

Mein Schreibtisch hier

Zettel von der Co - Therapeutin

 

Was würde ich mir fürs nächste Jahr wünschen? Keine leichte Frage. Weil ich so sehr hoffe, dass hier in den nächsten Wochen noch so einiges passiert, was die Weichen vielleicht nochmal anders stellt.
Was ich mir aber sehr wünsche, ist ein bisschen Leichtigkeit, Unbeschwertheit, Licht und Übermut im Herzen, mich selbst wieder mehr zu spüren – positiv. Ich wünsche mir, dass das Leben zwar nie wieder dasselbe wird wie das, was es war und die Trauer um den Freund auch immer bleiben wird, aber dass ich darauf vertrauen kann, ihn überall mit hin zu nehmen. Ihm die Welt mit meinem Herzen zu zeigen und darauf vertrauen zu dürfen, dass dieses andere, neue Leben auch gut und erfüllt werden darf.
Ich wünsche mir mehr Zeit für mich – nachdem ich gelernt habe, die Stille auszuhalten. Ich überlege, ob ich nicht ein bisschen Stunden reduziere, um Zeit zu haben die Natur zu entdecken, die Wohnung zu Ende einzurichten, mir vielleicht ein Haustier anzuschaffen, damit es wieder ein bisschen Leben in der Wohnung gibt. Ich habe auch die Tattoo – Idee nicht vergessen. Ich hoffe, dass die Kraft reicht, um mich der Welt wieder ein bisschen zu öffnen; ein bisschen etwas von ihr zu sehen. Ich habe im Sommer jemanden kennen gelernt, die in Berlin lebt, die würde ich gern besuchen können. Meine Zimmernachbarin hier hat mich zu einem Trip in die Berge inspiriert. Ich möchte das Meer wieder sehen, Live – Musik in meinen Ohren hören, ich möchte leben, bei mir sein, meine Bedürfnisse fühlen und Glück spüren.

Und na klar – kein Leben ohne Beruf. Aber ich möchte eine gesunde Balance finden. Nicht so, dass der Beruf mich nochmal und immer wieder kaputt macht. Dienste machen und stolz drauf sein, das ja, aber kein Dienstmarathon, weil man glaubt nur Anerkennung über die Dienste zu bekommen. Am Ende ist die Ärztin – Mondkind eine Rolle, in der ich sicher auch aufgehen möchte. Aber es ist eben nur eine Facette von mir, nicht mein ganzes Leben. 

Spaziergang von heute

Ich hoffe, Ihr seid alle gut im neuen Jahr angekommen.

Mondkind

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