Feuerwerk
Ich
stelle mir mich selbst Mitte April vor.
Ich
stelle mir vor, wie jemand mir gesagt hätte, dass ich es bis Ende Juli
geschafft habe in meiner Studienstadt in einer WG zu leben und das dort auch
irgendwie hinbekomme. Dass ich wieder studiere, in weniger als zwei Wochen die
Abschlussprüfung ansteht und ich gar nicht so schlecht im Lernplan liege. Und
dass ich es mittlerweile schaffe, manchmal die Uni doch Uni sein zu lassen.
Mit
anderen Freitagabend in die Stadt gehe. Mir das Feuerwerk anschaue, das gestern
tausende Menschen in die Innenstadt gelockt hat. Und wir danach einfach noch
ein bisschen Quatschen.
Dass
ich mitten in der Nacht mit der Bahn Richtung Uni fahre, die letzten Kilometer
mit dem Fahrrad zurück lege und das letzte Mal um viertel vor Drei auf die Uhr
schaue, bevor ich todmüde einschlafe.
Natürlich
war das gestern wieder so ein typischer Mondkind – Abend. Ich war mir nicht
sicher, ob mein Lernplan das wirklich her gibt, aber andererseits wollte ich
das Feuerwerk gern sehen und es würden auch ein paar ehemalige Mitpatienten
kommen und wir würden das gleich als Gelegenheit nutzen, uns mal wieder zu
sehen.
Es
ist gar nicht so wichtig, was mir in dieser Stunde alles durch den Kopf
gegangen ist – wichtig ist, dass ich am Ende doch da war und es trotz der
Anspannung auch ein bisschen schön fand.
Das
ist der Vorteil, wenn man nicht mit Kommilitonen, sondern mit Menschen
unterwegs ist, die einen richtig tief kennen gelernt haben. Die wussten, dass
das für mich super schwer ist und haben auch immer mal nachgefragt, ob alles
okay ist und mich am Ende mit der Bahn auch noch ein Stück Richtung Heimat
begleitet, weil ich dann doch unruhig geworden bin.
Jeder
von uns hat es irgendwie zurück ins Leben geschafft. Ich war – wie ich erfahren
habe – nicht die Einzige, die nach der Klinik gedacht hat, dass sie draußen
nicht mehr leben kann. Das ging allen so und dennoch haben wir die Zeit
überstanden, sind größtenteils zurück im Studium, Ausbildung, Job, wo auch
immer und leben unser Leben weiter.
Irgendwie
sind wir uns auch erstaunlich einig darüber, dass die Klinik definitiv eine
Erfahrung war und zumindest eine Zeitlang auch wirklich nötig war, uns dann
aber ganz am Ende doch nicht so richtig helfen konnte.
Jeder
von uns ist da emotional noch ziemlich instabil raus gegangen.
Jeder
von uns kam mit der Erwartung dahin, dass uns jetzt endlich geholfen werden
kann und es uns bald besser gehen wird.
Und
letzten Endes können die aber alle nicht so richtig helfen. Sie können uns
begleiten, uns Tipps und Ratschläge geben, uns teilweise davor bewahren uns
doch das Leben zu nehmen.
Aber
wir sind diejenigen, die umdenken müssen. Wir sind diejenigen, die dieses Leben
leben müssen. Das nimmt uns keiner ab.
Die
Klinik ermöglicht umdenken. Aber dann muss man raus und die Erkenntnisse, die
man gewonnen hat selbst umsetzen. Da helfen keine gefühlte hundert Gespräche,
die sich alle um das selbe Thema drehen.
Man
muss es tun. Es klingt so einfach und ist doch schwer.
Aber
wir haben uns auf den Weg gemacht.
Mondkind
P.S. Ich weiß nicht, warum der das immer so blöd formatiert... Im Dokument sind da nicht solche ellenlange Lücken zwischen den Absätzen...
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