Selbstreflexion und Wochenausblick



Während ich darauf warte, dass der Regen aufhört und ich ins Labor fahren kann, nutze ich die Zeit und fange schon mal an mit dem Blog.
Am Mittwoch steht die Ambulanz auf dem Plan und da ich in den nächsten beiden Tagen wohl nicht dazu kommen werde, habe ich mir heute schon mal die Stimmungsprotokolle angeschaut, die ich mit wenigen Unterbrechungen seit über einem Monat führe.
Es ist mega ätzend, besonders, wenn man eben zwischendurch gar nicht so viel fühlt und irgendwie gar keine Stimmung hat so richtig. So insgesamt kann man aber schon einen Trend sehen.
Als ich damit angefangen habe, ging es mir überhaupt nicht gut. Das war kurz nach dieser Krisenintervention damals und irgendwie hatte ich das Gefühl gar nicht mehr so richtig auf die Füße zu kommen und gleichzeitig habe ich versucht, die Dinge nicht einreißen zu lassen. In die Uni zu gehen, mich mit Leuten zu treffen. Das soll ja helfen, habe ich gehört. Hat es nur leider nicht so richtig.
Und dann sind nach und nach die Tage wieder länger geworden, das Labor hat immer mehr  Zeit eingenommen, der alte Stress ist zurückgekommen und mit dem Stress ist die Ohnmacht dem Gefühl des getrieben Werdens gewichen.
Ich merke, dass mein Denken sich langsam auch wieder verschiebt. Das Labor hat sehr viel Raum eingenommen in den letzten beiden Wochen – viel mehr Raum, als eigentlich geplant. Ich war sogar am Feiertag da und die letzten beiden Wochenenden und wenn ich nicht aufpasse, dann wird sich das bald als fester Programmpunkt etablieren, den Sonntagnachmittag im Labor zu verbringen und das ist dann genauso verpflichtend, wie der Einkauf zum Freitag.
Und irgendwie denke ich mir, dass das doch gar nicht schlimm ist. Die Arbeit macht sich nun mal nicht von allein und warum sollte ich dem Labor fern bleiben, nur weil Sonntag ist?
Dass dieser Gedanke scheinbar nicht ganz so normal ist merke ich immer dann, wenn ich an solchen Tagen das Gebäude betrete. Ich habe an Sonn- und Feiertagen noch nie jemanden getroffen, der auch am Mikroskop arbeitet, also sehen das scheinbar nicht alle wie ich.

Und manchmal frage ich mich, ob ich auch irgendetwas zwischen den Extremen kann. Wenn ich möchte, dass es mir einigermaßen gut geht, scheine ich viel arbeiten zu müssen, um nicht so viel nachdenken zu können. Und wenn ich ab und an mal die Füße hoch legen will, muss ich in Kauf nehmen, dass es zwischendurch so ganz tiefe Krisen gibt, in denen mir wieder die Sinnlosigkeit bewusst wird und die Tatsache, dass alle meine Pläne nie den Zustand berücksichtigen, in dem ich derzeit bin. Das ist dann eben auch nicht mehr schön.

Nun ja… - ich weiß es gerade nicht. Ich bin ein wenig ratlos. Aber das können wir ja am Mittwoch klären.


Ansonsten wird die nächste Woche wohl ein bisschen anstrengend werden.
Das geht morgen schon los. Von 17 bis 21 Uhr ist der „progress – test“. Das ist keine Klausur, die ich unbedingt bestehen müsste, imitiert aber ein wenig das Staatsexamen, da dort auch quer Beet alle Fächer abgefragt werden. Es ist also schon wichtig konzentriert zu sein, um am Ende zu wissen, wo ich wirklich stehe und in welchen Fächern ich noch etwas tun muss. Und abgesehen davon würde ein gutes Ergebnis in dem Test mich schon ein wenig erleichtern…

Morgen beginnt außerdem das Gyn – Praktikum.
Auch da muss ich morgen früh noch einiges organisieren. Zum einen muss ich denen erklären, dass ich Freitagmorgen etwas zu spät komme, weil ich vorher noch zum Arzt muss. Mit diesem „unbedingt hundert Prozent anwesend sein müssen“ könnte ich mir vorstellen, dass die das nicht einfach so hinnehmen.
Außerdem – nachdem ich dann schon Sonderwünsche angemeldet habe – muss ich mir auch noch meinen Kreissaal – Tag wegtauschen. Auch da würde ich gern keine unangenehmen Fragen hören, obwohl ich mich wohl darauf einstellen muss, dass die kommen.
Es gab schon mal ein Praktikum in der Gynäkologie und da sollte ich dabei sein, wie aus einer Partnerschaft eine kleine Familie wird. Am Ende ist das Schlimmste passiert, das man sich vorstellen kann. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände, aber  diese Verkettung war zu viel für ein fragiles, neues Leben.
Ich selbst bin damals noch über die Station gerannt und habe das Notfall – Team alarmiert. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wie meine Beine mich zu dem Zeitpunkt noch getragen haben. Ich war so geschockt, so verwirrt, ich hatte Angst und mein Adrenalin – Spiegel war so hoch, wie wohl selten in meinem Leben und die nächsten Stunden habe ich gezittert wie Espenlaub.
Schon wenn ich das Wort Kreissaal höre, schnellt mein Puls auch heute noch nach oben. Ich war danach und seitdem nie wieder in einem solchen Raum und ich habe nicht die leiseste Ahnung was passiert, wenn ich dahin muss.
Seitdem ist die Gynäkologie für mich ein rotes Tuch.
Gesprochen wurde darüber übrigens nie. Weder in dem Krankenhaus in dem ich damals war, noch habe ich selbst darüber jemals gesprochen – außer am ersten Tag, da musste ich es doch wem erzählen. Ich habe das nicht mal meiner Therapeutin gegenüber erwähnt und das ist erst letztens raus gekommen, als das für mich so ein Desaster war, das Gyn – Praktikum nicht vorziehen zu können, weil ich es schnellstmöglich von den Hacken haben wollte.
Und selbst bei ihr konnte ich darüber nicht richtig reden. Sie meinte, wir machen mal eine Stunde zu dem Thema. Das wäre wohl vor der nächsten Woche sinnvoll gewesen, aber wir kamen nicht dazu.

Auf jeden Fall werde ich morgen erleichtert sein, wenn ich so gegen 21:30 Uhr hier ankomme und alles einigermaßen zu meiner Zufriedenheit verlaufen ist.

Alles Liebe und einen guten Wochenstart!
Mondkind

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