Gedanken zum Wochenende


Kaffee kochen, Laptop auf den Schoß und ein wenig schreiben. Die ersten Minuten Ruhe des Wochenendes. Wenn meine Schwester kommt ist das immer, als würde ein Wirbelwind durch die Räume ziehen. Als käme jemand, der anfängt hier aufzublühen, zu leben und zu verwelken, wenn sie wieder fährt.
Ihre Einstellung ist, dass es mehr oder weniger von mir abhängt, wie viel sie vom Sommer mitbekommt. „Mondkind ich wache jeden Morgen auf und denke an diesen Ort hier…“
Sie ist überzeugt davon, dass sie nur etwas davon mitbekommt, wenn sie hier ist. Und bei dem was in meinem Elternhaus derzeit los ist, nehme ich ihr das sogar ab. Es macht mich wirklich traurig, dass sie sich da so ausnutzen lässt.
„Die Mondkind ist das Ende der Nahrungskette“, sagte ein Freund mal. Und so falsch ist es nicht. Es meint nämlich jeder, mich für das persönliche Wohlergehen verantwortlich machen zu können. Und ich kann nur lauschen, aber nichts tun.

Auf Empfehlung des Neuro – Oberdocs waren wir am Samstag also in einem nahe gelegenen Ort auf dem Stadtfest.
Heute waren wir ein wenig im Moor wandern. Es liegt ein paar hundert Meter über dem Meeresspiegel und deshalb war es dort, von den Temperaturen her, eigentlich echt erträglich.

Da hat wohl jemand der Natur etwas nachgeholfen... 

So ganz in den Alpen sind wir eigentlich noch nicht...

😋 Picknick darf nie fehlen...


Und jetzt… ich weiß es nicht, ich hatte am Wochenende kaum Zeit, um mich mit mir selbst auseinander zu setzen. Es ist natürlich eine Menge liegen geblieben, das ich eigentlich dieses Wochenende mal hätte tun sollen und das ich jetzt in der Woche machen muss.
Andererseits denke ich, dass eben das die Dinge sind, an die man sich erinnern wird, wenn man am Ende des Jahres ein Resümee zieht, was man denn so gemacht hat.
Normalerweise ist es eben so, dass ich gerade in – psychisch etwas schwierigen Zeiten – viel Ruhe und Zeit für mich selbst brauche. Zum Einen bin ich sowieso sehr platt auf die Füße, zum anderen rotieren auch so viele Dinge gleichzeitig in meinem Kopf, dass ich viel Zeit brauche, um das für mich zu sortieren.

„Sie fragen sich immer, was die anderen gerade brauchen. Aber Sie fragen sich nie, was Sie selbst gerade brauchen…“, merkte die Therapeutin letztens an.
Da hat sie irgendwo Recht, aber ich weiß es eben auch nie so genau.
Es ist wahrscheinlich oft das, was es nur viel zu selten gibt. Einen Menschen, der hören kann, wenn ich schweige. Der die Schwere hinter dem Lächeln sieht. Und der mich vor allen Dingen so nimmt, wie ich eben bin. Es gibt diese wenigen Menschen, mit denen ich nur schweigend in einem Raum sitzen müsste.
Und ich denke es ist auch das, was für die anderen immer so faul und egoistisch aussieht. Ich war schon immer ein sehr nachdenklicher Mensch, habe viel Tagebuch geschrieben und mich mit vielen Themen auseinander gesetzt. Aber auf dem Bett sitzen und vor sich hin philosophieren, wurde eben immer mit Faulheit gleich gesetzt und deshalb traue ich mich das glaube ich vor mir selbst nicht mal zu denken. (Letztens stellte mal jemand die Theorie auf, dass psychische Störungen vielleicht auch vielfach dadurch bedingt sein könnten, dass die Menschen sich nicht einfach vom Leben treiben lassen, sondern darüber nachdenken und viel in Frage stellen. Und sich in einer Lebenswelt, die sich zwischen den Urzeitmenschen, deren primäres Interesse das Überleben war und der vielleicht in einigen hundert Jahren kommenden Roboter – Welt nicht zurecht finden - nicht zuletzt weil sie begreifen, dass sie ein absolut bedeutungsloses Zipfelchen zwischen dem Gestern und dem Morgen sind und jegliches Streben auf dem Weg, einen Fußstapfen auf dieser Welt zu hinterlassen, scheitern muss. Also bleibt dem Menschen - so meine weitere Überlegung - im Prinzip nur nach dem persönlichen Glück zu streben, das ja schon in der Philosophie als letztes Ziel des menschlichen Handelns dargestellt wurde. Nur kann es Glück als Zustand ja nicht geben, weil dann jegliche Motivation etwas zu tun verloren wäre. Und es ist ja überhaupt erstmal zu definieren, was Glück ist. Um dann diese Momente sammeln zu können, für die man am Ende gelebt hat. Und da ich das sehr lange nicht tun konnte, bekomme ich vielleicht langsam doch Angst, auch viel verpasst zu haben. "Du wirst Dich irgendwann mal fragen, was Du in Deiner Jugend getan hast", sagte mir mal ein Lehrer. Ich habe das nie geglaubt, aber so langsam mache ich das wirklich. Ich kannte lange kein anderes Leben, aber nachdem ich jetzt gesehen und gespürt habe, wie Leben sein kann, frage ich mich sogar schon, was ich mit dem Großteil meiner Studienzeit gemacht habe...   
 Das war jetzt doch eine lange Abschweife…)

Zusammengefasst bleibt wohl zu sagen, dass es ein ereignisreiches Wochenende war – so wie man ein Wochenende im Sommer halt verleben sollte – und ich mich aber eigentlich absolut wochenendreif fühle, was so eher nicht sein sollte. Und das lässt mich jetzt alles etwas verwirrt zurück, aber ich muss jetzt trotzdem erstmal den Haushalt in Ordnung bringen und morgen endlich mich mal wieder der Doktorarbeit widmen… 

Mondkind

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