Frohe Weihnachten!


Zunächst einmal wünsche ich allen Lesern frohe Weihnachten. Ich hoffe, dass viele von Euch heute und in den nächsten Tagen ein paar schöne und ruhige Stunden mit den Liebsten verbringen; das Augenmerk auf die positiven Dinge und weniger auf den familiären Kleinkrieg am Rande des Geschehens richten können.




***

Mit meinem Vater habe ich gestern den Weihnachtsbaum aufgestellt und wie das immer bei ihm sein muss – über jeden Ast in definierten Abständen ein paar Lamettafäden gehängt.

Der Umzug verlief erstaunlich reibungslos und der Zeitplan meines Vaters hat tatsächlich funktioniert. Fast auf die Minute genau um 10 Uhr fuhr ein blauer Kleintransporter mit vielen Macken auf den Parkplatz vor unserem Haus. In einer Stunde packten wir die Kisten und mein Fahrrad ein und um 11 Uhr wurde die Wohnung übergeben, ich habe die Schlüssel dem Hausmeister in die Hand gedrückt und schweren Herzens die Tür hinter mir geschlossen.

Beinahe ohne Stau kamen wir um 15:30 Uhr in der Studienstadt an. Auch meine Untermieterin stand pünktlich auf der Matte. Jetzt bin ich also wieder in meinem Zimmer mit der lila Wand zu Hause, dort, wo das Wort „Home“ schwarz auf weiß ebenfalls an der Wand verewigt ist und in dem mich mein Ergotherapieprojekt in Form von zwei gestalteten Holzpaletten mich immer daran erinnert, dass die Klinik mir das Leben gerettet hat und rückblickend betrachtet eine schwierige, aber auch eine gute Zeit war.
17 Uhr fuhren wir weiter und gegen 20 Uhr waren wir dann endlich bei meinem Papa zu Hause.

Es ist ein anderes Lebensgefühl hier. Manchmal geht es einigermaßen und im nächsten Moment schlägt die Schwere und Sinnlosigkeit zu. Ich kann nicht mal begründen, warum es mir alles so sinnlos vorkommt, aber es ist so. „Mondkind, da musst Du einfach noch ein letztes Mal durch“, hatte der Oberarzt über diese nächsten Monate gesagt. Auch, dass sie alles andere als einfach werden, aber dass es wohl sein muss, wenn ich irgendwann wieder zurückkommen möchte.

Ich vermisse diesen kleinen Ort in der Ferne unglaublich. Beinahe die ganze Nacht von Donnerstag auf Freitag habe ich mit Tränen in den Augen verbracht. Man hofft zwar, dass ich bald wieder komme und dass sich nicht viel geändert hat, aber man weiß es nicht. Es kann sein, dass es eine Zeit ist, an die man nicht anknüpfen kann. Für die ich zwar dankbar bin, dass es sie gegeben hat, aber die für immer der Vergangenheit angehört.
Und ein bisschen frage ich mich, warum ich am Donnerstag noch laut beim Oberdoc gezweifelt habe, ob es richtig ist, dort anzufangen mit arbeiten. Ich habe noch nie mein Herz so sehr an einen Ort verloren. Was sind da schon ein paar suboptimale Arbeitsbedingungen, die vielleicht auch Interpretationssache sind?

Ich bekomme immer noch von Freunden, die sich mit meiner Zukunft mehr beschäftigen als ich selbst, Jobangebote zugschickt. Ich weiß, ich könnte in meiner Studienstadt bleiben, ich könnte nach Heidelberg, Hamburg, Berlin oder Norwegen. Aber es  ist das Loch in der Seele, das hier ein bisschen kleiner ist. Weil es Menschen gibt, bei denen die Zeit einmal kurz still steht. In denen das Kind in mir mal kurzzeitig nicht rebelliert, weil es für den Augenblick alles hat, was es braucht. Und obwohl ich so lange darauf getrimmt wurde, dass Erfolg alles im Leben ist weiß ich heute, dass zumindest mich das nicht glücklich macht. Es sind Dinge, die sich nicht so einfach in eine Gleichung pressen lassen, die der Seele ein zu Hause geben.

Am Ende des Jahres wird – wie auch letztes Jahr – noch ein Rückblick auf das Jahr kommen. Zwar hasst meine Therapeutin solche sentimentalen Rückschwenke, aber ich brauche das. Einfach, um mir noch mal klar zu machen, was alles passiert ist und um festzuhalten, wo ich gedenke heute in einem Jahr zu stehen.

Mondkind

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