Impressionen des neuen Campus und Tatendurst


Ich habe noch nie so viele Menschenmassen gesehen, die sich den Berg hinauf in Richtung Klinik schieben. Schon weit vor dem Eingang steht die Schlange, gesäumt von Sicherheitspersonal in schwarzen Jacken.
So einfach komme ich da gar nicht rein… „Wie kommt man denn ins Gebäude, wenn man zum Personal gehört?“, frage ich einen der Sicherheitsbeamten. Er sieht unter der Winterjacke meine blaue Personaljacke und leitet mich an den Wartenden vorbei.

Zielstrebig laufe ich auf das Gehirnmodell zu. Die Kollegin und ich lösen die Frühschicht ab und eine Schwester der Stroke Unit hilft auch mit.
Immer wieder werden die Menschen vor Absperrbändern gesammelt und dosiert in den nächsten Abschnitt des Rundwegs entlassen.
Irgendwann eilt ein Kardiologe mit Telefon am Ohr vorbei teilt dem Gegenüber am anderen Ende der Leitung in dem Moment, in dem ich ihn höre mit: „Ich habe das hier alles vollkommen unterschätzt…“

Die Fragen, die die Menschen den Nachmittag über an uns heran tragen sind unterschiedlicher Natur. Sie reichen von „Wo ist die Toilette?“ und „Wo ist der Ausgang?“ über „Wie viele Betten hat das Haus denn?“ und „Wie viel Personal wird hier arbeiten?“ bis hin zu fachlichen Gesprächen.

Hin und wieder laufen mir auch bekannte Gesichter über den Weg. Mit einer Schwester rede ich eine ganze Weile, bis es bei mir klingelt, dass ich sie aus der Notaufnahme der Kreisklinik kenne. Man, das ist doch alles noch gar nicht so lange her…

Ich blende ein bisschen aus, dass ich in zwei Wochen schon nicht mehr da bin. Für den Augenblick weiß auch keiner der Besucher, dass ich nur auf Zeit hier bin und noch gar nicht wirklich dazu gehöre. Für die bin ich heute genauso Teil des Campus, wie alle anderen. Und wie sehr ich mir wünsche, dass die nächsten fünf, sechs oder wie viele Monate auch immer schon vorbei wären... Aufwachen bitte am ersten Tag nach dem Examen, wenn meiner Rückkehr an diesen Ort nichts mehr im Weg steht – so es mit der Stelle klappt, aber ich gehe schwer davon aus, auch wenn ich es gern noch schriftlich hätte.
Ich muss echt noch so einiges mit dem Oberarzt klären, aber ich scheue mich ihn morgen schon direkt wieder zu nerven…

Ich habe heute Morgen kurz mit meiner Schwester geredet. Sie berichtete mir, dass das mit dem PJ und der Arbeit als Assistenzärztin an der Heimatuni bei ihr derzeit anders läuft. Kein Spint, um die persönlichen Sachen den Tag über abzustellen, kein Schreibtisch, kein PC – Zugang und Schlüssel – an so etwas ist absolut nicht zu denken. Zudem als Assistent keine Einarbeitungszeit – nach zwei Wochen muss man Dienste machen.
Zum Einen macht mir das ein bisschen Angst vor der Chirurgie, aber zum Anderen machen mir solche Schilderungen immer klar, wie dankbar ich sein kann. Klar, hier lief auch nicht immer alles glatt – gerade mit der Prüfung war es sehr stressig – aber man ist als PJler auch mehr als eine billige Stationskraft.

Hier noch ein paar Impressionen vom Tag der offenen Tür… 

Eingangbereich mit Rezeption
Auf dem Weg zu den Stationen

Begehbares Herz - Modell

Das Hirn... - und ich... 😍

So hin und wieder habe ich übrigens meine „Mondkind Du darfst den Kopf nicht in den Sand stecken – Phasen.“ Obwohl ich die nächsten Wochen eigentlich nicht erleben will – aber sie kommen und da hilft nur Vorbereitung.
Die Bewerbung ist abgesehen vom Foto und ein paar Kopien, die ich im Krankenhaus machen muss, fast fertig – dann muss ich es nur noch in die Bewerbungsmappe heften. Die ist allerdings auch merkwürdig aufgebaut und so viele Blätter sind gar nicht vorgesehen glaube ich…
Ich habe in dem Mietvertrag geschaut, in dem steht, dass man bezüglich Auszug aus dem Wohnheim und Zimmerübergabe die Technik anrufen muss – das mache ich morgen.
Ich glaube, bis ich im Januar in der Chirurgie anfangen kann, muss ich noch ein paar Zettel unterschreiben – an den PJ – Verantwortlichen habe ich eine Mail geschrieben.

Und da meine Zähne schon wieder Ärger machen und ich diesmal verhindern möchte die ganze Lernzeit im Frühling über täglich mindestens ein Mal allein deshalb die Krise zu bekommen, habe ich mal einen Zahnarzt in der Studienstadt gesucht, der auch abends länger offen hat, sodass es nicht mit den Arbeitszeiten kollidiert und der auf Angstpatienten spezialisiert ist. Ich vermute allmählich, dass da die Weisheitszähne den Ärger machen, nach denen nie jemand geschaut hat. Ich habe den Zahnarzt auch nie darauf hingewiesen, ehe meine Mutter dann wieder auf die Idee kommt, dass das Problem mit den Weisheitszähnen eigenverschuldet ist. Ich kann mich noch gut erinnern – ich war 12 Jahre alt – als mir der Kieferorthopäde erklärte, dass mein Gebiss so schief ist, dass man es nur mit einer OP, bei der man den Kiefer gewollt zertrümmert, richten kann. Ich war damals echt geschockt und panisch und meine Eltern hatten nichts besseres zu tun, als mir vorzuhalten, dass ich mal lieber nicht so viel am Daumen gelutscht hätte – was bis dato übrigens nie jemand erwähnt hat, dass ich es getan hätte und ehrlich gesagt bezweifle ich das auch. Das war in der Situation natürlich das, was ich unbedingt gebraucht hatte. Mit der Empathie hatten meine Eltern es echt nie so… die OP hat übrigens bis dato nicht statt gefunden, auch wenn ich allmählich die daraus resultierenden Probleme wahrnehme.
Und da soll sich noch jemand wundern, warum da bei mir so krasse Ängste entstanden sind. Auch wieder so eine Sache, für die ich nichts kann, die ich aber heute ausbaden muss. Aber ich bin dran und ich hoffe, dass ich es schaffe da – sagen wir innerhalb der nächsten Woche – anzurufen und einen Termin zu machen. 

Ab morgen bin ich auf der Intensivstation... - man wird sehen, was dort passiert... 

Mondkind

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