Klinikupdate und Wohnungssuche


Kurz vor halb 11 setze ich mich auf mein Fahrrad.
Wieder viel später, als ich eigentlich wollte. Ich muss nämlich noch bei der Bank vorbei und Geld abheben, da mein Vater und ich ja am Abend essen gehen wollen.
Ich habe immer noch keine abschließende Idee darüber, was ich der Therapeutin jetzt erzählen soll. Es ist ja nicht so, dass ich mir keine Gedanken gemacht hätte…

„Das habe ich mir gedacht“, erklärt die Therapeutin und notiert etwas auf ihrem Klemmbrett, nachdem ich erklärt habe, dass es eher nicht so gut läuft. Und es die Tatsache, dass mein Vater am Nachmittag vorbei kommt, nicht besser macht.
Wir sinnieren über das Thema Klinik. Ich trage einige der Argumente vor, die alle darauf hinaus laufen, dass sämtliche verschiedene Teile in mir den Klinikaufenthalt aus unterschiedlichen Gründen nicht wollen. Aber, dass die meisten Argumente ziemlich… - dünn sind. Und, dass mir schon klar ist, dass es vernünftiger ist, es zu machen, damit ich dann einen besseren Start auf der Neuro habe. So wird es ja alles nichts.

Aber am Ende kann ich mich zum Glück dazu durchringen ihr zu sagen, dass sie dem Psychiatrie – Oberarzt Bescheid geben soll, dass ich aufgenommen werden möchte. Eine Mail wird sie ihm schreiben. „Wenn er bis morgen nicht antwortet, dann ist das so…“, erklärt sie. „Mh…“, sage ich dazu nur. Mir wäre es ja lieber, sie riefe ihn an, damit ich weiß, wie viel Zeit noch zu überbrücken ist, die ich dann im Umkehrschluss aber eventuell auch nutzen kann. Aber dann hänge ich mich wohl mal an mein Mailpostfach.
Begeistern müsse mich das jetzt übrigens dennoch nicht mit der Klinik. Sie könne die Ambivalenz schon nachvollziehen. Auf der einen Seite ist man erleichtert, wenn es dann endlich so weit ist, auf der anderen Seite geht halt niemand gern ins Krankenhaus. 
Heute kam noch nichts. Eine Kommilitonin, die in dem Krankenhaus ihr PJ gemacht hat und dort auf der Psychiatrie gearbeitet hat erklärte mir, dass es immer freitags und montags Konferenzen über elektive Neuaufnahmen gäbe… Das wird wohl alles noch seine Zeit dauern fürchte ich. Und wenn man bedenkt, dass der Psychiatrie – Oberarzt für die letzte Mail zwei Monate gebraucht hat…

Am Ende muss ich der Therapeutin bestimmt fünf Mal versprechen, dass ich beim nächsten Mal wieder auf der Matte stehe. Eine Wahl habe ich ja nicht wirklich – wenn ich meinem Vater jetzt sagen müsste, dass das Treffen nicht klappt, fliegt mir das Familienkonstrukt schneller um die Ohren, als ich gucken kann.  „Sie stressen mich etwas“, merke ich irgendwann an. „Ich weiß, aber das geht nicht anders…“, erklärt sie, „sonst kann ich Sie nicht nach Hause gehen lassen.“ „Mh…“, knurre ich nur und frage mich, ob sie wirklich nicht eins und eins zusammen zählen kann, dass ich hier wenig Spielmöglichkeiten habe. „Sonst muss ich Ihnen die Polizei auf den Hals hetzen und das wollen Sie auch nicht…“ „Nee ich krieg das hin“, sage ich so bestimmt, wie es geht. „Das möchte ich nämlich auch nicht“, erklärt sie. Ich beschließe meine Jacke schon mal nebenbei anzuziehen um zu signalisieren, dass es jetzt echt reicht.

Wieder zurück in den eigenen vier Wänden, kümmere ich mich erstmal um die Wohnung.
„Die Wohnung ist für die Verhältnisse in diesem Ort schon sehr attraktiv“, erklärt mir die Maklerin. Na dann liege ich ja zumindest nicht ganz verkehrt – ich finde das nämlich auch.
Wir beschließen, dass ich mir bis morgen überlege, wie ich da runter komme. Eventuell fahre ich Samstag. Sie meinte zwar, dass sie da eigentlich nur ungern kommt. Mit nächsten Mittwoch – dem alternativen Termin - hätte ich zwar so grundsätzlich auch kein Problem, aber dann sitze ich nächste Woche wieder in der Ambulanz und kann der Therapeutin im Zweifel immer noch nicht sagen, dass sie mich jetzt einfach erstmal auf irgendeine Station stecken soll. Sie hat nämlich tatsächlich nur Freitag Urlaub – irgendwie hörte sich das letzte Woche anders an.
Bei den Recherchen ist mir dann aber klar geworden, dass ich auf keinen Fall ständig in das Dorf fahren kann. Die Hotels haben extrem stolze Preise – dagegen ist der Bus ein zu vernachlässigender Klacks.

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, woher ich jetzt die Kraft nehmen soll, mir diese Mammut – Tour anzutun. Auch wenn ich diesen Ort sonst so sehr liebe. Da aber gerade eben nicht sehr viel bei mir ankommt, fällt es mir schwer mehr als den Aufwand zu sehen. Aber ich hoffe es kommt noch, wenn ich die altbekannten Straßen wieder sehe. Und vielleicht… - ich weiß halt nicht, ob ich das echt machen kann, weil er ja chronisch überbeschäftigt ist – aber vielleicht kann ich den Neuro – Oberdoc fragen, ob wir einfach mal zehn Minuten quatschen können. So von Mensch zu Mensch – ohne Telefonleitung oder Mail.

Vor der Klinik die Wohnung in trockenen Tüchern zu haben, wäre schon einigermaßen genial – obwohl die Wohnung immer noch ab August ist. Da muss ich morgen mal in der Neuro klären, ob sie etwas dagegen hätten, wenn ich eher anfange.  Und dann hätte Mondkind es mal wieder irgendwie hinbekommen, alles innerhalb von Rekordzeit zufriedenstellend zu regeln. Manchmal finde ich mich selbst ein bisschen erstaunlich. 

Sonnenuntergang von gestern...

Am Abend flattert noch eine Mail vom Neuro – Oberdoc rein. Er erkundigt sich nach dem aktuellen Stand der Dinge, nachdem ich einfach mal bewusst die Finger still gehalten habe um heraus zu finden, ob es ihn wirklich interessiert. Ich hasse das, Leuten Mails zu schreiben und keine Reaktionen zu bekommen. Dann weiß man nämlich nie, ob man nervt oder nicht.
Irgendwie rührt es mich ein bisschen, dass er nachfragt. Da werde ich gleich mal noch ein paar Zeilen zusammen zimmern. Obwohl ich schon wieder unfassbar müde bin – trotz der Tatsache, dass ich heute wirklich wenig getan habe. 

Und dann hoffen wir mal auf eine erlösende Mail morgen. So nächster Dienstag wäre optimal. Dann kann ich nämlich - wenn es etwas wird mit der Wohnung in der Ferne - Montag noch in Ruhe hier die Wohnung kündigen.

Mondkind

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