Tag 3/11 HNO, Behörden und eine verlorene Bescheinigung


Nach der Entscheidung die Tage jetzt doch noch durchzunummerieren, um mir nicht jeden Tag irgendwelche mehr oder weniger sinnfreien Überschriften einfallen lassen zu müssen, habe ich dann gestern erst Mal nichts geschrieben.
Chaos – Mondkind… - müsst Ihr mit leben. Ich hatte zwar eine Menge im Kopf, habe aber dann bis tief in die Nacht Neuro gelesen und nachdem meine Konzentration eigentlich um 22 Uhr schon am Ende war, gab es dann doch nochmal einen Neuro – Flow. So etwas muss man ausnutzen. Und immerhin sind das 127 Seiten und ich bin bei knapp über 50. Und dafür ist eigentlich keine Zeit mehr im Lernplan, das muss jetzt so „nebenbei“ passieren. Aber es wäre auch schade, das nicht mehr zu lesen, nachdem ich das so sorgfältig ausgearbeitet habe. (Irgendwann in meiner Zeit auf der Intensivstation sollte ich mal schnell irgendwohin und habe das Dokument dann auf dem Bildschirm offen gelassen. Als ich wieder kam, meinte eine Assistenzärztin, die in der Zeit zum Dienst gekommen war: „An dem Platz kann nur die Mondkind sitzen. Keiner würde so einen Aufwand betreiben, außer Dir…“)

Neuro - Zusammenfassung aus dem Fallbuch

Heute steht HNO – Wiederholung auf dem Programm – ich muss noch das komplette Ohr machen... Ich bin ja gespannt, was das wird ehrlich gesagt. Gefühlt kann ich nichts mehr. Obwohl ich sogar das Frage – Antwort – Buch durchgearbeitet hatte. Aber natürlich alles in Form des Bulimie – Lernens. Aber es ist halt „nur“ das vierte Fach. Ich weiß jetzt nicht, ob wir unbedingt wissen müssen, was ein Privinismus ist, oder eine Korbhenkelaufnahme oder ob mir der Begriff der Haller – Zellen etwas sagen muss.
Über den Prüfer gibt es keine Protokolle, er schaut noch sehr jung aus (oder er hat sich jung gehalten… ;) ) und ist vielleicht was das Niveau anbelangt, genauso ratlos wie wir.
Ob das nun gut oder schlecht für uns ist, wird sich zeigen.
In Neuro kann ich das Frage – Antwort – Buch fast auswendig, aber man muss eben schon irgendwie Abstriche machen. Und die Lücken übertünchen können, was ich halt so gar nicht kann.

Ansonsten gibt es schon wieder ein kleines Problem bei der Beantragung der Approbation. Letzte Woche wurde der Antrag aktualisiert und nach dem neuen Dokument braucht man jetzt nicht nur eine Geburtsurkunde, die man ja einfach so hätte kopieren können, sondern eine beglaubigte Geburtsurkunde. Und das ist nicht so einfach. Die kann man nur beim Standesamt der Geburtsstadt beantragen. Kostet natürlich wieder etwas und da mein Geburtsort 600 Kilometer weit weg ist, kann ich nicht persönlich hin, um das zu beschleunigen. Das dauert zwei bis vier Wochen.
Ich habe es sofort heute gemacht, aber damit bin ich jetzt nicht so schnell aus der Nummer raus, wie gehofft. (Und am Nachmittag ist mir aufgefallen, dass ich vergessen habe, meinen Zweitnamen einzutragen… - ich hoffe, dass die das trotzdem finden, aber ansonsten ist der Name halt nicht so häufig und die haben auch meine Mailadresse und Telefonnummer…) Das Führungszeugnis – so sagte man mir – könne man direkt ans Landesprüfungsamt schicken lassen (bezweifle ich, aber habe ich mal geglaubt) und damit hätte ich den Antrag, nachdem ich beim Hausarzt die Bescheinigung über die Arbeitsfähigkeit organisiert habe, abschicken können. Wenn ich erstmal in der Klinik bin, komme ich ja nicht mehr ständig an meinem Briefkasten vorbei, in dem dann irgendwann die Geburtsurkunde und je nachdem – das Führungszeugnis – landen.
Ich weiß ja nicht, wie es mir nach dem Examen so gehen wird. Vielleicht geht es auch alles besser als gedacht, aber selbst das letzte Mal hatte ich am Anfang eine Ausgangsbeschränkung für zwei Stunden. Das war glaube ich eher zum Schutz vor meiner Familie, damit mich da niemand hin zitieren kann, aber das würde eben auch knapp werden, ein Mal hierher zu fahren, in den Briefkasten schauen und zurück zu fahren.
Jetzt ist es ja nicht so, dass ich keine Freunde habe und eine wohnt sogar hier in der Stadt. Aber Jemanden erst zu mir in die Klinik an den Stadtrand zu fahren lassen, ihr den zu Schlüssel geben, sie ein Mal quer durch die Stadt scheuchen und wieder zurück an den Stadtrand fahren lassen, nur um ein Mal in den Briefkasten zu schauen… Die Freundin meinte halt sofort, ich soll mich nicht stressen und lieber lernen, sie macht das auf jeden Fall. Aber es fällt mir immer so schwer, Hilfe dann auch wirklich anzunehmen und Menschen so viel Aufwand für mich betreiben zu lassen.
Aber ich brauche diese Approbation halt bis zum Jobstart, damit das nicht so ein Chaos wird mit Personalwohnheim und dann ein paar Wochen später wieder umziehen und alles… Und ich fürchte halt, dass ich es nicht noch zwei bis vier Wochen psychisch schaffe.

Das Chaos auf dem Schreibtisch spiegelt ungefähr das Chaos in meinem Kopf wieder...


Bevor man sich allerdings weitere Gedanken, um die Beantragung der Approbation macht, muss man ja erstmal das Examen bestehen. Und auch dafür muss man erstmal zugelassen werden.
Heute habe ich eine Mail vom Landesprüfungsamt bekommen – sie möchten gerne noch die Tertialsbescheinigung für Chirurgie haben. Ich weiß genau, dass ich dort mit einer Kommilitonin hin gefahren bin und die Bescheinigung zusammen mit der von meiner Schwester abgegeben habe. Die legen das immer alles auf irgendeinen Stapel in der Mitte des Tisches und ehrlich gesagt haben wir alle schon darauf gewartet, dass mal irgendetwas weg kommt.
Das große Los habe dann wohl ich gezogen. Ich habe denen jetzt erstmal zurück geschrieben, dass ich nicht unhöflich sein möchte, aber dass ich sehr sicher bin, dass die Bescheinigung vorliegen müsste. Ich habe sie fahrlässigerweise nicht kopiert, aber wenigstens ein Foto gemacht, das ich mal in den Anhang gepackt habe. Mal schauen, was passiert. Wenn sich morgen keiner meldet, muss ich wohl hinterher telefonieren, denn ohne die Bescheinigung werden die die Ladung sicher nicht verschicken und ohne die, kann ich nicht in die Prüfung.

Und irgendwie… - vielleicht ist es nur, weil ich es wirklich nicht glauben kann, dass es endlich mal vorbei sein soll. Aber ich habe so ein ganz komisches Grummeln im Bauch. So ein Grummeln, das irgendwie besagt, dass es zu einfach wäre, wenn es in anderthalb Wochen einen ganzen Sommer lang keinen interessiert, was ich alles schaffe und was nicht. Dass es mal nicht nur um Leistung und Funktionieren gehen soll. Klar gibt es noch die Doktorarbeit, damit kann ich mich freilich auch stressen – werde ich auch ein bisschen, aber keine Klausuren, kein Examen, keine Arbeitstage, an denen ich mich beweisen muss. Das wäre schon… - schräg irgendwie.

Und manchmal kommt es mir so vor, als müsse man nochmal beweisen, was man alles dafür geben kann, dass es am Ende wirklich mal vorbei ist. Ich weiß nicht, ob es schon mal so viele „negative Zufälle“ in einer Prüfungsphase gegeben hat. Das fängt beim verstopften Badezimmerabfluss an, (man gewöhnt sich irgendwann echt dran, dass es da aussieht wie im Schweinestall…), geht über eine aktuell chaotische Geburtstagsplanung mit der Familie, die auch eher wieder instrumentell eingesetzt ist, als alles andere  und hört bei verlorenen gegangenen Bescheinigungen auf. 
Ich kann einfach nicht mehr. Und wüsste ich nicht, dass es die letzten anderthalb Wochen sind, würde ich glaube ich nicht mehr fähig sein, auch noch einen Schritt zu tun. 

Mondkind

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