Tag 10/11


Adrenalinspiegel vermutlich irgendwo im Nirwana. Den Schlaf der letzten Tage kann man wahrscheinlich an zwei Händen abzählen, immer mal kommt die Müdigkeit durch – bis zum nächsten Panikanfall, dann rase ich weiter durch die Scripte. Extrem – Zeit, oder so ähnlich. (Und so gelegentlich frage ich mich, ob das so klug war, am Freitag schon um 9 Uhr beim Einwohnermeldeamt sein zu wollen. Ich werde wohl eher aussehen, wie eine Leiche. Aber nun gut…  - selbst Schuld).

Wenn ich so durch meinen Neuro – Fallbuch - Ordner blättere, denke ich mir mittlerweile bei fast jedem Krankheitsbild: „Joa, alles klar Mondkind, haste drauf – weiter…“ Am Ende gibt es hier ein paar Stunden vor der Prüfung noch das lang ersehnte Gesamtbild.
Wer hätte es gedacht…? Und manchmal denke ich mir: Wenn der Neuro – Typ die richtigen Fragen stellt, dann kann ich mittlerweile echt was raus hauen und das könnte streckenweise sogar richtig cool werden.“
Eine Psychologie – Professorin erklärte mal: „Sie müssen das mal so sehen: In der Prüfung haben Sie die Chance alles Wissen, das in Ihnen ist, endlich mal an den Mann zu bringen. Sehen Sie das alles ein bisschen sportlich.“ So simpel, aber so ein guter Tipp. Ich werde es versuchen.

Indes habe ich mein Hasenerz zusammen gefasst und der Therapeutin doch eine Mail geschrieben. Dafür, dass ich im Moment ganz anderes zu tun habe, habe ich viel zu lange an den drei Zeilen gebastelt. Ich wollte sie halt nicht damit überfallen, weil sie weder gern Mails schreibt, noch gern telefoniert und das muss ich ja auch respektieren und kann mich nicht einfach darüber hinweg setzen. Also habe ich einfach gefragt, ob wir nochmal kurz miteinander telefonieren können, weil ich gern nochmal besprechen würde, wie ich am Besten mit meinen Eltern hinsichtlich Examen und Klinikplanung umgehen kann. Letztes Jahr war das zwar friedlich im Sinn der Familie gelöst, aber schlecht für mich und ich würde das dieses Jahr gern anders machen. Und es ist halt ziemlich dringend, denn wenn ich denen jetzt wirklich nicht sage, wann ich Examen mache, ist das ab Donnerstag mehr oder weniger unumkehrbar und ich muss sehen, wie ich aus der Nummer wieder raus komme – sie werden auf jeden Fall tödlich beleidigt sein.
Sie meinte, wir können das morgen Mittag machen. Mal sehen, was das gibt. Ist zwar eigentlich echt blöd, sich am letzten Lerntag mit solchen Dingen beschäftigen zu müssen, aber ich sollte zumindest ein Konzept haben, wie ich über die Examenstage damit umgehe. Nicht, dass die Situation in den beiden Tagen hochgeht – das kann ich überhaupt nicht brauchen.

Gerade verzweifle ich noch ein bisschen an der HNO – Wiederholung. Ich muss das heute bis Mitternacht hinbekommen, morgen dann noch der letzte Feinschliff und Untersuchungsmethoden. Tja, und dann…

Leute… - wisst Ihr, dass man langsam schon die Stunden zählen kann, bis dieser Wahnsinn hier endlich vorbei ist. Unfassbar. Ich kann mir das noch gar nicht vorstellen, als „freier Mensch“ diese Uni zu verlassen. Und nicht mehr an diesen Ort hier gefesselt zu sein. Endlich eine Wohnung in der Ferne suchen zu dürfen. Und dann auf in den neuen Lebensabschnitt. 

Mondkind

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Drittes Staatsexamen - ein Erfahrungsbericht

Reise - Tagebuch #2

Von einem Gespräch mit dem Kardiochirurgen