Barfuß


Wintergarten.
Barfuß.
Mittlerweile eigentlich viel zu kalt.
Einen heißen Tee in der Hand. „Therapeuten – Tee“. Aus der „Therapeuten – Tasse“.
Augen schließen. Den kalten Boden unter den Füßen spüren. Die kalte Wand im Rücken.
Erden.
Es ist okay. Auch, wenn die Welt gerade um mich herum zusammen bricht. Auch, wenn der Klinik – Plan über Weihnachten nicht geklappt hat. Auch, wenn ich jetzt drei Tage Dienste schieben muss.
Ich muss nur atmen. Überleben. Zusammen mit möglichst allen Patienten. Diese drei Tage.
Und es gibt wenigstens immer noch Menschen, die ich anrufen kann.
Atmen. Aushalten. Überleben. Mehr nicht.
Keine großen Sprünge. Keine sozial überfordernden Situationen. Und das EEG – Buch muss auch nicht fertig werden. 
Nur Atmen. Aushalten. Überleben.
Keine inneren Anklagen. Wie es denn sein kann, dass es mir an dem Ort, an dem ich immer sein wollte, so schlecht geht. Wie es sein kann, dass ich nur entweder arbeite, oder nichts auf die Kette bekomme. Wie es sein kann, dass ich dieses Leben gerade nicht schätzen kann.
Atmen. Aushalten. Überleben. Zusammen mit den Patienten. 
Das ist alles. Und – alle Kritiker bitte jetzt die Klappe halten – genug bis Ende des Jahres.
Atmen. Aushalten. Überleben.




P.S.
Ich habe mich heute mal ein wenig mit dem Liederbuch beschäftigt, das mir der Seelsorger gestern mitgegeben hat. Die Noten sind tatsächlich nicht so schwer – mit ein bisschen Übung wäre das sicher nicht unmöglich. Ich habe halt beim Spielen immer das Problem, dass sich Begleitung und Melodie ständig „Überschneiden“, wenn Jemand versteht, wie ich das meine. Das führt dazu, dass ich viele Lieder immer nicht spielen kann, weil man dann plötzlich einen Ton in zwei Stimmen spielen muss und sich das immer irgendwie blöd anhört.
Aber er meinte ja, die haben eine Klavier – Spielerin, die aber häufiger mal verhindert ist. Aber vielleicht kann sie ja mein Problem lösen und dann kann ich ein bisschen üben und mit freundlicher Genehmigung meines Oberarztes hin und wieder mal die Neuro unterhalten. Ich könnte mir echt vorstellen, dass das Spaß machen könnte und ich könnte nach sehr langer Zeit endlich mal mit dem Instrument unter die Leute gehen, das ich eigentlich schon mein ganzes Leben lang lernen wollte. 

Mondkind

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