Auf der Suche...




'Cause when I'm down and I'm done
And I'm coming unplugged
When I'm ready to fall
You're the one always holding me up
With love

(Christina Grimmie - With love)


Du suchst.
Und findest nichts.
Streckst Deine Arme aus nach Menschen, die irgendwie und irgendwann mal da waren.
In der Hoffnung, dass Dir irgendwer helfen kann.
Der Seelsorger antwortet nicht auf Deine Nachricht. Du kannst ihm auch nicht hinterher telefonieren, weil Du ja keine Ahnung hast, wie es ihm gerade gesundheitlich geht. Hätte er Kapazitäten, hätte er sich schon gemeldet, denkst Du Dir.
Die Therapeutin… - kannst Du sie noch nerven? Und dann auch mit so viel Negativität? Wo sie doch seit Jahren betont, dass Mails und Telefonate ihrer Meinung nach nicht viel nützen. Da kannst Du ihr schlecht schreiben, dass Du ziemlich suizidal bist, des nachts ausgerechnet hast, wie viel Gramm Du von welchem Medikament hast und recherchiert hast, ob das wohl reicht. Verlässliche Angaben sind da ja schwer zu finden – immerhin kann man schlecht eine Studie dazu machen.
Der Neuro – Oberarzt hat Dir mittlerweile zumindest mal gesagt, wann Du am ersten Arbeitstag wo sein sollst. Nur leider hast Du versäumt Dir zu merken, wo dieses Büro ist, in das Du hinsollst. Und nebenbei merkt er an, dass wir den Teil, den er beeinflussen kann, zusammen hinkriegen werden. Und das ist die Arbeit – und nicht Dein Leben.

Im Moment weißt Du nicht mal, ob man Dir gerade überhaupt helfen kann. Keiner kann genug halten, genug mittragen, genug Kraft geben. 



Eine Freundin bleibt noch, die sich extrem viel Mühe gibt. Wenn man die ganzen Mühen betrachtet, müsste es Dir eigentlich viel besser gehen. Sie hat sich ein bisschen was bei Herrn Therapeuten abgeschaut und schimpft am Telefon mit dem „wütenden Kind“. Hält eine Predigt davon, dass das „wütende Kind“ die Mondkind ihr Leben leben lassen soll, sich nicht ständig einmischen soll, nicht so viel Aufmerksamkeit einfordern soll. Dass es nicht Mondkinds sämtliche Kräfte auffressen soll, dass es das „glückliche Kind“ nicht vertreiben soll.
Du bist gerührt von so viel Einsatz und vielleicht hilft es sogar ein bisschen. Vermutlich sind die wenigen Tränen, die Du weinst, nur die absolute Spitze des Eisbergs. Aber zumindest ist es überhaupt mal ein Mini – bisschen was von dem Drama, das sich da unbemerkt in Dir abspielt.
Es erinnert Dich an die Minuten in einem ziemlich dunklen Therapieraum in der Klinik. Der Stuhl des Therapeuten neben Deinem und ausnahmsweise nimmt er Dir mal die Arbeit ab. Schimpft mit den Kritikern und Forderern und weil Du selten so laut und direkt wirst, wirkt das sogar ein paar Minuten nach. Du kannst Dich einfach mal kurz zurück lehnen, Kraft tanken, sicher sein.
Zeiten, die Vergangenheit sind. Die auch nicht wieder kommen werden. Hier einen Therapeuten zu finden, ist so gut wie aussichtslos. Und jetzt musst Du arbeiten. Oder sterben. Aber nicht versagen. Das abfedern und einfangen kann keiner mehr, wenn Du es Dir nicht erlaubst. Und das tust Du nicht mehr. „Sie müssen für sich selbst entscheiden“, hatte man in der Klinik gepredigt. Und nicht gewusst, dass Du das nicht kannst. Dass Du Dich nie für den Weg entscheiden würdest, den Therapeuten vielleicht noch als „mutig“ bezeichnen würden, aber Dein Umfeld definitiv als „Versagen“. Die Verantwortung darüber wollte man Dir nicht abnehmen. Und hat nicht gewusst, auf welchen Weg man Dich da setzt.

Seit Wochen versuchst Du, wieder eine Verbindung zu Dir selbst aufzubauen. Was Du dazu bräuchtest, wäre wahrscheinlich Zeit, Ruhe und Sicherheit. Alle drei Dinge, die Du gerade nicht hast.

Christina Grimmie – With Love.
Du hättest so gern jemanden. Jetzt. Der versteht, dass Du alles, was Du gerade hast, nicht sehen kannst. Auch, wenn es nach außen perfekt ist. Auch, wenn alles geklappt hat. Aber das nützt alles wenig, wenn die Seele nur noch schreit. Am anderen Ende von Deutschland.


Mondkind

Bildquelle: Pixabay

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